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Judas Priest
05.05.2012, TipsArena Linz, Linz
Innsbruck, irgendwann im Frühjahr 2011:
Ängstlich und verstört beugt sich der Verfasser dieser Zeilen dem Wunsch seiner besseren Hälfte, und plant trotz eines immer noch tief sitzenden Schocks, einer grenzenlosen Enttäuschung über eine lahmarschige Erscheinung seine großen Helden am Gods Of Metal 2008, die Fahrt zur Judas Priest Show nach München. München, 27.6.2011 gegen Mitternacht. Der Verfasser dieser Zeilen, muss eingestehen dass er in seiner Angst falsch lag, dankt Gott, den Weg nach München eingeschlagen zu haben, und ist ebenso wie seine bessere Hälfte total geplättet, euphorisiert und im siebten Metal Himmel, nachdem die Metal Gods und ein wieder erstarkter Rob Halford eine zweieinhalbstündige Megashow zelebriert haben, die nichts als offene Mäuler und blutende Nacken zurück gelassen hatte. Die Demontage eine Legende war gestern. Judas Priest sind wieder in Topform, um nicht zu sagen unschlagbar. So was kriegt man heutzutage nur noch von einer Handvoll Bands, wenn überhaupt. Großartig! Unfassbar und um jedes Geld der Welt muss man sich Priest wieder anschauen, sobald sie in der Nähe aufschlagen. Innsbruck, 5.5.2012 – 13:30 Uhr: Die Maultrommeln und Berichterstattungen tragen Früchte. Nicht zwei oder drei, nein eine geschlagene 30-köpfige Metal Reisegruppe knallt sich zur Mittagsstunde in einen Bus, um die Pilgerfahrt zur Epitaph Farwell Tour in die Tipps Arena nach Linz anzutreten. Innsbruck, 6.5.2012 – 04:00 Uhr: 30 geschaffte, aber restlos glückliche Zeugen einer Metal Show at it’s fucking best verlassen den Bus um vollends befriedigt in einen Morgen zu schwärmen, wohl wissend, dass das heute erlebte perfekt, und fast nicht mehr zu überbieten ist. Aber beginnen wir von Vorn: Im Banne der letzt jährigen München Show, als mich Judas Priest auf ihre alten Tage noch mal so richtig eiskalt erwischt und geplättet haben, beginnt ein Feiertag im Zeichen des Heavy Metal! Und siehe da. Nicht nur die 30 Innsbrucker, sondern weitere geschätzte 3000-4000 Metalheads drängen sich in die topmoderne TipsArena auf der Linzer Gugl, um eine der Metal Ikonen schlechthin die letzte Ehre zu geben. Die Epitaph Farewell Tour soll ja bekanntlich der Abschied von Judas Priest sein. Die Briten werden ein letztes Album veröffentlichen, und danach eigener Aussagen nach nur noch vereinzelte Festivalshows, jedoch keine Tournee mehr bestreiten. Traurig aber (vielleicht) wahr. Wir leben aber für den Moment und der könnte schöner nicht sein. Der Innsbrucker-Metal-Tourtross feiert die knapp 4-stündige Anfahrt standesgemäß mit Bier, Weib und Metal. Klingt orgiastischer als es ist, und will heißen, man sitzt artig im Bus und zischt sich zu den wohldosierten Klängen unsres Zeremonienmeister und Redakteurs Bruder Cle, der die Sache wieder mal gewohnt akribisch und perfekt organisiert hat, das ein oder andere (und noch einige mehr) Bierchen in die Figur, philosophiert über vergangene KIT und Axel Rudi Pell (zum Livereview) Sensationsgigs und freut sich einfach nur darauf, die Legende die jeder so liebt und ehrt, wieder livehaftig zu erleben. Je näher man der Halle kommt, desto intensiver wird die "Busparty". Die Stimmung steigt, über die Anlage knallt die aktuelle Priest Live Setlist und weder das einsetzende Sauwetter, noch die mehr als fragwürdigen Chicken-Wings (für die kurzzeitig allerhöchster Salmonellen Alarm ausgerufen wird) im Cafe neben der Halle können irgendwas an der Vorfreude ändern. Man muss Priest lieben, ehren und schätzen! das beweisen gefühlte drei Generationen von Metalheads vor der Bühne und das beweist auch die Band. Vorher geht es aber noch eine Stunde auf einen Classic Rock Trip… Thin Lizzy Legende hin oder