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Exodus - Interview mit Gary Holt
Zeitpläne sind auf Tour nicht immer das, was sie scheinen. Und so werden wir gleich zu Beginn Zeugen, wie der vom Tourmanager aufgestellte Zeitplan mal gleich locker über den Haufen geworfen wird. Wohl oder übel muss sich die Darkscene Delegation gemeinsam mit den Kollegen von Stormbringer in Geduld üben und zusehen, wie Backstage das Catering gebracht wird und sich die Protagonisten des Thrash-Fests ordentlich stärken.
Dass sich Geduld zuweilen auszahlt, beweist dann Gary Holt der Kollege RedStar und mich bestens gelaunt zum Interview begrüßt ... Ein guter Start, wie wir erfreut feststellen. DarkScene: Gary, ihr kommt gerade aus Prag und habt jetzt in etwa ein Drittel der Tour absolviert. Wie läufts? Gary Holt: Fantastisch. Wir sind gerade an dem Punkt angelangt, wo die Tage ineinander verschmelzen. Wir haben eine Menge Spaß. Und es ist sehr kalt (lacht). Um ein Haar hätten wir die Show in Prag nicht spielen können. DarkScene: Warum das? Gary Holt: Wir sind acht Stunden im Stau gestanden. Deshalb wären wir fast zu spät zum Konzert gekommen. Ich meine, ich komme aus dem sonnigen Kalifornien. Wo ich herkomme hat es vielleicht zweimal in meinem Leben geschneit. Und nicht mehr seit ich zwölf Jahre alt gewesen bin. Es wird zwar kalt, aber nicht so wie hier bei euch (lacht). DarkScene: Seit "Tempo of the Damned" ist ein Studioalbum stärker als das andere. Gratulation übrigens zum neuesten Output "Exhibit B: The Human Condition". Wie fühlen sich die Songs live so an? Gary Holt: Großartig. Wir lieben es zwar nach wie vor die Klassiker zu spielen, aber wir sind nicht im Geschäft um die alten Sachen zu melken, sondern um tolle neue Alben zu produzieren. Und wir wollen so viel wie möglich von den neuen Songs live spielen. Es ist daher immer schwierig, eine Setlist zu erstellen. Wir haben nur eine begrenzte Spieldauer und spielen keine vier Stunden Sets die jeden zufrieden stellen. Das würde ohnehin jemanden umbringen ... Wir sind zurzeit sehr zufrieden, wie alles läuft. Und wer weiß wie das nächste Album wird. @C DarkScene: Bekommt ihr eigentlich Feedback? Im Sinne von Songs die eure Fans gern hören würden? Gary Holt: Ja, das gibt es. Aber wir hören uns das zwar an, aber machen dann doch unser Ding (lacht). Nein, im Ernst. Wir spielen Songs wie "Bonded by Blood" oder "Toxic Waltz" und shit like that, aber wir können nicht jedermanns Wunsch entsprechen. Sonst wäre die Setlist vier Stunden lang. DarkScene: Wie schafft ihr es, den Level eures Songwritings auf so hohem Niveau zu halten? Gary Holt: Wir sind immer noch hungrig und wollen rausgehen und den Leuten eine auf die Zähne verpassen, und sie dann lachend und ohne Zähne zurücklassen ... (lacht). DarkScene: Was glaubst du sind die Gründe für das Thrash-Revival? Gary Holt: Das hat eine Menge damit zu tun, dass Exodus seit 2003 non-Stop daran gearbeitet haben, Thrash zurück auf die Bühne zu bringen. Wir waren unterwegs als zwar jeder von einem Thrash-Revival gesprochen hat, es in Wahrheit aber keines gegeben hat. Und wir sind aber auch jetzt hier, wo es wirklich eines gibt. Ich meine, wir tragen einfach unseren Beitrag dazu bei und kämpfen weiter und versuchen Killer-Alben zu produzieren. Und mittlerweile gibt es all diese Kids die tolle Thrash Alben produzieren. Es ist eine gute Zeit für diese Art von Musik. DarkScene: Lass uns zur laufenden Tour zurückkehren. Es scheint, dass die Kombination von US Metal Acts mit europäischen Thrash Bands ein Erfolgsrezept für ein gelungenes Package ist ... Gary Holt: So würde ich das nicht sagen. Es gibt kein Rezept. Es ist nur wie sich das ganze entwickelt hat. Als diese Tour gebucht wurde, waren wir der Headliner. Und dann kam Rock-the-Nation und wollte daraus ein noch besseres Package machen und wir haben zugestimmt. Unser Deal blieb der Gleiche. Und als es dann hieß das Kreator, die sehr gute Freunde von uns sind, mit von der Partie sind, waren wir total begeistert. Und haben uns gesagt: Warum