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Der W
05.04.2009, Hafen, Innsbruck 
 
Gehasst, Verdammt, Vergöttert! Ein Satz für die Ewigkeit. Stephan Weidner kehrt mit seinem Soloalbum im Gepäck zurück auf die Bühnen um Fans, Kritikern und Neidern zu zeigen, dass er auch als Der W. noch immer viel zu sagen und viel Musik zu geben hat
DarksceneTom
DarksceneTom
(142 Live-Berichte)
Als Stephan Weidner im Jahre 2005 das Ende der Böhsen Onkelz verkündete und seine zeitlebens umstrittene Band beim legendären und ohne Frage sagenumwobenen Abschiedskonzert von über 100.000 Fans am Lausitz Ring stilgerecht zu Grabe trug, glaubte man nicht so recht daran, dass dies wirklich das Ende des Phänomen Onkelz sein würde. Obwohl nur wenige musikalische Persönlichkeiten derart glaubwürdig in ihrem ganzen Denken und Tun waren und sind wie ein Weidner (der auch seine fragwürdigen Zeiten nie totschwieg), vermutete auch meine Wenigkeit, dass der Mief des Mammons die Frankfurter Rockband mit Ausnahmestatus wieder zurück auf die Bühnen treiben würde.
Vier Jahre sind mittlerweile ins Land gezogen, das Phänomen Böhse Onkelz lebt in all seiner unantastbaren Macht weiter, sogar große Deutsche Medien haben das Schaffen der Band mittlerweile zu würdigen gewusst und Der W., der zieht sein Ding unbeeindruckt von alledem kompromisslos weiter durch.

2008 erschien "Schneller, Höher, Weidner" (zum Review) und läutete die Solophase des Bassisten und Songwriters der Onkelz ein. Auch hier nimmt sich Weidner kein Blatt vor den Mund. Auch hier regiert deutschsprachige Rockmusik und auch hier sind Songs enthalten, die sowohl Onkelz Fans, wie andere Rockfreunde ohne Frage auf ihre Seite ziehen, zumal sie zum Teil weit besser sind, als der Großteil der Songs auf den Alben nach dem letzten wirklich geilen Onkelz-Werk "E.I.N.S.". Die mittlerweile seit einigen Wochen andauernde Tour führt den egozentrischen Rockstar und sein Gefolge durch ausverkaufte deutsche Hallen und bestätigt den Erfolg des Albums. Weidner etabliert sich als Solokünstler und spätestens jetzt kann man wirklich glauben, dass jegliche Reunionsgerüchte im Keim erstickt werden. Innsbruck ist nun also die dritte Österreich Station des Mannes, der in unsrem, scheinbar weniger engstirnigen, mental stabileren und vielleicht weniger ängstlichen Lande seit jeher wie ein König verehrt wurde und auch auf Solopfaden massenhaft Fans in die Hallen lockt um sie Zeugen seiner Klasse werden zu lassen.

Pro-Pain

Im Vorprogramm der Österreich Dates gibt’s bekanntlich weder die Dänen von D-A-D, noch die deutsche Kultband Skew Siskin, mit denen Weidner in Deutschland tourte. Schade eigentlich, aber die vor einigen Tagen zum Tourtross gestoßene US Crossover Institution Pro-Pain (die ja auch am Der W. Soloalbum einige Songs einrocken durfte) sollte dennoch Garant für anständiges Vorglühen sein. Zumindest beim metallisch angehauchten Publikum sind Pro Pain ohne Frage etabliert und auch wenn nicht jeder Stromfetischist ein die-hard Fan der NYC- Hardcore Metaller ist, weiß man von den live Qualitäten der Amis, die auch an diesem Abend die Bretter der Bühne anständig abfackeln. So stehen die Zeichen auch an diesem Abend von Beginn des Sets an auf Sturm und lassen Pro-Pain über die gesamte Spielzeit mit guter Laune, guten Songs fetten Grooves und noch fetterem fettem Sound punkten. Das Publikum dankt es den sichtlich zufrieden und gut gelaunten Amerikanern.
So soll ein Anheizer anheizen.