her. Die Kunst des 1986 verstorbenen Phil Lynnot war nie so recht die meine. Ohne Frage haben Thin Lizzy Rockgeschichte geschrieben, haben die Iren viel bewegt, viele sagenhafte Musiker in ihren Reihen gehabt und einige absolute Hard Rock Klassiker erschaffen. Im Jahre 2012 und mit gerade mal einem Gründungsmitglied an Bord (Drummer Brian Downey), ist die Aura einer Legende aber doch arg angekratzt. Dennoch bieten Thin Lizzy, bei denen ex-The Almighty Frontröhre Ricky Warwick mittlerweile das Mikro bedient und dabei den Vorgaben eines Phil Linnot sehr nahe kommt, eine astreinen Show. Warwick macht seine Sache ebenso perfekt, wie der Rest der sechsköpfigen und hochprominenten Band, zu der neben Thin Lizzy Urgestein Scott Gorman mittlerweile auch renommierte Könner wie Marc Mendoza, Darren Wharton und Damon Johnson zählen. Was bleibt ist ein fetter, hochprofessioneller und sehr druckvoll von der Bühne gestromter Hard Rock Gig. 60 Minuten erdiges Handwerk, mit drei Gitarren abgezockt und natürlich vor allem bei den ganz großen Hits wie "Jailbreak", "Whiskey In The Jar" und "The Boys Are Back In Town" astrein abgefeiert. Mir persönlich waren Thin Lizzy immer eine Spur zu gewöhnlich. Dafür mögen mich jetzt viele hassen, ist aber so. Vielleicht bin ich zu jung um die Magie eines Phil Linnot zu verstehen, mir auch egal, denn der Grund der heutigen Reise war keineswegs gut gemachte Classic Rock Hausmannskost, sondern Heavy Metal Haubenküche und genau diese sollte es jetzt auch in ihrer erhabensten Form geben… Setlist Thin Lizzy: 1. Are You Ready 2. Jailbreak 3. Killer On The Loose 4. Don't Believe a Word 5. Whiskey in the Jar 6. Suicide 7. Rosalie (Bob Seger cover) 8. Black Rose 9. Cowboy Song 10. The Boys Are Back In Town Judas Priest: Der epochale Epitaph Vorhang verdeckt die Bühne und das Warten wird immer unbequemer. Die Nervosität steigt und sein wir uns ehrlich. Selbst nach hunderten Konzerten in weit über 20 Jahren Heavy Metal Fandaseins ist es immer wieder ganz besonders prickelnd, wenn man die großen Meister, die ersten großen Lieben live erleben darf. Es gibt unzählige großartige Bands aus allen Dekaden, aber wenn es dann wieder mal heißt einer der Ikonen, einer der besten, wegweisendsten und persönlich am meisten geliebten Bands aller Zeiten gegenüber zu treten, dann fühlt man sich, als ob die Zeit Schall und Rauch wäre. Respekt und Liebe sind die zwei Worte des Moments, und noch während sich Judas Priest mit den eingespielten Klängen von "War Pigs" auf ihre eigene Weise vor Black Sabbath verneigen, steigt die Spannung auf das was kommen sollte. Der Vorhang fällt, die eindrucksvolle Bühne erstrahlt und "Battle Hymn" und das mächtige "Rapid Fire" vom heiligen "British Steel" knallen in die Arena. Anfangs ist der Sound etwas matschig, die Vocals von Halford etwas zu leise. Nach einigen Songs hat der Mischer die Sache aber fest im Griff. Judas Priest wissen wie eine Headlinershow einer Metal Legende auszusehen hat. Stählerne Bühnenaufbauten, Treppen, fette Priest Logos, die über brennenden Hochöfen schweben, saftige Backdrops der legendären Albumcover und Videoanimationen sind der Rahmen für eine vollmundige Metal Show. Die Kulisse ist natürlich exakt dieselbe wie im letzten Jahr und dennoch ist sie wieder ein Hammer. Das ist Heavy Metal! Die 80er Jahre Retro-Laser Show ist ein Genuss, Rauchfontänen und Pyros ebenso notwendig wie perfekt inszeniert. So geht das und so erwartet man sich das von einem Headliner dieser Größe! Old-school as fuck! Es ist alles angerichtet für eine Demonstration! Eine Machtdemonstration, die jedem letzten Zweifler klar macht, dass Judas Priest den Namen "Metal Gods" immer noch mit Stolz und Würde tragen. Es ist neuerlich eine 155 Minuten lange Heavy Metal Vollbedienung ! Verdammt noch mal, das sind über 2 ½ Stunden liebe "Jungbands" da draußen, egal ob groß oder klein. Hut ab das ist Superlative. Die Gitarren von Glen Tipton schieben fett und lassen ein Kultriff nach dem anderen vom Stapel, Ian Hill pumpt seit eh und je wie eine Dampflock, Scott Travis ist immer noch einer der besten Drummer der gesamten Szene und "Jüngling" Richie Faulkner sieht nicht nur aus wie ein junger Gitarrengott, er ist es auch und passt einfach perfekt zur Band. Klar ist es schade, dass K.K. Downing nicht mehr an Bord ist, in Anbetracht dessen, was man hier und heute einmal mehr erlebt, ist das aber zu verschmerzen. Die Hauptsache ist, dass Rob Halford zurück und endlich wieder in stimmlicher Überform ist. Wer sich mit 61 Lenzen über 155 Minuten lang fast ohne Pause großartigste Vocals in allen extremen Stimmlagen entlockt, dabei nach unzähligen Kostumwechseln wie ein König über die Bühne schreitet und dennoch den typisch britischen Gentleman mimt, der ist wahrlich ein Gott. Dabei hat Rob einige gewagte Outfits des letzten Jahres im Schrank gelassen (oben ohne muss dann ab einem gewissen Alter eben doch nicht mehr sein), viel entscheidender ist aber, dass er mittlerweile neben all den anderen Gottsongs sogar ein "Night Crawler" und den sagenhaften und eigentlich kaum singbaren "Painkiller" ohne große Effekte in die Halle brettert, ohne ins Wanken zu kommen. Großartig! Die Show ist einmal mehr ein Genuss, die Setlist das Eldorado für Metal Maniacs! Alle relevanten Judas Priest Alben werden bedient, die Zeitreise beginnt in den 70er Jahren und findet in "Metal Gods" gleich zu Beginn einen ersten musikhistorischen Höhepunkt. Aber was red ich da. Jeder einzelne Song des Abends ist ein Manifest. Egal ob jüngere Highlights wie "Judas Rising" oder das fette "Prohpecy" vom eher durchwachsenen "Nostradamus" Opus. Es ist alles perfekt angerichtet. Meine Highlights sind einmal mehr "Heading Out To The Highway", "Night Crawler", "Victim Of Changes", "Beyond The Realms Of Death" und "The Sentinel". Aber wie makellos wäre eine Welt, in der Songs wie "Starbreaker", "Victim Of Changes", "The Green Manalishi" oder das wundervolle "Diamonds & Rust" die Setlist mit Weltklasseformat und Gänsehautfaktor "ergänzen" dürfen. Verdammt, hier ist jeder Song große Metal Geschichte. Das epochale "Ram It Down" Monster "Blood Red Skies", ein immer wieder unfassbar und unabnützbar geiler "Turbo Lover" oder "The Sentinel" sind nicht von dieser Welt. Ich weiß nicht wie oft ich diese Songs schon live, auf Platte und wo auch immer gehört habe, aber es ist auch völlig egal. Solche Manifeste des Heavy Metal sind immer wieder aufs Neue ein Genuss. Wer hier ruhig stehen bleiben kann, dem ist nicht zu helfen. Dem rinnt das falsche Blut durch die Adern. Genau wie bereits letztes Jahr neigt sich der reguläre Set mit dem Jahrtausendriff von "Breaking The Law" dem Ende zu. Cool und selbstsicher ohne Ende, dreht Rob Halford das Mikro locker dem Publikum zu, um es den gesamten Text dieses Metal Klassikers selbstständig singen zu lassen. Großes Kino meine Herren. So was können sich nur ganz wenige leisten und als Scott Travis dann ein kurzes Drumsolo intoniert steht fest, dass der mächtige "Painkiller" den Set erstmalig in eine kurze Pause führen wird. Lobeshymnen über einen der besten Metal Songs aller Zeiten zu verbreiten, ist nicht notwendig. "Painkiller" ist ein Meilenstein und dass ihn Judas Priest heute so fett und stilecht zelebrieren, ist eines der Highlights der Nacht. Selbst Rob Halford schafft diesen unmenschlich zu singenden Track mit einer ungeahnten Souveränität. Die Unmengen von Effekten, die er in den letzten Jahren mehrfach bedienen musste, um dem extremen Refrain dieses Killersongs gerecht zu werden sind