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9.0
Die abgeleierte Debatte, ob Nightwish nun eine Metal Bands sind oder nicht oder ob die Finnen mit ihrem cineastischen Bombast Sound noch richtige Rock Roots verkörpern dürfen, wollen hier gleich gar nicht lostreten. Jeder kann von Nightwish halten was er will. Die frühen Alben dieser Band sind ohne Frage große klasse, haben sehr viel zur Popularität des Genres beigetragen und sind weitgehend überragend und einzigartig. Dass Tuomas Holopainen und seine Gefolgsleute nach ihrem Referenzwerk "Once" langsam in eine kreative Sackgasse geschlittert sind und dabei jeglichen Anspruch auf Interesse der Metalgemeinde verloren haben, ist auch kein Geheimnis.
Umso mehr darf man sich jedoch nun über ein Album wie "Endless Forms Most Beautiful" freuen. Back to the roots? Man darf diese Frage mit einem klaren "Ja" beantworten, ohne den Finnen kreative Freiheit und Verfeinerung ihrer Kunst vorzuwerfen. Bereits das verdächtige spoken-words Intro lässt Märchenfeeling aufkommen, bevor "Shudder Before The Beautiful" als bombastischer Rocker vorstellig wird. Floor Jansen singt verdammt gut, die Riffs sind amtlich und griffig und der mehrstimmige Refrain geht richtig ins Ohr. Bereits dieser Opener könnte in der Tat einer der besten Nightwish-Songs seit Jahren sein. Gegen Ende gibt's dann auch gleich auch wieder den typischen und altbekannten Bombast, der diese Band mit so groß machte. Keyboards und Riffs duellieren sich in voller Wucht, mehrstimmig Chöre thronen darüber. Es folgt ein akustisch verziertes und mit vertracktem Rhythmus überzeugendes "Weak Fantasy" mit harten Gitarren und einem abermals eingängigen und wuchtigen Refrain. Das ist ein nahezu perfekter, Bombast Metal Song mit Fantasy-flair und eingängigem Refrain. Während Multiblasinstrumentalist Troy Donockley mittlerweile zum festen Line-Up gehört und seine Akzente setzen kann, liegt es ganz nach bewährter Traditionan Marco Hietala, sich bereits hier am Gesang zu beteiligen. Das ist alles nicht neu, aber es funktioniert und vor allem klingt es weit zwingender und besser als die letzten beiden Scheiben bis auf wenige lichte Momente zu tun tun vermochten. Schon jetzt steht fest, dass Nightwish vorhaben Boden gut zu machen. Das "Imagenaerium" Desaster soll hier ausgebügelt werden. "Endless Forms Most Beautiful" klingt von Beginn an besser, dichter und zwingender. Das haut einen im Jahre 2015 zwar nicht mehr so aus den Socken, wie es einst "Oceanborn" oder "Once" taten, schlägt aber offensichtlich gekonnt die Brücke aus genau jenen Meisterwerken und den wenigen großen "Dark Passion Play" Momenten. In diesem durchaus überzeugenden Albumkontext funktioniert dann auch die poppig süße Vorabsingle "Elan" mit ihrem Amorphis-Rhythmus, auf die volley das harte Riff und der druckvolle Groove von "Yours Is An Empty Hope" folgen. Die Chöre erschallen mit der Wucht der Soundstruktur, Hietala mimt den Bösen und alles scheint plötzlich wieder so, wie es früher einmal gut war. Da stört es wenig, dass "Our Decades In The Sun" eine durchschnittliche Bombastballade ist. Schon gar nicht, wenn "My Walden" sehr poppig und zuckersüß mit irischem Thin Lizzy-Touch und Fantasyflair daherkommt und einen verdammt guten Song mit bärenstarkem Refrain und sehr coolen Instrumentalpassagen offenbart. Wie gesagt, das ist Pop aber es ist ein gottverdammter Ohrwurm und objektiv gesehen ein unumstrittener Klassesong. Mittlerweile ist man eh schon mittendrin