Der W.

DAGEGEN. Das ist mein Leben!

Treffender als der Meister selbst im Text zu "Liebesbrief" kann man das Schaffen von Stephan Weidner gar nicht beurteilen und die immer wieder vor Selbstbewusstsein und Geradlinigkeit strotzende Attitüde dieses ebenso erdig wie sympathischen Typen sollte auch an diesem Abend einmal mehr deutlich werden.
Um Punkt 21:15 gehen die Lichter aus um die mit fetter Dornenkrone dekorierte Bühne in den Mittelpunkt zu stellen. Eingehüllt in transparent perfekten Sound startet der Rockexpress in eine Show, die mich von der ersten Sekunde überzeugen sollte.
Flankiert von einer blutjungen, jedoch perfekt und spielfreudigen Band steht Der W. wie ein Fels auf der Matte um die kommenden 95 Minuten zu einem perfekten Statement seiner „neuen“ Karriere zu machen. Eingeleitet vom Album Opener "Der W Zwo Drei" und dem obercoolen "Liebesbrief" rockt sich ein gut gelaunter und perfekt geölter Rocktross in einen durchwegs geilen Set. Der Konsequenz des Masterminds entsprechend gibt es wie angekündigt keine Onkelz Songs, was dem Spaß an der Sache überhaupt keinen Abbruch tut, da die Handschrift von Weidner auch bei den neuen Solonummern unverkennbar ist.
Sentimentale Höhepunkte der Show sind ohne Frage die balladesken Momente wie "Ein Lied für meinen Sohn", "Angst" oder der perfekte BO Abgesang "Asche Zu Asche". Als stimmungs-, tanz und pogotechnische Erektionen zeigen wie erwartet die "Schneller, Höher, Weidner" Highlights "Geschichtenhasser", "Schatten" oder das erhabene "Tränenmeer". Das Publikum frisst dem kraftvoll und mitreisend singenden Fronter aus der Hand und es ist ebenso beeindruckend wie überraschend, wie ein Mann der zeitlebens mit Bass auf der Bühne stand nun als Sänger über die Bretter fegt, das Publikum animiert und die Bühne ausfüllt, als ob er nie was anderes als ein Frontmann gewesen wäre. Auch Songs, die am Album eher ein Schattendasein hegen, können an diesem Abend in ihrer kraftvoll, packend und dynamischen Darbietung voll punkten. Die Stimmung ist ebenso heiß, wie positiv. Der W. und seine Fans feiern eine Rock Party, von der ich persönlich einiges, jedoch nie und nimmer so viel erwartet hätte.

Zum Abschluss gibt’s noch die coole "My Way" Interpretation und ein fettes "Sag zum Abschied leise Scheiße" bevor Der W. eine rundum zufriedene, fast ausverkaufte (große) Hafenhalle mit "Pass gut auf dich auf" in die junge Nacht schickt und sich und seine Mitstreiter ein letztes Mal feiern lässt.

Die Böhsen Onkelz werden ewig leben, daran besteht kein Zweifel. Die musikalische Zukunft von Weidner jedoch, die wird Der W. heißen und dass diese neue Reise im Leben einer extravaganten Persönlichkeit interessant und spannend bleibt, daran muss spätestens nach diesem beeindruckenden Rocknacht auch jeder Neider und Kritiker glauben.
Meine Wenigkeit freut sich jedenfalls schon jetzt auf den nächsten Besuch Herr Weidner und wir schließen dieses Kapitel mit einem der besten Sätze der Nacht:

“Der Traum ist ausgeträumt, keine Sekunde habe ich bereut. Ich schmecke die Onkelz auf der Zunge und im Herz. Doch es ist aus, mein Freund!“

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