Geschichte. Er kann es immer noch und das mit über 60 Lenzen am Buckel. Wir verneigen uns zum ersten Mal, haben dafür aber nur wenig Zeit, denn Judas Priest lassen sich nicht lange bitte, um für die ersten Zugaben zurück zu kommen. "The Hellion/Electric Eye": Herz was willst du mehr. Tausende Kehlen singen den Weltklasserefrain, bevor Rob Halford Sonnenbrille und die legendäre Lederkappe anschnallt, um mit der Harley auf die Bühne zu tosen. Jeder weiß was kommt. "Hell Bent For Leather". Das ist Heavy Metal in seiner ursprünglichsten Form. Kult und Legende pur. Perfekt intoniert, wie jeder andere Song. Weit über zwei Stunden dauert die Show, die ohne langatmige Solos und Verschnaufpausen auskommt, nun schon an. Die Halle tobt und es soll noch immer nicht aus sein. "You’ve Got Another Thing Comin" rockt das Haus, jeder einzelne brüllt den Jahrtausendrefrain mit und dann, als das coole Partyriffing von "Living After Midnight" erklingen weiß man, dass dies der letzte Akt dieser Nacht sein würde. Egal. Es rockt, es kracht und alle springen, bangen und tanzen ein letztes Mal mit Rob Halford und einer perfekt geölten Judas Priest Maschinerie, die ebenso das Letzte aus sich heraus holt, wie jeder einzelne ihrer vollends glücklichen Fans! Das wars: 155 Minuten Heavy Metal der Superlative. So wie er erschaffen wurde, so wie er Tausende und Abertausende geprägt, beeindruckt und beeinflusst hat. Nach dieser neuerlichen Supershow gab es nur eine einzige Reaktion: Euphorie! Selten hat man solcher Einigkeit unter Fans erlebt. Hier wurde keiner enttäuscht. Ganz im Gegenteil, die meisten wurden richtiggehend überwältigt von einer ungeahnt perfekten, und ausufernden Metal Show. Ich wiederhole mich ungern, zwei Zitate meines letzten Judas Priest Live Reviews muss ich hier aber einfach aufs Neues verwenden: Dieser Auftritt war eine nicht enden wollenden Machtdemonstration einer der wichtigsten und besten Metal Bands der Geschichte. Hier und heute waren Judas Priest einmal genau jene Gottheit, in genau jener Stärke in der man sie für über 40 Jahre unantastbare Heavy Metal Geschichte in Erinnerung behalten will. Und Rob Halford? Der war heute wahrlich wieder ein Metal Gott. Besser kann eine Metal Show kaum sein! So ist es einfach nur passend, dass mir noch heute und beim Schreiben dieses Reviews, einmal mehr eine der legendärsten Textzeilen der Metal Geschichte durch die Birne wandert… "I’m on the top, as long as the music’s loud…." Setlist Judas Priest: 1. War Pigs (Black Sabbath song) 2. Battle Hymn 3. Rapid Fire 4. Metal Gods 5. Heading Out to the Highway 6. Judas Rising 7. Starbreaker 8. Victim of Changes 9. Never Satisfied 10. Diamonds & Rust (Joan Baez cover) 11. Dawn of Creation 12. Prophecy 13. Night Crawler 14. Turbo Lover 15. Beyond the Realms of Death 16. The Sentinel 17. Blood Red Skies 18. The Green Manalishi (With the Two Pronged Crown) (Fleetwood Mac cover) 19. Breaking the Law 20. Painkiller --- 21. The Hellion 22. Electric Eye --- 23. Hell Bent for Leather --- 24. You've Got Another Thing Comin' --- 25. Living After Midnight Es war unfassbar. Wir sagen aber nicht das war’s. Wir können und wollen nicht endgültig Abschied von Judas Priest nehmen, auch wenn wir erahnen, dass solche Shows in einiger Zeit und mit einem Alter nahe der 70 biologisch kaum möglich sind. Wir sagen dennoch auf Wiedersehen, denn ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wir Judas Priest nicht mehr live erleben sollten. Schon gar nicht jetzt, wo sie wieder so gut und ihre Shows ein Genuss sind, wie seit Jahrzehnten nicht… "Sworn to avenge Condemn to hell Tempt not the blade All fear the Sentinel" Für die Live-Fotos bedanken wir uns bei unserem alten Freund Manfred Thanner! |
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