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Schandmaul - Verspielter Folk-Rock ohne Starallüren
Schandmaul - Verspielter Folk-Rock ohne Starallüren  
Mit mordsmäßigen Sonnenbrand auf dem Rücken, bewaffnet mit einem geradezu archaisch-analogen Kassetten-Aufnahmegerät, plaudere ich in den streng geheimen Backstage-Hallen des Orpheums auf komfortablen Ledersofas mit Birgit und Anna von Schandmaul vor ihrem heutigen Auftritt ...
Heimdall
Heimdall
(12 Interviews)
(Nach dem Besuch eines mittelalterlichen Events in und um Schloss Herberstein gelange ich mit einem mordsmäßigen Sonnenbrand auf dem Rücken und meiner Freundin an der Hand ins Orpheum und treffe mit knapper Verspätung Marcel Klein, den Tourmanager von Schandmaul, der uns in die geheimen Backstage-Hallen des Orpheums geleitet. Wir nehmen in einem kleinen Raum auf komfortablen Ledersofas Platz und ich bewaffne mich mit dem geradezu archaisch-analogen Kassetten-Aufnahmegerät, das heute für die streikende digitale Technik einspringen muss. Marcel drückt uns zwei Flaschen Heineken in die Hand, und kurz darauf kommen Anna und Birgit gut gelaunt herein. Drei Frauen im Raum machen mich ganz schön nervös, und ich vergesse auf meinen rhetorisch geschickt vorbereiteten Einstieg – aber da muss ich jetzt durch ...)

DarkScene: Hallo und willkommen in Graz – schön, dass Ihr wieder gekommen seid! Inzwischen habt Ihr ja mit Eurem neuen Album tolle Erfolge in Charts zu verbuchen, Platz 13 in Deutschland ...
Anna: Inzwischen leider nicht mehr. Platz 13 war in der Einstiegswoche, dann Platz 41 und jetzt noch mal Platz 41.
DarkScene: Oh, da bin ich ein bisschen hintennach! (Anna lacht) – Was ist das für ein Gefühl für Euch? Ist jetzt alles anders als früher?
Birgit: Ja und nein, würde ich sagen. In der Band selbst macht es überhaupt keinen Unterschied. Was Band und Crew anbelangt, das ist Arbeiten und Spaß haben wie eh und je. Es gibt vielleicht ein bisschen einen Unterschied, wie man von der gesamten Branche wahrgenommen wird. Also die, die früher über uns gelacht haben, die lachen jetzt nicht mehr. (wir lachen)
DarkScene: Und bei Eurem Auftreten auf der Bühne, den Fans gegenüber, da hat sich auch nicht viel verändert?
Anna: Nein. Aber unsere Zuschauerzahlen haben sich etwa verdoppelt.
DarkScene: Dann müssten heute ungefähr 300 Leute anwesend sein.
Anna: Keine Ahnung. Wir waren aber auch schon lang nicht mehr in Graz! (lacht)

DarkScene: Wie man auch an der DVD merkt, die sehr professionell gemacht ist und Euch auch sehr sympathisch darstellt ... -
(Marcel unterbricht uns kurz und bringt den beiden Musikerinnen Rotwein und Gläser. Birgit und Anna schenken sich ein Gläschen ein und lachen vergnügt. Sie sind aber noch nüchtern. :-))
Anna: So, Prost Euch! (wir stoßen die Gläser und Flaschen zusammen)
DarkScene: Um fortzufahren: besonders die DVD erweckt den Eindruck, als ob Euch irgendwelche Starallüren gar nicht erst interessieren, oder auch im Forum der ständige Kontakt mit den Fans...
Birgit: Es ist ja nicht so, dass wir gerade angefangen hätten und drei Monate später Superstars gewesen wären. Wenn Du Dich so lange hocharbeitest, bist Du ja am Anfang noch ganz unten. Da sind wir jetzt schon zu alt, um plötzlich noch Starallüren zu entwickeln! (lacht) Da sehe ich keine Gefahr.

