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5.5
Metal wird alt. Das merkt man nicht nur daran, dass Motörhead inzwischen ihr 22. Studioalbum veröffentlich haben, sondern auch daran, dass in den letzten 5 bis 10 Jahren so gut wie jede längst verschollene 80er-Kapelle eine Reunion für nötig befunden hat. Grundsätzlich ist dies ja kein unwillkommener Trend, denn viele talentierte Bands mussten sich viel zu früh aus der Szene verabschieden oder es war ihnen trotz großer musikalischer Leistungen beim ersten Durchgang in der Zielgeraden zum Metallica-Status einfach die Luft ausgegangen. Leider entwickelt sich die Reunion-Welle zu einer beinahe schon ärgerlichen Unsitte, denn inzwischen versucht sogar jede viertklassige Combo, deren Outputs schon vor 25 Jahren mehr als verzichtbar waren, auf der Thrash -Revival-Welle mitzureiten und sich im Zuge dieser Wiederauferstehung ein Stück des fetten Thrash-Kuchens zu sichern. Denn die ungestümen, jugendlichen Metal-Fans mit begrenztem Taschengeld der 80er sind nun zu zahlungskräftigen Besserverdienern aufgestiegen, die immer wieder gerne haufenweise zu true old school Events pilgern, um ihre längst vergangene Jugend wieder zu erleben.
Zu diesen weniger nötigen Comebacks zählen auch die Briten Onslaught, die immerhin schon 1982 zu musizieren begannen und 2005 nach 15 Jahren Abwesenheit ein in der Szene nicht unbedingt für Orkanstürme an Begeisterung sorgendes Comeback versuchten, das mit dem neuesten Streich "Sounds of Violence" nun in die 2. Runde geht. Aber mit Onslaught ist es so eine Sache. Abgesehen davon, dass Briten noch nie wirklich tollen Thrash spielen konnten (Xentrix anyone? ), waren Onslaught zudem immer absolut ungenierte Trendreiter, denen es an einem Element ganz massiv mangelte: Originalität. Begann die Band als Punk-Outfit und orientierte sich anfangs an The Exploited und anderen ungewaschenen Irokesenträgern, bemerkte man sehr bald, dass der aktuelle Trend mehr in Richtung geradliniger Thrashmetal ging. Und so legte man sich kurzerhand ein okkultes Image zu, kopierte Slayer und Venom und veröffentlichte mit "The Force" und "Power From Hell" zwei tatsächlich mehr als obsolete Alben. 1989 folgte dann der 3. Streich in Form von "In Search of Sanity" (das große Teile der Redaktion übrigens durchaus als würdigen Klassiker (zum Review) sehen), das plötzlich eine 180°-Kehrtwendung hin zu Melodie und komplexerem Songwriting darstellte. Abgekupfert wurde dabei massiv von Metallica und um bei den Massen noch eher punkten zu können, wurde der doch etwas ruppige Vokalist Sy Keeler während der Aufnahmen gegen den weitaus melodiöseren Steve Grimmet ausgetauscht. Zuvor gab es noch eine EP mit der – wie außerordentlich originell – AC/DC-Coverversion "Let There Be Rock" und dann war glücklicherweise Schluss. Bis eben 2005 die inzwischen in Unehren gealterten Gründungsmitglieder Nige Rockett und Steve Grice bemerkten, dass Thrash Metal der alten Schule sich wieder bestens verkauft. So besorgte man sich mal schnell zur "Inspiration" die letzten paar Exodus-Scheiben, reaktivierte die alte Truppe und spielte das Comback "Killing Peace" unter der zeitgemäßen Leitung von Andy Sneap ein, dessen Produktionen zwar alle brutal und druckvoll, aber auch vollkommen austauschbar klingen. Anscheinend zückten jedoch genug Freunde leicht angerosteten Altmetalls ihre Geldbörserl und bescherten "Killing Peace" ausreichend Verkäufe, so dass die Briten-Rabauken nun einen neuen Deal mit AFM vorweisen können und mit Produzent Jacob Hansen in Wales und Dänemark ihren neuesten Streich "The Sounds of Violence" eintrümmerten. Und was dem geneigten Freund deftiger Thrash-Klänge nach dem überaus ideenreich betitelten "Intro Into the Abyss" entgegenschallt, ist dann erwartungsgemäß technisch gut umgesetzter, geradliniger Thrash der Marke Exodus und Testament. Wieder einmal zeigt sich, dass Onslaught, diesmal kompetent verstärkt durch den neuen Gitarristen Andy Rosser-Davies, exzellente Kopisten sind, die aber nie den Sprung in die Championsliga des harten Metalls schaffen werden, weil gut kopiert eben nicht gleich halb gewonnen ist. Natürlich passt hier jedes Riff, die Drums böllern ordentlich und Sy Keelers wütendes, raues Gebrüll, das zwischen Death Metal-Growls und bösem Thrash-Gekreische alterniert, ist für dieses Genre durchaus adäquat. Leider macht sich aber schon nach wenigen Songs gepflegte Langeweile breit, denn mehr als biedere Thrash-Hausmannskost liefern die altgedienten Briten nicht ab. Hier fehlt tatsächlich jegliche Eigenständigkeit und auch an Widererkennungswert mangelt es hier erheblich. Meist werden die wenigen guten Ideen schon am Beginn der Songs verheizt, danach herrscht Gleichförmigkeit und schon bald beim Hörer Gleichgültigkeit. Leidglich das schleppende "Antitheist" sticht irgendwo aus diesem Brei aus Midtempo- und High Speed-Geballere heraus, das aber auch nur, weil sich Onslaught hier auf (auch schon recht abgelutschte) orientalische Melodien verlassen, die eben dank ihrer Andersartigkeit aus einem Album wie diesem herausstechen. Gäbe es so was wie ein Metal-Äquivalent zu Malen nach Zahlen – Onslaught wären darin die Weltmeister: eine handwerklich solide Leistung, leider ohne jegliche Kreativität und Originalität. Sogar die Texte und das Cover regurgitieren lediglich peinliche Klischees, die hoffentlich keines der Bandmitglieder wirklich ernst meint. Als Krönung dieser Fingerübung in Inspirationslosigkeit beschließen Onslaught "Sounds of Violence" mit der Motörhead-Vergewaltigung "Bomber", die trotz (wegen?) der Mitwirkung von Tom Angelripper und Phil Campbell an Grausamkeit kaum zu übertreffen ist. Dem Professor ist "Sounds of Violence" daher nur 5,5 von 10 Nachfüllpackungen Toner für den Kopierer im Onslaught-Proberaum wert. Die werden Sy Keeler, Nige Rocket und der Rest der Bande sicher brauchen, denn bei mehrfach überführten Wiederholungstätern beim Abschreiben und Kopieren besteht nach 25 Jahren keine Hoffnung mehr auf Besserung, sprich: ein eigenständiges Stück Musik irgendwann in der Zukunft. Trackliste
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