nicht! Wir kommen im nächsten Herbst ohnehin für eine gewaltige Headlinertour zurück ... das lässt uns diese Tür offen, was wirklich gut ist. DarkScene: Wie darf man sich denn den Touralltag bei euch vorstellen? Gary Holt: (Lacht). Mann, ich bin es gestern zum Beispiel wirklich locker angegangen. Ich hatte zwar einiges getankt, bin dann aber früh ins Bett gegangen. Wir hatten einen anstrengenden Tag hinter uns. Den ganzen Tag im Bus festzusitzen und der ganze Mist ... Es gibt diese Tage wo man einfach etwas müde wird und es einem vorkommt, als würde man gegen eine Wand rennen. Man muss wissen, wann man seine Schlacht wählt, und wann es Zeit ist, leiser zu treten und sich etwa auszuruhen um sich zu regenerieren. DarkScene: Wann übst du auf Tour eigentlich? Gary Holt: (...entrüstet) Nah, ich übe auf Tour nicht ... das ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht (Gelächter). DarkScene: Wie hat sich das Touren an sich verändert, im Vergleich zu euren Anfangstagen? Gary Holt: Besonders in den Achtzigern waren wir definitiv selbstzerstörerischer unterwegs. Wir sind jetzt älter und es ist schwerer, auf sich aufzupassen. Es ist nicht mehr so einfach sich jeden Abend volllaufen zu lassen und trotzdem eine gute Leistung abzuliefern. Man muss sich ausruhen und braucht seinen Schlaf. @C DarkScene: Schreibst du auf Tour schon fürs nächste Album? Gary Holt: Nein, ich schreibe nie wenn wir unterwegs sind. Bei einer Tour wie dieser sehe ich keine Gitarre bis ich mich für das Konzert aufwärme. Vielleicht kommen mir ein paar Textideen, die ich dann niederschreibe. Das meiste mache ich aber wenn ich zu Hause bin und meine Ruhe habe. DarkScene: Du brauchst also die Abgeschiedenheit für den kreativen Prozess? Gary Holt: Ja, absolut. Ganz besonders was die Texte betrifft. Ich kann keine Texte schreiben mit tausenden von Leuten die um mich herumrennen und Lärm machen. DarkScene: Was inspiriert dich beim Texten? Gary Holt: Ah, nichts besonderes. Was halt gerade für eine Scheiße an einem bestimmten Tag passiert (lacht) ... DarkScene: Verfolgst du gerade die Wikileaks Geschichte ...? Gary Holt: Was? DarkScene: Wikileaks? Gary Holt: Ja, ein wenig. Gelegentlich gehe ich online und informiere mich beim San Francisco Chronicle. Aber auf Tour verfolge ich die Sachen eher weniger. Wenn ich zu Hause bin, sieht die Sache natürlich anders aus. Da bin ich viel mehr auf dem Laufenden was tagesaktuelle Sachen betrifft ... DarkScene: Was hörst du dir gerade an? Gibt es eine Band die dich zurzeit gerade begeistert? Gary Holt: Oh, Fuck. Ich höre mir viel Arch Enemy an. Christopher und Martin sind zwei der besten Gitarristen der Welt. Und dann natürlich Slayer. Und ich mag Bands wie Melechesh. Und dann wieder ganz alte Sachen, wie zum Beispiel alte UFO Scheiben, die ich mir zu Hause reinziehe ... DarkScene: Du blickst jetzt auf fast dreißig Jahre zurück. Im Nachhinein betrachtet, was würdest du sagen waren die größten Erfolge/Tiefschläge? Gary Holt: Also das Schlimmste war sicher Pauls Tod (Exodus Sänger Paul Baloff war von Beginn an dabei und starb im Februar 2002 in einem Krankenhaus in Oakland an den Folgen eines Hirnschlags; Anmkg.), und auch die Drogenabhängigkeit, die so viele von uns betroffen hat. Und das Beste ... hm. Es ist schwer zu vergleichen. Unsere Anfangstage waren großartig, auch weil wir dazu beigetragen haben, etwas komplett neues zu kreieren. Und jetzt. Ich meine, ich bin jetzt 46 und einen Steinwurf von meinem Fünfziger entfernt (lacht), wie wir alle ... und noch immer gut in Form und erfolgreich. Was redest du da! wirft Tom Hunting, aus der Dusche kommend, sich gerade ein T-Shirt überziehend unter allgemeinem Gelächter ein. Nein, im Ernst. Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir im Stande sind den Leute eins auf die Fresse zu geben. Wir schreiben noch immer Songs für uns selbst, weil wir die Musik mögen, und weil wir nichts besseres zu tun haben (lacht) ... DarkScene: Vielen Dank für das Interview. 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