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Anno Domini 1987 - die harte Musikwelt war dominiert von Thrash Metal und Hardrock. Lange bevor sich Skandinavien lauthals als Vorreiter in Sachen Death, Black oder Modern Metal zu Worte melden konnte, gab nach Bathory und Mercyful Fate eine schwedische Combo namens Candlemass einen mächtigen und markerschütternden Schrei aus dem Grab von sich.
Schon das Opening-Intro "Gothic Stone" lässt einem die Körperbehaarung meterweit in die Höhe ragen, was für ein Albumauftakt, was für ein Paukenschlag! In diesen bombastischen Reigen lässt Fronter Messiah Marcolin seine glockenklare Stimme wie flüssiges Blei einfließen, bevor das rollende Riff von "The Well Of Souls" den Grundtakt des Albums vorgibt und den Hörer direkt am Puls dieser Göttergabe namens "Nightfall" fühlen läßt. Messiah trällert die Tonleitern auf und ab, die schleppende Gitarrenarbeit gibt dem Hörer den Rest, Messiahs unglaubliches Organ (inkl. spitzem Schrei!) umspielt und umtänzelt die wehmütigen Gitarrenläufe und lässt den Song zu einem ergreifenden Beweis ganz großer Tonkunst werden. Doch zunächst konnte ich, sprichwörtlich erstarrt ob der Göttlichkeit der Stimme von Messiah (bürgerlich Bror Jan Alfredo "Eddie" Marcolin), ob des Timbres, der Ausdruckskraft und des Stimmumfangs des schwedischen Riesenbabys mit dem wehmütigen Instrumental "Codex Gigas" ein wenig durchatmen, bevor die nächste Doom–Hymne "At The Gallows End", in der sich Messiah wiederum mit seinen brillant gesungenen Melodiebögen in die Herzen der Doom-Jünger schmeichelt, ihren Weg aus den Boxen bahnt. Einen besonderen Reiz übt dabei auch die Rückkehr zum bestimmenden Grundthema, der fett rockenden Riffwalze aus… Obwohl jeder Songtext perfekt zu verstehen war, erinnere ich mich noch gut, dass ich wiederholt das Textblatt der LP studierte, besonders der eigentliche (Ultra-)Doomer auf dem Album "Samarithan" erschütterte mich nachhaltig und packte mich ganz tief im Inneren. Die perfekte Symbiose aus Textinhalt, dem wehmütig-epischen Gitarrenspiel, den wuchtigen Galeerendrum-Hämmerschlägen und den leidenden, gleichzeitig wunderschön vorgetragenen Vocals ergriff mich derart, dass für mich im Doom – Metal zu diesem Zeitpunkt eigentlich alles gesagt war. Candlemass war eine Gottband, die Göttergabe hieß "Nightfall". Für mich wird Doom wahrscheinlich niemals mehr schöner sein können wie auf diesem Album. Perfekt in das Düsteropus reiht sich das depressive Frederic Chopin-Cover "Marche Funebre" ein, bevor der Sabbath/Trouble – Riffer "Dark Are The Veils Of Death", das zugleich der härteste und schnellste Song auf "Nightfall" ist, etwas Schwung in die angestaubte Bude bringt, wohingegen "Mourner´s Lament" wieder die psychotisch – morbide Grundstimmung verbreitet und Messiah mit Leichtigkeit mehrere Gesangsskalen erklimmt. Warum zum tollen Mitbrüller "Bewitched" ein derartig klamaukhaftes Video (Gitarrensolo mit Gipshand!) produziert wurde, wird für immer unerklärlich bleiben. Nettes Detail am Rande, das durch Internetrecherche bestätigt wurde…im Video (blondierter Megadeth-Shirt-Träger) ist auch Per Ohlin, besser bekannt als „Dead", der freiwillig aus dem Leben geschiedene Sänger von Mayhem zu erkennen, der einen ollen Doom-Zombie darstellt. Messiah´s Stimme geht einem durch Mark und Bein, wenn er einem beschwörend die Worte „You Are Bewitched“ entgegenschleudert, zudem war der (damals noch gar nicht so sehr) übergewichtige Wonneproppen aber auch ein Trendsetter in Sachen Mönchskutte und Wuschelmatte und setzte auch in Sachen