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Wie oft haben wir den Niedergang des Heavy Metal in den frühen Neunzigern beklagt, oder war es eher ein Zwang zum Rückzugsgefecht, den solch namhafte Vertreter – oder besser gesagt Legenden – wie Riot, Vicious Rumors, oder Metalchurch zwischenzeitlich ernüchternd hinnehmen mussten? Das Schicksal wollte es, dass das dazumal wohl am meisten solidarisch reagierende, weit mehr im Prog-Sektor verankerte Label Rising Sun schön der Reihe nach genau jene drei US Bands (Riot - "Nightbreaker" (1993), VR - "Word Of Mouth" (1994), bzw. MCs "Hanging In The Balance" -> Lizenzausgabe 1994, auch als streng limitiertes Digipack mit drei Live Bonustracks erschienen) unter seine Fittiche nahm, um via SPV in Europa, wo Metal im Vergleich zu den USA noch nicht für klinisch "tot" erklärt wurde, Perlen wie obige in den stinknormalen CD Laden zu befördern.
Die Ursache: all deren Majordeals wurden aufgrund ihrer keineswegs Trend kompatiblen Visionen nicht mehr verlängert, denn das Windfähnchen drehte ihnen aufgrund völlig neuer Emporkömmlinge (ausgerechnet aus der Metal Church Heimstätte Seattle) den Rücken zu. Wobei ich persönlich mit dem in engeren Metallerkreisen sehr verachteten Grunge nie ein Problem hatte. Bei Metal Churchs fünftem Streich dürfte aber wohl mehr als sonst schief gelaufen sein. Obwohl in der Vorproduktion ein Genie wie Savatage Hausproduzent Paul O‘Neill hinzugezogen wurde, hatte der Mixer wohl seine gänzlich eigene Vorstellung, wie eine Heavy Metal Band im Jahre 1993 zu klingen hat. Das Endergebnis muss ohne jegliches Beschönigen als entschärft - sprich salopp als zu dumpf - und letzen Endes als unwürdig beschrieben werden. Zum Drüberstreuen ein Coverartwork, dem lediglich das Prädikat "schlechter Witz" zu stünde. Dass die Europäer erst viele Monate später das begehrte Stück regulär beim Händler aufschnappen konnten, lag mit ziemlicher Sicherheit an der halbherzigen Vertrags- bzw. Vertriebsbasis, wodurch viele ungedulige Fans sich gezwungen sahen, die Japanische Import Pressung ins traute Heim zu ordern. Es wurde vielerorts gemunkelt, dass eine gewisse Miss Joan Jett, ihrerseits Labelchefin bei Black Heart Records, für diese Liste vermeidbarer Schnitzer wesentlich mitverantwortlich war. Weshalb "Hanging in Balance" heute dennoch als lupenreiner Klassiker gilt und gleichzeitig den Kreis der ersten, nahezu unantastbaren Bandphase schließt, liegt – was bliebe sonst noch übrig – an den famos komponierten Songs. Ebenso ist es das letzte, wundervolle Vermächtnis von Sänger Mike Howe, den wir (DS-Tom und meine Wenigkeit) damals im Frühjahr 1994 mit den Supportacts Megora aus der Schweiz und den US Power Metallern Wicked Maraya (später nur mehr unter dem Banner Maraya) (zum Classic Review) live beknien durften - unvergesslich! Zwar hatten sich die Herrschaften um den dazumal im Hintergrund agierenden Kreativmotor Kurdt Vanderhoof vom (selbst entscheidend mitgeprägten) Power Metal, wie er speziell auf den ersten drei Werken sein Unwesen trieb, über weite Strecken entfernt, um schließlich gemäßigter im Heavy Rock Metier zu wildern, dem Hörgenuss tat bzw. tut dies jedoch keinen Abbruch - im Gegenteil sogar. Mit dem imposanten Opener "Gods Of Second Chance", dem herrlich dahin treibenden "Losers In The Game" (was für ein Chorus!), dem ekstatisch groovenden "Hypnotized", und dem von prickelnden Riffs gezierten "No Friend Of Mine" gaben sich die Gitarristen Wells & Marshall, Bassist Erikson, Drummer Arrington, sowie Blondschopf Howe am Mikro gleich zu Beginn keine Blöße und unterstrichen einmal mehr ihre individuelle Klasse, nämlich, diese eine Formel namens Eingängigkeit mal Anspruch gleichsam zu bündeln. Kurzum: Dynamik und Ohrwurmfaktor wie aus dem Lehrbuch gepflückt. Die ganz besonderen Momente entladen sich allerdings im hinteren Bereich dieses leider stets unterschätzen Kleinods: vor allem die trocken rockenden und mit Sahnerefrains ausgestatteten "Conductor" und "Down To The River" lassen einen mit der Zunge genüsslich schnalzen, wobei letzterer mit einigen Country/Blues-Zitaten ein angenehm-relaxtes Südstaatenflair inne hält. Darüber hinaus ist es das an Dramatik unschlagbare Mini-Epos "Little Boy", dessen fesselnde Lyrics und aufwühlende Kulisse – gerade gegen Ende des Stücks – den Puls auf 200 klopfen. Respekt wiederum vor Howe, der hier in herzzerreißender Manier das letzte aus seinen Stimmbändern rauszuholen wusste! Ähnliches gilt für "End Of The Age", handelt es sich hier um eine betörende Mischung aus Singer/Songwriter Elementen, Folk-Anleihen und kurzweiligen Uptempobeats. Ansonsten begegnet man auf "Hanging In The Balance" lediglich zwei als gutklassig einzustufenden Stücken, das da "Waiting For A Saviour" und "A Subtle War" wären. Zweiteres präsentiert quasi eine leicht gedrosselte Mischung aus Gary Moores "Military Man" und Iron Maiden bzw. deren typische Harmonielehre. Allerdings nicht weiter schlimm, denn der als Bonustrack angeführte, dafür umso cooler dahin riffende Banger "Low To Overdrive" muss ganz und gar als vollwertig bezeichnet werden. Auch wenn die ersten drei Metal Church Metten auf ewig am Thron bleiben, ist "Hanging In The Balance" jenes Liedersammelsurium, das in der internen „wer will mich?!“ Skala zumindest gleich danach mit "The Human Factor" (Review) einzureihen ist. Dass der Sound dem vor Leidenschaft triefenden Material nicht standhalten kann, mag 20 Lenze später immer noch als lästige Nebenerscheinung gelten, ist aber unterm Strich nicht wirklich relevant. Übrigens war kürzlich auf einer Deutschen Homepage davon zu lesen, dass es Bandleader Vanderhoff, Vokalist Ronny Munroe und Co. - obwohl von einer fixen Auflösung die Rede war - noch einmal wissen wollen, und kürzlich einen Deal für ein neues Album unterschrieben haben, das wäre nach 1981 – 1995 und 1999 – 2009 bereits der dritte Anlauf dieser sympathischen Kulttruppe! Trackliste
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Reviews
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