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Death Angel - Wer ist der Lord of Hate?
Death Angel - Wer ist der Lord of Hate?  
Seit 1982 in der Szene aktiv, aber immer noch down to earth, absolut ohne Rock-Star-Allüren und bestens gelaunt – so präsentierte sich uns Marc Osegueda, Sänger von Death Angel, vor dem (leider äußerst schwach besuchten) Gig im Hafen in Innsbruck. Der Professor sprach mit ihm über Vergangenes, Gegenwärtiges, Zukünftiges, das Internet und George W.
Professor Röar
Professor Röar
(12 Interviews)
DarkScene: Erzähl mal was über die aktuelle Tour. Wie läuft es?
Marc Osegueda: Wir sind seit einer Woche auf Tour und haben noch 2 Wochen vor uns. Wir haben auf großartigen Festivals gespielt, dazwischen gibt’s Club-Shows.
DarkScene: Was ist dir lieber: große Festivals oder kleine Clubs?
Marc Osegueda: Das ist schwierig zu sagen. Beide sind großartig auf ihre eigene Weise. Ich mag die kleinen Gigs, weil man alles hört und fühlt, du bist Auge in Auge mit dem Publikum, du saugst die Nähe auf. Die großen Festivals sind natürlich auch toll, weil man so viele Menschen in so kurzer Zeit erreicht.
DarkScene: Bist du ab und zu noch nervös, wenn bei einem großen Festival tausende Fans auf dich warten?
Marc Osegueda: Ich habe kein Lampenfieber. Ich bin eher positiv angespannt, in einer Art Erwartungshaltung, definitiv mehr in unruhiger Erwartung als nervös.
DarkScene: OK, kannst du uns was über das neue Album "Killing Season" erzählen, die Lyrics, die du ja großteils verfasst.
Marc Osegueda: Es ist unser erstes Album seit ca. 4 Jahren und wir sind sehr, sehr stolz drauf. Während des gesamten Prozesses vom Songwriting bis zu den Aufnahmen waren wir alle auf der gleichen Wellenlänge, von Anfang bis zum Ende war da totale Übereinstimmung. Wir sind echt stolz drauf, weil es 100% gemeinschaftlich entstand, eine echte Bandleistung. "Killing Season" ist ein geradliniges, dunkles Album. Und das ist – unglücklicherweise – ein Zeichen der Zeit. Die gesamte Welt befindet sich in einem Zustand von Unruhe.
DarkScene: Spielst du da auf Terrorismus an?
Marc Osegueda: Nicht notwendigerweise. Eher auf Leute in machtvollen Positionen, die diese Macht missbrauchen, in vielen verschiedenen Ländern.
DarkScene: Handelt der Opener "Lord of Hate" dann etwa von George Bush?
Marc Osegueda: Naja, ich versuche bei allem, was ich schreibe, nie eindeutige Statements abzugeben, damit sich dann jeder seine eigene Interpretation zurecht legen kann. Und wenn das jemand hinein interpretiert, dann ist es das auch. Haha. Aber ich predige nicht gerne und zwinge niemandem meine politischen Ansichten auf. Wenn ich zu viel predige, besteht immer die Gefahr, dass sich jemand ausgeschlossen fühlt, der zwar die Musik mag, aber mit dem, worüber ich schreibe, nicht einverstanden ist. Aber es ist definitiv Zeit für einen politischen Wechsel. Was ich bei "Lord of Hate" getan habe: Ich habe aktuelle Weltpolitiker, die ihre Macht missbrauchen, mit historischen Diktatoren verschmolzen. Daraus entstand dann dieses Böse, der "Lord of Hate".
DarkScene: Aber du stehst nicht auf Bush?
Marc Osegueda: Lass es mich so sagen: Ich habe ihn nicht gewählt, Haha!
DarkScene: Und wer sollte der nächste Präsident werden?
Marc Osegueda: Naja, ich habe noch nie die Republikaner gewählt, und daran wird sich auch nichts ändern.
DarkScene: Vor kurzem hab ich mir wieder euer erstes Album "The Ultra Violence" angehört. Ich mag es immer noch, aber es ist sicher aus heutiger Sicht euer schwächstes. Ihr wart ja damals noch fast Kids.
Marc Osegueda: Wir waren zwischen 14 und 18, haben es in 3 Tagen aufgenommen und in 5 Tagen abgemischt.