in einer durchaus beeindruckenden Scheibe, die Nightwish endlich wieder weitgehend so präsentiert, wie man sie einst lieben gelernt hat. Der Titeltrack mit seiner geradeaus rockenden Aura passt sich perfekt in den Albumkontext ein. Harte Metal Riffs, tolle Gesangslinien, die ins Ohr und unter die Haut gehen und ein schmetternder, fetter Refrain. Das hat man schwer vermisst und rettet uns auch über die beiden verzichtbaren Songs von "Endless Forms Most Beautiful" drüber. "Edema Ruh" fällt leider ab. Das ist viel zu platt und viel zu kitschig und auch "Alpenglow" kann das Niveau der starken ersten Albumhälfte nicht halten. Mit einem stimmungsvollen Instrumental nimmt uns Tuomas Holopainen dann aber letztendlich konsequent an der Hand, um uns zum über 23-minütigen Finale zu führen. "The Greatest Show On Earth" ist eine perfekt durch konzipierte Minioper für sich. Behutsam, atmosphärisch und dramatisch aufgebaut und in all seiner orchestralen Wucht und mit der Mammutproduktion des Albums absolut beeindruckend. Man muss kein Nightwish-Fan sein, um hier zustimmend zu nicken. Allein was das Piano, das Orchester und die monströsen Trommeln zu Beginn dieses Songs entfachen, ist "Herr der Ringe" pur. So klingen perfekte Hollywood Soundtracks. Das hat was von einer Sinfonie in mehreren Akten. Einem klassischen Stück Musik, bei dem die Stimmen minutenlang im Hintergrund agieren, bevor der Song explodiert, alle Stückerl des Holopain'schen Komponierens spielt und bis zum Ende mit soundtrackartigen Musical-Sequenzen und abwechslungsreichen Sounds zwischen Metal und Klassik variiert. Großes Kino! Am Ende der Reise durch "Endless Forms Most Beautiful" kann man dann getrost entwarnen und endlich wieder grünes Licht für eine der besten Bands der späten 90er und frühen 00er Jahre geben. Tuomas Holopainen scheint sich auf seine Stärken besonnen zu haben und beweist, dass es in diesem Genre wohl keine besseren Songwriting als ihn gibt. Zudem haben Nightwish mit Floor Jansen endlich eine Frontfrau am Start, die das Erbe der stimmlich übermächtigen Tarja würdig fortführen kann. Die Stimme von Jansen hat zwar nicht die Wucht und Schönheit, wie die von Tarja. Aber sie hat mehr Schmackes und auch mehr klassische Erhabenheit, als die von Anette Ozlon und ist eigentlich genau der sinnvolle Mix aus den beiden Damen, die bisher das Nightwish Mikro schwingen durften. Mittlerweile haben natürlich auch das Genre und die Hörgewohnheiten der Konsumenten eine Entwicklung genommen, weshalb der unumstrittene Bombast- und Kitschfaktor eines Album wie "Endless Forms Most Beautiful" sicher nicht jedermanns Sache ist. Auch ich warte ehrlich gesagt schon lange auf keine neue Nightwish mehr. Objektiv gesehen, muss man den Finnen aber dazu gratulieren, dass sie nicht nur eine adäquate Stimme gefunden, sondern vor Allem, dass sie auch wieder ein Album mit Songs am Start haben, die dem entsprechen, was der Name Nightwish verspricht. "Endless Forms Most Beautiful" ist ein verdammt starkes Nightwish Album, dass alle Bandtrademarks perfekt bedient und Fans aller Lager beeindrucken und versöhnen wird. Es ist kein "Once" und auch kein "Oceanborn", aber es ohne Zweifel verdammt klasse und das Beste Album, das die Finnen seit zehn Jahren veröffentlicht haben. Mehr konnte man kaum erwarten. Der Patient lebt und das ist eine gute Nachricht!§ Trackliste
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Reviews
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