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9.0
"Metal Album of the Year 2010" prangt da fett und äußerst frech – immerhin haben wir noch nicht mal die Hälfte des Jahres hinter uns – in Form eines äußerst unschönen Stickers auf dem Cover der neuesten Nevermore-CD "The Obsidian Conspiracy". Bei 99% der aktuellen Bands wäre solch ein Kleber in der Tat äußerst vermessen und würde beim wenig geneigten Rezensenten die verschiedensten Reaktionen auslösen – von fassungsloser Sprachlosigkeit über höllenfürstlichen Ärger bis zu zwerchfellerschütternder Belustigung. Nicht so jedoch bei Nevermore, die seit jeher zu den absoluten Qualitätsgaranten des Metal zählen und von Fans aller Stilrichtungen und Musikern gleichermaßen hoch geschätzt werden. Denn wo Nevermore draufsteht, ist auch Nevermore drin, vollkommen ohne böse Überraschungen. Und das bedeutet überragende musikalische Einzelleistungen, angefangen von Ausnahmevokalist Warrel Dane, der sowieso immer schon Kult war, bis zu Gitarrist Jeff Loomis, der mit seinen halsbrecherischen Soli und Riffs jeden Gitarrenaspiranten zur Verzweiflung treibt. Nevermore stehen aber auch für großartige Songs, die stilistisch ein breites, jedoch in Metalkreisen allseits geschätztes Spektrum abdecken, das sich von Thrash über Power Metal bis zu Prog erstreckt.
Somit überrascht es keinesfalls, dass der mittlerweile siebte Longplayer den gewohnten haushohen Standard der Vorgängeralben locker hält und wir auf "The Obsidian Conspiracy" wieder mit Metal der allerfeinsten Güteklasse beglückt werden, der ganz in der Tradition der großartigen Vorgängeralben steht. Was jedoch nach dem ersten Hören sofort auffällt, ist die neugewonnene Geradlinigkeit, die sich ins Nevermore'sche Songwriting eingeschlichen hat. War das 2005er-Vorgängeralbum "This Godless Endeavor" - bei all der gebotenen musikalischen Güte - doch über weite Strecken auf Grund des arg verqueren und verschachtelten Songwritings schwere Kost, mit der sich so mancher Gelegenheitshörer durchaus schwer tat, so haben Dane und Loomis, die im Übrigen für das gesamte Songwriting verantwortlich zeichnen, diesmal beinahe so etwas wie Hitqualität in ihre Songs verpackt. Schon beim zweiten Durchlauf kommt einem so mancher Song wie ein guter alter Freund vor und mit jedem wiederholten Hören wird die Schar der neuen Lieblingssongs größer. Aber bevor hier jetzt irgendwer laut "Ausverkauf!" schreit und die Nevermore-Die-Hard-Anhängerschaft sich geschlossen in Panik vom nächstbesten Hochhaus wirft, kann ich gleich beruhigen: Auch "The Obsidian Conspiracy" ist meilenweit von good time rock'n roll entfernt, sondern verbreitet immer noch die für die Band typische, überaus düstere Atmosphäre. Nevermore stehen immer noch für Schmerz, Dunkelheit und dieses gewisse Maß an trauriger Melancholie. Und natürlich auch für gnadenlose Härte, wie beispielsweise im brutalen Opener "The Termination Poclamation" oder dem abschließenden Titeltrack, wo die Bassdrum so dermaßen brachial hämmert und Jeff Loomis' ein blutiges Thrashriff nach dem anderen brettert, dass sich auch der hartgesottenste BlackMetal-Freund vor Schreck die Hosen vollmacht. Man merkt Loomis und Dane zweifellos an, dass sie als Songwriter gereift sind. Bei aller gebotenen technischen Raffinesse steht diesmal eindeutig das LIED im Zentrum. Kaum ein Song überschreitet die 5-Minuten-Grenze, die meisten Refrains und Melodien setzen sich sofort im Gedächtnis fest und jeder Song erzeugt eine unnachahmliche Stimmung, wie sie nur mit einem Übersänger wie Warrel Dane gelingen kann. Worin diese Wandlung begründet liegt, kann nur vermutet werden, am Ende hat aber sicher Warrel Danes Solo-Album dazu beigetragen, mit dem er die 5 Jahre Pause zwischen den letzten Nevermore-Alben überbrückte und das ja weitaus straighter als seine Arbeit mit Nevermore ausgefallen ist. Bei der überragenden Qualität und neugewonnenen Hittauglichkeit der Songs auf "The Obsidian Conspiracy" fällt es schwer, irgendwelche Anspieltipps zu geben. Neben dem Opener sollte man aber auf jeden Fall in "Moonrise", das hymnenhafte "Emptiness Unobstructed" und die grausam düstere Halbballade "She Comes in Colors" reinhören. Am besten besorgt man sich aber einfach das von Peter Wichers glasklar produzierte und vom langjährigen Wegbegleiter Andy Sneap höchst druckvoll abgemischte Stück Edelmetall, wenn man will sogar in einer Limited Edition mit zwei Bonustracks und edler Sammlerbox. Das Prädikat "Metal Album of the Year 2010" ist "The Obsidian Conspiracy" dem Professor zwar noch nicht wert – dafür bieten Nevermore nach beinahe 20 Jahren einfach zu wenig Überraschungsmomente. Besser als 99% dessen, was man sich als Rezensent so antun muss, ist das Album aber allemal, und dafür spendiert der Professor, immer noch total geplättet von der Power dieses Spitzenalbums, 9 von 10 möglichen faustgroßen Stücken Obsidian, genau so schwarz und hart wie dieses Album. Trackliste
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Reviews
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