DarkScene: Zur Abwechslung nach diesen sehr gewöhnlichen Fragen habe ich eine gnadenlose Meta-Frage: Was sind denn so die besonders gefürchteten Fragen für Euch?
Birgit: (überlegt) Gefürchtete Fragen? Nö, also da wüsste ich jetzt keine, vor der ich Angst habe. Es gibt vielleicht eher solche Fragen, auf die man spontan keine Antwort weiß. Zum Beispiel wie „was ist Euch schon mal ganz besonders Lustiges beim Merchandising-Stand passiert“, denn da gibt’s eigentlich nix! Nette Gespräche natürlich, klar, ein Foto, ein Scherz, aber sonst ...
DarkScene: Dann gibt es auch nichts Peinliches und ich muss eine meiner Fragen wieder streichen! (wir lachen)
Birgit: Es gibt schon Fragen, die einen manchmal ein bisschen ärgern, so wie „Ihr seid ja jetzt so kommerziell, weil Ihr ja jetzt in den Charts seid“. Aber nö, fürchten tun wir uns davor eigentlich auch nicht.

DarkScene: Mir ist allgemein aufgefallen, dass Ihr eigentlich immer alleine auftretet, also ohne Support-Bands.
Anna: Nee, das stimmt eigentlich nicht unbedingt. Wir haben jetzt auf Tour keinen festen Support mitgenommen, was aber auch aus technischen Gründen nicht möglich war. Wir haben gesagt, wir schauen, dass wir unsere eigene Show gut rüberbringen. Aber wir spielen immer wieder mal mit lokalen Acts. Gestern zum Beispiel.
DarkScene: Gestern war Wien?
Anna: Nee, Linz!
Birgit: Das hängt dann vom örtlichen Veranstalter ab, die hatten da eine Kapelle. Das wird dann mit unserer Crew abgestimmt, ob es technisch machbar ist. Wir haben da auf alle Fälle nichts dagegen.
DarkScene: Aber Ihr habt jetzt nicht geplant, einmal eine größere Tour mit fixen Support-Bands zu absolvieren?
Anna: Wir würden das jetzt bestimmt nicht ausschließen. Warum nicht irgendwann?
DarkScene: Müssten diese Bands dann auch leiser spielen? Zumindest voriges Jahr hattet Ihr eine wirklich angenehme Lautstärke, wohingegen andere Bands da oft übertreiben.
Anna: Ich nehme mal an, wenn wir eine Band auf Tour mitnehmen, dass wir uns die auch vorher angehört haben und die dann nicht Heavy Metal in brachialer Lautstärke spielen! (lacht) Insofern denke ich, dass sich diese Frage dann gar nicht ergibt.

DarkScene: Zum neuen Album: Meiner Interpretation nach sind die neuen Songs deutlich „ausgereifter“, so gesehen „erwachsener“, aber dafür teilweise doch etwas weniger verspielt. Ist da etwas dran oder definiert es sogar die Richtung, in die Ihr Euch weiter entwickeln möchtet?
Birgit: Wir haben uns noch nie bewusst diese Stilfrage gestellt und werden es auch hoffentlich nie tun. Unser Stil ergibt sich aus den mitspielenden Menschen und den Instrumenten, die da am Start stehen. Diesmal hatten wir mehr Zeit, um uns um Arrangements zu kümmern, und wollten das natürlich auch ausfeilen. Also nicht ständig im klassischen Schema ein Intro, dann die Melodie, da eine Strophe, da ein Refrain, dann wieder Melodie, Strophe, Refrain. Wir wollten das aufbrechen und variieren, und das haben wir gemacht. Dass es weniger verspielt ist, ist ein subjektiver Eindruck von Dir, den ich jetzt gar nicht selbst nachvollziehen kann. Es gibt auch viele Stimmen, die sagen, es sei sehr verspielt, manchen Leuten ist es dann sogar zu verspielt ... (lacht) Also, das ist immer ein bisschen subjektiv. Grundsätzlich haben wir weder die Absicht, härter zu werden, noch softer zu werden. Wir wollen unseren Stil halt weiterentwickeln und weiter nach vorn gehen. Wie das dann aussieht auf dem nächsten Album, da haben wir selber noch keine Ahnung. Das ergibt sich dann beim Komponieren.
DarkScene: Und gibt es schon Material oder einen Zeitplan für das neue Album?
Anna: Wahrscheinlich Anfang 2006.
Birgit: So spät?
Anna: Naja, wir wollten doch zu Weihnachten so ein Special-Ding machen und dann ins Studio gehen ...?
Birgit: Schauen wir mal! Auf keinen Fall vor Ende 2005.
DarkScene: Und dieses kurz von Euch angesprochene Weihnachts-Special, ist das ein Geheimnis?
Anna: Oh. (wir lachen) Ich weiß nicht, ob ich das jetzt ... ist es schon sicher, dass wir das überhaupt machen? Es ist vielleicht ein bisschen blöd, darüber zu reden, weil es ja noch überhaupt nicht so ...
DarkScene: Du musst nicht darüber reden!
Birgit: Ich würde es auch erstmal sein lassen! (lacht)
Anna: Sagen wir so: wir haben noch nicht so konkrete Vorstellungen. Aber wenn es etwas gibt, wird es groß angekündigt im Forum.
DarkScene: Damit wäre ja schon mal Spannung erzeugt: Man weiß, es gibt vielleicht etwas, aber man weiß nicht, was!
Anna: Genau. (lacht)

