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10.0
Eines gleich vorweg: Das neue Linkin Park-Werk "A Thousand Suns" hat alle Trademarks, die man schon auf den drei Vorgängerwerken liebte (oder auch hasste … je nachdem, wie man zu dem Phänomen Nu Metal steht) und die den Sound der 6 Amerikaner so charakteristisch machten, NICHT, und eines schon absolut gar nicht – Metal. Ja, dieses Album ist eine verdammte Überraschung, und ja, dieses Album wird einen Großteil der Fans vor den Kopf stoßen, abschrecken, verärgern. (Man lasse sich die Kundenbewertungen auf amazon.de auf der Zunge zergehen, wo rund 40% der Rezensenten die Band mit einem Punkt abfertigen) Aber "A Thousand Suns" wird Linkin Park auch neue Fans bescheren und die Band vor allem bei aufgeschlossenen Musikfreunden als ernst zu nehmende Künstler verankern. Als hätte die Band kontroversielle Reaktionen vorausgeahnt, findet man auf der ersten Seite des CD-Booklets so etwas wie eine Rechtfertigung für den krassen Stilwechsel. Eigentlich traurig, wenn Künstler sich sozusagen entschuldigen müssen für das, was sie machen und dafür, dass man den "Fans" nicht nochmal eine tausendmal aufgewärmte Brühe serviert, die schon lange schal schmeckt.
Beginnt "A Thousand Suns" mit gleich zwei düsteren Intros und einem Zitat von Robert Oppenheimer, folgt dann der erste Track "Burning in the Skies", der wie so viele andere Songs auf dem Album mit Klavier anhebt. Der recht ruhige Song mit einer gewaltigen Gesangslinie steigert sich dann jedoch und gegen Ende hin gibt's zum ersten Mal Gitarren … und das war's dann auch schon mit den sechs Saiten. Denn schon der nächste Song "When They Come For Me", der auf einem Tribal-artigen Beat basiert, besteht fast ausschließlich aus Soundsamples und Rap-Vocals. Auch mit dem folgenden "Robot Boy" kommt kein bisschen Metal auf, denn auch in diesem ruhigen, sphärischen Track toben sich Linkin Park nach dem Klavierintro am Sampler aus und legen trippige Vocals über die offensichtlich computergenerierten Drumbeats. Das folgende "Waiting for the End", eingeleitet – wie fast alle Songs auf A Thousand Suns - durch ein weiteres stimmungsvolles Intro, beginnt irreführenderweise mit hartem "Prodigy"-Beat, nur um dann zu einem Song zu mutieren, der über der spärlichen Instrumentierung eigentlich nur mit Vocals auskommt, sich nach dem balladesken Mittelteil aber in einem emotional mitreißenden Endpart steigert, wie man ihn von Linkin Park nur zu gut kennt, nur dass diesmal eben die Gitarre vollkommen fehlt. Auch "Blackout", ein treibender, aggressiver Rap, unterlegt mit einer Melodie, die genausogut aus einem 80er-Nintendo-Spiel stammen könnte, kulminiert in einem Rap/Scratch-Inferno und endet vollkommen ohne schwermetallenen Ansätze. Dem folgt dann der sicher schwerste – und hier wird absichtlich nicht das Adjektiv "heavy" benutzt, um "A Thousand Suns" bewusst vom Metal abzugrenzen - Track des Albums, "Wretches and Kings". Ein brutaler, monoton hämmernder Beat bildet das Rückgrat dieses harten, an die Beastie Boys erinnernden Raps, in dessen elektronische Geräuschkulisse sich am Ende sogar eine bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Gitarre mischen darf. "Iridiscent" ist dann eine wunderschöne Ballade (dass ich so etwas mal schreiben würde... ist das das hohe Alter???), die zuerst fast gänzlich nur mit Gesang und Piano auskommt, später dezente Technobeats dazumischt, bevor ein kurzes Gitarrenintermezzo den Schlusspart mit Chören und treibenden Drums einleitet, der noch am ehesten an die ersten beiden Linkin Park-Scheiben "Hybrid Theory" und "Meteora" erinnert. Die erste Single-Auskoppelung "The Catalyst", izwischen inclusive Video hinlänglich bekannt, steht dann am Ende dieses Albums und bildet eine gelungene Zusammenfassung der vorangegangenen 40 Minuten, indem im Song nochmal alles vermischt wird, was Linkin Park heute so machen. Dass sich Linkin Park nach ihren Millionensellern nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen und nicht den leichten Weg der erfolgsgarantierten Selbstkopie gehen, sondern sich nach dem eher durchwachsenenen und hilflos wirkenden "Minutes to Midnight" noch weiter von den Wurzeln im Nu Metal und Hip Hop entfernt haben, muss den sechs Kaliforniern hoch angerechnet werden. Und noch höher darf man ihnen anrechnen, dass das entstandene Werk alles andere als ein verrücktes Experiment geworden ist. Jeder Song auf "A Thousand Suns" ist von höchster musikalischer Güte, bei jedem Durchlauf des Albums gibt es neue Details und Klänge zu entdecken, das gesamte Album wirkt trotz seiner stilistischen Vielfalt wie aus einem Guss, wozu auch die fast jedem Song vorangestellten Intros beitragen. Auch textlich haben sich Linkin Park weiterentwickelt und politische Elemente in ihren Songs verarbeitet, was durch die zahlreichen verwendeten Ausschnitte und Samples von Reden amerikanischer Bürgerrechtler und historischer Figuren belegt wird. Vom Professor gibt’s für dieses Meisterwerk daher ohne mit der Wimper zu zucken die maximal 10 möglichen Medals of Honor - für Mut zur Kunst und außergewöhnliche Tapferkeit im Zweikampf mit engstirnigen "Musikfreunden". Ätsch! Die erste Singleauskoppelung "The Catalyst" Trackliste
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Reviews
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