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Keine Frage, man begibt sich auf dünnes Eis, wenn man ein Scheibchen wie "Cuatro" in die Klassikerrubrik rein schmuggeln will. Dabei liegt dieses Wagnis nicht unwesentlich an diejenigen Besserwisser, die gemeinhin als ewig gestrige gelten. Denn genau sie wollten den Arizona Boys nie mehr eine richtige Chance geben, wo sie sich auf die ersten beiden Alben "Doomsday For The Deceiver" und "No Place For Disgrace" (Classic), die zurecht als Evergreens gelten, so eingeschworen haben. Natürlich war der (Karriere-) entscheidende, dritte Rundling "When The Storm Comes Down" alles andere als eine Offenbarung, lag dies jedoch nicht zuletzt an der massiv verhunzten Produktion eines Alex Periales, den man 22 Jahre später immer noch zur Rechenschaft ziehen sollte.
Dabei hatten die einfach nicht tot zu kriegenden Veteranen aus dem sonnigen Phoenix lediglich versucht, neue künstlerische Pfade zu beschreiten und waren trotz allem Engagement irgendwie gescheitert. Zumindest vorerst. Aber anstatt sich blind und gehorsam den Einsagern zu beugen, die allen Ernstes meinten, Flotsam And Jetsam müssten auf den gefloppten Major Einstand wieder schnell und aggressiv wie früher klingen, zog es die Band vor, nun erst recht in moderne und differenzierte Territorien vorzudringen. Es sollte fast 18 Jahre dauern, bis den ewigen Underdogs eine mindestens ebenbürtige Partie gelingt: mit "The Cold" (Review) war der Bann endlich gebrochen. Doch zurück zu "Cuatro": In Kooperation mit Wunschproduzent Neil Kernon (Dokken, Kansas, Queensryche) an den Reglern wurde dieses Ziel vorbildlich umgesetzt, ohne an Kraft und Feuer einzubüßen. Viel mehr haben es die „Flots“ geschickt verstanden, den Speed ökonomisch mit fast schon rockigen Rhythmen in Einklang zu bringen, um dadurch die Palette brillant zu erweitern. Die herrlich drückenden Klampfen des Edelgespanns Michael Gilbert/Edward Carlson sowie das dynamische Drumming eines Scott Kelly zum Einen, und die höchst charismatische Performance des Gesangsgottes E. A. Knutson zum Anderen, ergeben auf "Cuatro" diesen gewissen Synergie Effekt, der auch heute noch über weite Strecken entzückt. Mit dem flotten und im Refrain regelrecht aufblühenden "Natural Enemies", dem bedrohlich anschleichenden "Swatting Like Flies" und dem nicht minder düster gestylten "The Message" (guestvocals by Soundgardens Chris Cornell!) ist dem Quintett gleich ein Starter-Triplepack par excellence gelungen. Gerade der forcierte, ja fast schon als mutig zu bezeichnende Einsatz von Akustikparts kommt bei letzterem und beim drauf folgenden "Cradle Me Now" äußerst treffsicher rüber und findet in der stimmungsvollen Ballade "Wading Through The Darkness" den vorzeitigen Höhepunkt, hierzu wurde auch ein Video ausgekoppelt. Ganz genau: Von Thrash weit und breit keine Spur, selbst wenn das siebte Stück "NeverTo Reveal" wie der erwähnte Opener im stolzen Uptempo auf einen zu rauscht. Aber sogar hier wurden stromlose Akkorde - wenn auch nur dezent - verbraten. Bei "Forget About Heaven" werden Reminiszenzen zum "Black Album" von Metallica wach, was speziell in den ersten, simpel gehaltenen Riffs und im Chorus offenkundig wird. Aber wer weiß, ob nicht Hetfield Co. genau diejenigen waren, die den meisten Speed/Thrash Kapellen erst die Augen und Ohren geöffnet hatten, um einfach mal was Neues zu riskieren? Nur eine These. Das bissigere Gesicht auf "Cuatro" zeigt schon eher der hintere Block: vor allem dank des hektischen "Hypothermic Midnight Snack" und dem punkig angehauchten "Are You Willing" gibt es noch einige Ecken und Kanten, die dem Longplayer einen satten Kick verleihen. Überdies ist "Cuatro" textlich auf sehr persönlicher und sozialkritscher Ebene angesiedelt, diese Wende wurde eigentlich schon auf "When The Storm Comes Down" eingeleitet. Meinetwegen behauptet jetzt, ich sei wimpy, untrue, oder gar taub. Doch auch zwanzig Jahre nach dem Release ist es die Flotsam And Jetsam CD, die ich nach den ersten zwei Alben am liebsten höre und immer wieder was interessantes entdecke. Ähnlich wie Megadeth ("Countdown To Extinction") oder Suicidal Tendencies ("The Art Of Rebellion") wurde auch auf "Cuatro" drastisch Tempo heraus genommen und gleichzeitig das bekannte Repertoire erweitert, mit dem Endergebnis reiferer, und teils überragender Songs. Dass der Erfolg sich nicht so eingestellt hat, wie bei den anderen Referenzwerken des Jahres 1992, steht natürlich auf einem anderen Blatt Papier. Trackliste
Mehr von Flotsam And Jetsam
Reviews
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