DarkScene: Ich habe konkrete Fragen zu zwei neuen Songs. Zuerst kommt "Kalte Asche", das ja Du geschrieben hast ... (Anna nickt) ... und es klingt irgendwie so, als wärst Du dabei von persönlichen Erfahrungen inspiriert. Ist das jetzt eine von diesen gefürchteten Fragen?
Anna: (lacht) Nö! Da hast Du ganz Recht damit. Das ist Beziehungsverarbeitung.
DarkScene: Streue ich jetzt Salz in die Wunden? Oder ist es schon länger her?
Anna: Nee, überhaupt nicht. Das ist schon lange her. Ich denke, jeder von uns schreibt seine Texte oder Songs aus bestimmten Launen und Situationen heraus. Das passiert in jedem Lied, das spielt immer eine Rolle.
DarkScene: Ja. Es ist auch sehr schön verarbeitet in diesem Lied!
Anna: (lacht) Dankeschön!
DarkScene: Und ein anderes, das mir auch sehr gut gefällt, ist "Das Duell" von Thomas. Wie ich einen Konzertbericht entnahm, erzählt Thomas dazu auf der Bühne, dass es sich um ihn und seinen Vater handelt. Aber ich denke, das ist ein Schmäh, oder?
Anna: Ich glaub, das stimmt nicht! (wir lachen) Er erzählt die Geschichte so, aber er schlüpft ja in die Rolle des Spielmannes, wenn er Geschichten erzählt oder Texte erklärt.
DarkScene: Also verarbeitet er damit keine Beziehungsgeschichten.
Birgit: Nee! (wir lachen)

DarkScene: Eigentlich wollte ich das am Anfang bereits ankündigen, eine meiner persönlichen gefürchteten Fragen, vor der ich mich auch immer selbst fürchte: die Frage nach dem Lieblingswitz. Ich kann aber noch am Ende des Interviews darauf zurückkommen, falls Ihr Zeit zum Nachdenken braucht.
Anna: Die schlechtesten Witze, ich kann mir die echt nicht merken!
Birgit: Ich kann mir auch keine Witze merken, das ist ganz schrecklich. Letztens musste ich über irgendwas total lachen. Aber ich denk mal nach.

DarkScene: Wie läuft eigentlich die Zusammenarbeit mit Eurer Plattenfirma F.A.M.E. Recordings?
Birgit: Sehr gut. Das ist ein ganz kleines Label mit Leuten, die sich unserer sozusagen richtig annehmen. Es ist ganz angenehm, mit ihnen zu arbeiten. Die sitzen auch in München.