DarkScene: Dafür ist es natürlich eine gewaltige Leistung, und man sollte es vielleicht doch auf eine Stufe mit "Master of Puppets" stellen.
Marc Osegueda: Genau! HAHAHA!
DarkScene: Warum habt ihr euch 2001 zur Reunion entschlossen?
Marc Osegueda: Wegen Chuck Billy, als er erfuhr dass er Krebs hat. Wir hatten uns geschworen, nie wieder zusammen zu spielen. Wir wurden oft von Promotern angesprochen, sowohl in den USA als auch hier in Europa, aber wir haben das immer abgelehnt. Als Chuck Billy seine Krebsdiagnose erhielt, wurde dieses riesige Benefizkonzert organisiert – Thrash of the Titans. Einige Bands reformierten sich extra dafür, und es gab diese Mega-Show in San Francisco. Zuerst waren wir etwas misstrauisch, als man uns fragte. Schließlich rief Chuck Rob (Cavestany, Gitarrist von Death Angel – Anm. d. Red.) an und überzeugte ihn letztlich. Rob sprach dann mit uns und wir entschieden, dass, falls wir jemals wieder spielen würden, dies der einzige Grund sein könnte. Wir verdienten keinen Cent damit, alles ging an Chuck und die Krebsforschung. Es war als ein einmaliges Ding gedacht, aber hat sich dann eben weiterentwickelt. Wir beschlossen dann noch eine Headliner-Show zu spielen, unter dem Namen "Kill As One". Europäische Promoter bekamen Wind davon und wollten uns buchen. Und wir dachten uns, "Hell, we learned the songs – let’s go to Europe!" Und letztlich landeten wir dann wirklich in Europa für eine weitere Show. Und die Reaktionen hier waren noch wesentlich besser als in den Staaten. Der Enthusiasmus der Fans war es letztlich, der uns dazu veranlasste weiterzumachen.
DarkScene: Würdest du sagen, dass ihr eine größere Fanbasis in Europa habt als in den Staaten?
Marc Osegueda: Auf jeden Fall! Die Fans hier kommen wegen der Musik. In den Staaten sind die Leute total beeinflusst von Popkultur und dem, was ihnen die Medien gerade eintrichtern.
DarkScene: Verdient ihr genug mit der Musik um euch über Wasser zu halten?
Marc Osegueda: Wenn wir auf Tour sind, ist es OK. Aber Death Angel ist nicht unser einziger Job. Wenn wir die Tour-Album-Tour-Maschine am Laufen halten würden, könnten wir sicher überleben. Aber von Zeit zu Zeit wollen wir unseren eigenen Rhythmus, uns nicht von der Plattenfirma unter Druck setzen lassen. Und da muss man dann andere Jobs machen.
DarkScene: Wenn du 25 Jahre zurück gehst, wo habt ihr euch da heute stehen gesehen?
Marc Osegueda: Sicher nicht auf Tour in Europa. Wahrscheinlich immer noch im Musicbusiness, aber nicht mit Death Angel. Aber ich bin froh darüber, wie es heute ist. Ich schätze Death Angel nun beim zweiten Mal mehr als davor.
DarkScene: Und wo siehst du euch in 20 Jahren?
Marc Osegueda: In 20 Jahren, hmm, da seh ich mich irgendwo in den Bergen, in einer einsamen Hütte, mich, mein Mädchen und mein Hund, und vielleicht Kids.
DarkScene: In den Tiroler Bergen etwa? Wir haben die höchsten!
Marc Osegueda: HAHA, das würde mir gefallen!
DarkScene: Was war deiner Meinung nach das größte, das du bisher mit Death Angel erreicht hast?
Marc Osegueda: Zuerst mal, dass wir unser erstes Album, "The Ultra Violence", rausgebracht haben. Damals ging es noch nicht darum CDs oder LPs zu veröffentlichen, sondern Demo-Tapes aufzunehmen, die an Plattenfirmen zu schicken und einen Vertrag zu bekommen. Das war für uns einer der wichtigsten Schritte. Unsere erste Europatour, der erste Gig im Hammersmith Odeon in London, ich glaube das war 1988, zwei Shows mit Motörhead zu Weihnachten, 22. und 23. Dezember, einfach großartig, magische Momente. Sehr wichtig war natürlich die Reformierung für den Benefizgig und das neue Album.
DarkScene: Magst du "Killing Season" lieber als den Vorgänger "The Art of Dying"?
