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Anstrengend, sicherlich, diese Deep Purple-Veröffentlichungspolitik. Mal ein "verschollenes" Konzert vergangener Tage, dann ein Mitschnitt neueren Datums, darauf ein bis zur vermeintlichen Perfektion remastertes bereits erfolgreich verkauftes Live-Album, eine Bonus-Live-CD zur Neuauflage eines ein Jahr zuvor erschienenen Albums, dann wieder eine Live-Album-Serie zu Konzerten bis Mitte der '70er und jetzt... nicht eine, sondern gar zwei CDs zu jüngeren Konzerten. Bedenkt man, in wie vielen Versionen all das Zeug erscheint, wird einem vage bewusst, dass der Geldbeutel eines Deep Purple-Fans dem eines Kiss-Maniacs gleichen muss. Glücklicherweise zählen beide Bands zum berüchtigten "Reichen-Rock", der das ACDC-und Böhse Onkelz-Publikum gar nicht erst anspricht.
Die beiden neuen Platten hören auf die Namen "From The Setting Sun...", einem Zeugnis des letzten Wacken-Auftrittes, und "...To The Rising Sun", einem Mitschnitt des kaum minder berühmten japanischen Budokan. Nette Titel-und Cover-Ideen zum monatlichen Schröpfen: Nicht nur als Doppel-CD/DVD sind die Aufnahmen zu erwerben, sondern auch als Blu-Ray 3D (für das Wacken-Konzert) und Blu-Ray (für Tokio), 3er-LP (in weißgottwievielen Pressungen) und als Einzel-DVDs. Hat dieses Deep Purple-Live-Theater eigentlich noch eine Daseinsberechtigung? Gerade in einer Zeit, in der auf die 20-minütigen Improvisationseskapaden verzichtet wird, um möglichst viele Songs, dafür albumgetreu, an den Mann zu bringen? Der beste Kaufgrund ist wirklich der Sound. Selten wurden Live-Alben so perfekt abgemischt; jedes Instrument ist klar herauszuhören und zu verorten und sogar das Keyboard ist diesmal weder zu laut, noch zu leise abgemischt. Da haben Roger Glover, Eike Freese und Alex Dietz am mischpult wirklich gezaubert. Soundfetischisten sollten also nicht zögern, in den Geldbeutel zu greifen! Doch was ist für den "normalen" Rock-oder gar Metal-Fan dabei? Die Setlists unterscheiden sich nicht zu eindeutig; einige obligatorische Klassiker und neuere Lieder sind auf beiden Doppel-CDs dabei. Und die meisten waren es auch auf jeder anderen Veröffentlichung der letzten 30 Jahre. Der Wacken-Auftritt bietet, grob gesagt, eine etwas größere Portion Härte. Die alten Hasen wissen natürlich, auf welches Publikum sie treffen, weshalb der Einstiegs-Vierer aus "Highway Star", "Into The Fire", "Hard Lovin' Man" und "Vincent Price" besteht. Man mochte das vermeintlich junge Publikum wohl nicht mit zu viel Blues verschrecken. In Japan beginnt man mit "Après Vous" und liefert auch einen Track mehr im Vergleich zur Wacken-Performance, sodass man ein Mal auf 17 und ein Mal auf 18 Lieder kommt. Kauft sich der Fan also beide Doppel-CDs/DVDs, erhält er für, im Normalfall, 30 Euro 35 Lieder. Immerhin. Die Gründe gegen den Kauf sind auch schon altbekannt: Hat man das nicht alles schon? In zig Versionen gar? Muss man Ian Gillan zum 239. Mal "Smoke On The Water" singen hören? À propos Ian Gillan: Dass Alter macht natürlich auch bei ihm keinen Halt und so klingt der Mann an einigen Stellen ordentlich dünn. Dass er sich durch die hohen Schreie regelrecht kämpfen muss, geschenkt. Aber wenn er schon bei den leichteren Stücken nicht mehr souverän durchkommt, muss man sich fragen, ob längere Instrumentalpassagen nicht doch wieder angebracht wären. Und womöglich auch eine grundsätzliche Umstellung von den hart rockenden Liedern zu den bluesigen Kalibern, denn wem muss sich diese Gruppe noch beweisen? So oder so hat man nun weitere Live-Zeugnisse einer der eingespieltesten und erfahrensten Bands der Welt vorliegen und bevor man sich den Kopf zerbricht, ob im nicht gerade veröffentlichungsarmen Jahresende nochmal Moneten an die alten Herren von Deep Purple fließen sollen, sei hiermit eine leichte Tendenz zu einem "Ja" ausgesprochen, denn ewig wird es die Dinosaurier auch nicht mehr geben. Trackliste
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