DarkScene: Bei der Präsentation Eures Albums war ich ja bedauerlicherweise nicht dabei. Es ist doch eine etwas ungewöhnliche Idee, ein Album live anstatt im Studio zu präsentieren. Was hat Euch dazu bewogen?
Birgit: Meinst Du jetzt das Eröffnungskonzert in München oder meinst Du Sonnhausen?
DarkScene: Ich meine Sonnhausen.
Anna: Das war in Zusammenarbeit mit unserer Plattenfirma, oder?
Birgit: Die Idee hatte glaube ich unser Manager.
Anna: Wir wollten doch ursprünglich ein Unplugged-Konzert spielen?
Birgit: Genau. Wo wir ein paar Nummern akustisch spielen und der Rest kommt vom Band.
Anna: Dann kam uns der Gedanke, dass wir in Live-Auftritten eigentlich unsere Stärke sehen. Das ist auch ein ausschlaggebendes Argument für Presseleute, Vertriebsleute, Plattenfirmen und so, die wir eingeladen haben. Wir finden es wichtig, dass die uns mal live sehen und in einer Live-Show sehen, wie das abläuft. So kam dann die Idee, das zu machen. Und es gab eine gute Resonanz.

DarkScene: Man hat den Eindruck, dass Ihr Euch alle prächtig miteinander versteht und viel Spaß auf Tour habt. Gibt es mitunter auch Zwist oder passiert das eher selten bei Euch?
Birgit: Wir haben schon viele Krisen hinter uns. Mal gab es Beziehungen in der Band, dann wieder nicht mehr. (lacht) Das war auch eine Zeitlang sehr schwierig. Dadurch ergibt sich jetzt, dass jeder die Macken des anderen auch kennt. Kurzfristig sagt man vielleicht auch mal „Mensch, Du gehst mir jetzt auf die Nerven!“ oder „der nervt jetzt“. Das ist aber eher nur kurzfristig und spielt keine Rolle. Grundsätzlich haben wir ein ganz gutes Verhältnis.
Anna: So wie bei einer Familie, da willst Du ja auch manchmal Deiner Schwester oder Deiner Mutter sagen: „Jetzt halt doch mal die Klappe!“ (wir lachen) Das ist eigentlich ähnlich. Aber auch sehr gut, denn man kann alles sagen, ohne dass einer böse wird.

DarkScene: Habt Ihr jetzt nicht auch einen neuen Tour-Bassisten aus Österreich?
Anna: (lacht) Der ist gar nicht aus Österreich! Er hat nur einen neuen Haarschnitt. Das hat der Micha auf der DVD gesagt, und kein Mensch weiß bis heute, warum.
Birgit: Micha ist so ein Mensch, der lässt sich spontan irgendwas einfallen und sagt das dann einfach. (wir lachen)
DarkScene: Apropos Micha: War der Auftritt mit ihm eine Einzelaktion?
Anna: Nein, wir hatten auch in München den Eric Fish dabei.
Birgit: Das ist halt je nachdem, man versteht sich gut und bei besonderen Gelegenheiten borgt man sich mal wen aus. (lacht)

DarkScene: Einen Freund von mir interessiert noch brennend die Frage, ob Ihr theoretisch auch ohne Verstärker auftreten würdet, zum Beispiel auf Mittelalterfestivals.
Birgit: Das ist schwierig, da die Songs nicht darauf ausgelegt sind, akustisch dargeboten zu werden. Wir haben da die E-Gitarre und das Schlagzeug... das Schwierigste ist der Gesang. Den Gesang akustisch über den Dudelsack zu bringen ist kaum möglich. Deswegen machen wir das nicht.

DarkScene: Dann bin ich doch wieder dort angelangt, wo ich schon mal war, nämlich beim Witz. (wir lachen)
Birgit: Es ist aber kein guter. Also, worüber ich mal sehr gelacht hab, war der Geigerinnen-Witz ... er ist wirklich schlecht. Ähm ... der erste Teil des Witzes: Wie stirbt die Gehirnzelle einer Geigerin? – Einsam! (wir lachen) Zwei: Wie nennt man eine Geigerin mit zwei Gehirnzellen? – Schwanger! (wir lachen, Anna beginnt mit Birgit zum Spaß zu rangeln)

DarkScene: Ich danke Euch herzlich!
Anna: Danke auch, und viel Spaß beim Konzert!
DarkScene: Danke, ebenfalls!
:
(Zum Abschluss macht meine Freundin noch ein paar Fotos mit Anna, Birgit und mir auf der Couch, danach verabschieden wir uns endgültig und etwa 40 Minuten später legt das Sextett auf der Bühne entfesselt los. Aber das ist eine andere Geschichte!)
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