Marc Osegueda: Absolut. Wir sind als Musiker alle gewachsen. "Art of Dying" hat sicher einige Highlights, die immer Teil der Death Angel -Shows bleiben werden, aber als Album ist es definitiv nicht so aus einem Guss wie "Killing Season".
DarkScene: Das Internet war vor 15 Jahren noch nicht da, beeinflusst das Business jetzt aber umso massiver. Was denkst du darüber?
Marc Osegueda: Meiner Meinung nach ist es eines der tollsten Marketing-Instrumente überhaupt für Musiker! Natürlich können die Leute deine Musik gratis bekommen, das ist ein Nachteil, und man versucht eben irgendwie zu überleben. Aber ich komme noch aus der Tape-Trading-Szene und bis zu einem gewissen Grad ist Downloading nichts anderes als Tape-Trading. So wie ich das sehe, geht es heute um was anderes. Aber so lange die Leute deinen Namen lesen können und deine Musik da draußen ist, ist es OK. Heute geht es nicht mehr so sehr um Plattenverkäufe, sondern mehr darum auf Tour zu sein. Was mich aber am Internet stört, ist, dass man sofort alles haben kann, sofort befriedigt wird. Es nimmt dir als Fan irgendwie dieses kindliche Gefühl der Vorfreude. Früher musste man auf alles warten, auf ein Demo oft bis zu 8 Wochen, bis es mit der Post kam. Heute gibt es das nicht mehr.
DarkScene: Magst du nur Metal, oder hörst du dir auch andere Musik an?
Marc Osegueda: Ich hör mir alles an, von Billie Holiday (Jazz-Sängerin, verstorben 1959, Anm. d. Red.) bis Black Sabbath (Godfathers des Heavy Metal, Vokalisten u.a. Ronnie James Dio und ein gewisser Prince of Darkness – Anm. d. Red.), von Brian Ferry (britischer Musiker, u.a. Sänger von Roxy Music – Anm. d. Red.) bis Slayer. Ich liebe einfach Musik.
DarkScene: Aber könntest du dir auch vorstellen, andere Musik zu spielen, nicht mehr in einer Metalband zu sein?
Marc Osegueda: Absolut! Ich bin ja noch in dieser anderen Band, All Time High, wo wir geradlinigen, dreckigen Rock'n Roll spielen. Speziell auf Tour höre ich auch gerne anderes zur Abwechslung, wenn du jede Nacht nur Metal um dich hast.
DarkScene: Was tust du auf Tour, wenn ihr nicht gerade spielt?
Marc Osegueda: Musik hören, ein bisschen trainieren. Ich seh mir auch gerne die Städte an, die wir besuchen. Leider war heute keine Zeit, mir Innsbruck anzusehen. Ich musste nämlich noch duschen, haha. Ich versuche auch auf Tour zu lesen. Gerade eben beispielsweise die Biographie von Lester Bangs, der ein Journalist für das Rolling Stone und Creem Magazine war, und ein Buch über Philosophie.
DarkScene: Was treibt denn Gus Pepa (Anm. d. Red.: ehemaliger Gitarrist und natürlich auch verwandt mit dem Rest der Band) im Moment?
Marc Osegueda: Gus lebt wieder auf den Philippinen, und pendelt zwischen den USA und dort. Er kam sogar zu unserer letzten Show in San Francisco. Und er spielt Gitarre auf Robs (Cavestany) Solo-Album, das aber mehr in die Akustik-Richtung geht.
DarkScene: Glaubst du, dass ihr in der Vergangenheit mit der Band auch Fehler gemacht habt, z.B. die kurzfristige Namensänderung von Death Angel zu D.A. ?
Marc Osegueda: Das war wohl eine Idee unserer damaligen Plattenfirma, die das Video zu "Room With a View" in die Mainstream-Programmierung auf MTV bringen wollten, sozusagen eine Metal-Band durch die Hintertüre reinschleusen wollten. Aber es war nicht die Idee von Geffen, dass wir eine Akustikballade machten, wir wollten das von uns aus. Wir haben immer versucht, neue Wege für Thrash-Bands zu beschreiten, immerhin hören wir alle ja auch verschiedenste Musikstile. Aber wirkliche Fehler haben wir glaub ich nicht gemacht, besonders da unsere erste Karriere ja auch recht kurz war, höchstens das eine oder andere Foto mit peinlichen Outfits, haha.
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