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9.0
Interessant, wie sich manch Dinge entwickelt haben: während The Gathering, die nach ihrer "Mandylion"/"Nighttime Birds" Hochphase bzw. seit dem experimentellen Umbruch beträchtlich an Boden verloren, sollte eines Tages diese italienische Band, die ursprünglich & maßgeblich vom Sound der Niederländer beeinflusst wurde und zudem beim selben Label unter Vertrag steht, in ganz anderen Dimensionen durchstarten. In Europa sowieso längst eine Bank, folgten zur letzten US Abräumer Tour Verkaufszahlen im sechsstelligen (!) Bereich - allein in Amerika wohl bemerkt. Die Rede ist natürlich vom 2002er Output "Comalies". Bislang konnte ich mich nicht unbedingt als Fan wähnen, mit "Karmacode" dürfte aber so 'ne eine Kehrtwende eingetreten sein.
Man mag Cristina Scabbia und ihren Jungs auf dem aktuellen Silberling nun vorwerfen, sich so einiges von Korn (ja ja, der US Markt ruft ...) - was primär die tiefer gestimmte Riffkultur betrifft - abgeguckt zu haben, aber, und das ist der entscheidende Punkt: jene Bruchstücke fügen sich nahtlos, ja gerade zu extravagant ein, ins Coil'sche Soundbild. Die Rhythmen sind jetzt zwangsläufig ruppiger, werden aber von gewohnt verzaubernden Melodien, sei es im Instrumentalsektor oder auf gesanglicher Ebene, welche einerseits immer wieder durch fantastische (meist orientalisch anmutende) Harmony- Arkaden von Cristina und der bis dato wohl besten Performance' vom male Gegenpart Andrea angereichert, makellos umzingelt. Tribut gezollt werden muss im Zuge dessen auch dem Soundbastler: Waldemar Sorychta. Ihm glückte hier zweifelsohne eine seiner wuchtigsten und zugleich transparentesten Produktionen. Und es ist buchstäblich ein H.A.M.M.E.R., welch ausbalanciertes Songwriting unseren südlichen Nachbarn gelungen ist - stets restlos ineinander fließende Parts in Bündnis sattelfester Hooklines und emotionsgeladener Melodieführung, ein souveränes Phonpackage, bei dem jeder Schlag und jeder Ton haargenau sitzt und den Hörer gleichzeitig in Klangwelten manövriert, die einfach nur entzücken. Ob der pflichtbehafteten Ästhetik sprießt gleich beim fetten Einstiegs- Triple "Fragile"/"To The Edge"/"Our Truth" (aktuelle Singleauskoppelung) die "Korn"- Ähre derart heftig aus den Boxen, dass einem zunächst mal die Spucke weg bleibt ... allerdings besitzt - um's nicht zu übertreiben - "Karmacode" noch andere Gesichter: so entpuppt sich die warmherzige Ballade "Within Me" als sehr MTV verdächtig, während "Closer" kleine, aber feine Sisters Of Mercy Vibes vorgibt. Bei "Devoted" erheben plötzlich Depeche Mode den Zeigefinger, werden aber am Ende der CD via "Enjoy The Silence" gehuldigt. Und Reminiszenzen zu den Protagonisten The Gathering entdeckt man in weiterer Folge bei "You Create" ebenso, wo Lacuna Coil im Verlauf dann doch erneut "zum" ("Off Beats) Korn greifen. Aber genauso "Invisible Light", welches betont orchestral, "Fragments Of Faith", seinerseits mit exquisitem Chorus ausgestattet und "The Game" zeigen ungemeine Tiefe, Klasse und Tightness. Absolut hervorzuheben wäre zu guter letzt noch das wunderschöne, dahin tragende, von italienischen Lyrics ausgekleidete "Without Fear+, welches dermaßen herrührt, dass man sich allen Ernstes fragen muss, was dem Sechser zum Zeitpunkt des Komponierens alles durch den Kopf gegangen sein mag - echt abschmiegsam! Impulsiv ist es, sensibel ist es, verführerisch ist es, dieses "Karmacode". Damit untermauern Lacuna Coil nicht nur ihren felsenfesten Status, nein, diese Platte wird sie problemlos auf die nächste Stufe hieven ... wohin soll der Weg dieser Combo noch führen?!? Trackliste
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Reviews
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