breitbeiniges Stage-Stomping Akzente/Maßstäbe. Bei aller Huldigung von Messiah, darf aber nicht aus dem Auge verloren werden, dass der Basser Leif Edling Candlemass ist und war und auch der begnadete Songwriter war, der das Album im Alleingang schrieb. Die schwer rollenden, abwechslungsreichen Doomwalzen verschmolzen mit dem einzigartigen Gesang zu einem zähflüssigen Strom aus scheinbar belebter Lava, die sich ihren Weg durch die die damals regierenden Thrash und Hardrock bahnte und die perfekte Balance zwischen Härte und tiefer Emotionalität, aber auch den Drahtseilakt von doom-typischer Langsamkeit ohne Langeweile und Monotonie meisterte. Jeder Song strotzt nur vor eindringlicher Ausdruckskraft und bewegender Dynamik und bringt dem Hörer einen modrigen Vorgeschmack auf das Purgatorium aus belastender Schwere, endlosem Leid, schierer Verzweiflung, Tod und ewiger Verdammnis. Dumpfe endlose Düsternis umfängt einen, lediglich der blasse Schein eines Glimmens in der Entfernung verleiht der scheinbar raumlosen, unbegrenzten Dunkelheit Umrisse und Grenzen. Zur Visualisierung der düster-morbiden Grundstimmung im Herz der tiefschwarzen Nacht wurde ein Gemälde von Thomas Cole (Wikipedia-Link) verwendet, welches die dem Doom immanente Leidens- und Erlösungsthematik und Schwere inszeniert. Dem Zyklus „Die Reise des Lebens“ entnommen, wird dem Protagonisten im Greisenalter in gewitterwolkenverhangenem Ambiente von einem Engel der Weg gewiesen und symbolisiert somit gewissermaßen das irdisch Vergängliche und übernatürlich Erlösende. Doom Pur also…! Riesenanteil am Eindruck, dass das Album mächtig schreitend direkt an den Abgrund führt, hat nicht zuletzt die geniale Saitenarbeit der beiden Virtuosen Lars Johansson (Leadgit.) und Mats "Mappe" Björkman (Rhythm.git.), die uns mit ihren schweren, hypnotisch-sägenden Riffs direkt in die Klangwelten der Finsternis der tiefen Nacht entführen. DAS ist HEAVY, das sind erdige, dunkle und epische Klangkaskaden, jeder Saitenanschlag entlockt der Sechssaitigen klagende, aber zugleich hart rockende Töne aus dem epischen Doom-Himmel! Wer nach dem Outro-Instrumental "Black Candles" (übrigens der einzige Song, der nicht von Bandkopf Leif Edling verfasst wurde) nicht umgehend den Wunsch verspürt, die LP sofort wieder umzudrehen, darf sich nicht Doom-Jünger nennen. Auch wenn manche Doom- und Candlemass–Jünger aufgrund des Kultfaktors eher auf das Debutalbum von 1986 "Epicus Doomicus Metallicus" schwören, so muss doch glasklar festgehalten werden, dass Vokalist Johan Lanquist seinem Nachfolger am Mikro zu keiner Sekunde das Wasser reichen kann. Insofern ist das in der klassischen Besetzung eingespielte "Nightfall" das perfekte Album, da es die episch-doomige Soundstimmung des Debuts perfektioniert und um die wunderschönen Vocals von Messiah ergänzt. Eine perfekte Symbiose, ein ergreifendes Meisterwerk, ein epochales Monument für die Ewigkeit! Auch wenn z.B. "Tales Of Creation" oder andere Alben (vor allem auch jene mit Rob Lowe) auch ihre Glanzmomente hatten, einen derartigen unantastbar wunderschönen, prächtigen und massiven Koloß von einem Epic Metal/Doom-Album (ohne songtechnischen Ausfall!) vermochten selbst Candlemass nicht mehr zuwege zu bringen. Gäbe es Punkte für Classics, das Album würde nicht 10,0 Punkte bekommen, "Nightfall" wäre das 11,0 Punkte - Album! Mit diesem Review verneige ich mich ganz tief vor einem der meistgehörten, für mich wegweisendsten und bewegendsten Moment der Musikgeschichte. Trackliste
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