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Schandmaul - Folkrock-Märchenstunde mit dem 1.SC Handmaul
Schandmaul - Folkrock-Märchenstunde mit dem 1.SC Handmaul  
Seit über 10 Jahren schätzt die Fangemeinde von 8 bis 88 die FolkRockMärchenOnkelTanten des 1.SC Handmaul. Fellmeister Stefan gesteht den DarkScene-Lesern nun alles: von Anekdoten aus Russland bis zu Kindheit, Lego und Aquarium. Doch ausgerechnet beim Lieblingswitz geschieht das Unfassbare: Rollentausch!
Heimdall
Heimdall
(12 Interviews)
Was gibt es schöneres für den langjährigen Fan, als eine Band, deren Mitglieder trotz ihrer musikalischen Weiterentwicklung und zunehmendem Erfolg immer noch Menschen wie Du und ich bleiben? Hochmut und Starallüren muss man bei Schandmaul selbst mit dem Rastertunnelmikroskop vergeblich suchen. Fündig wird der DarkScene-Redakteur hingegen bei lockeren Anekdoten und tiefsinnigen Betrachtungen über eigene Kindheit und erhofften Nachwuchs. Die Einblicke gewährt diesmal Stefan, der seit 10 Jahren beim 1.SC Handmaul nachhaltig die Felle bürstet. Und der nimmt sich vor dem Auftritt in der Arena Wien am 6.11.2008 wirklich viel Zeit für unsere Leser! Wir beginnen das 45-minütige Gespräch mit Schmähführung, Gelächter und einem kühlen Ottakringer.

DarkScene: Wir sind jetzt auf Sendung mit dem Stefan vom 1.SC Handmaul. (wir lachen) Unser erstes Interview ist schon lange her, das war ganz spontan nach dem Konzert im Orpheum Graz im März 2003.
Stefan: Das war doch auch unser erstes Mal in Graz, oder? Vor 150 Leuten, ganz leer war's, die Leute sind anfangs gesessen ...
DarkScene: Genau. Sehr legendär! Danach bin ich mit Thomas, Ducky und Anna auf dem Boden des Orpheums gesessen und habe die Antworten blitzschnell per Hand mitgekritzelt.
Stefan: (lacht) Cool!
DarkScene: Nun also erstmal willkommen und Gratulation zu Euren Erfolgen mit dem aktuellen Album "Anderswelt" (zum Review), mit dem Ihr ja sehr lange und sehr konstant in den Charts wart.
Stefan: Ich weiß in Österreich - ich muss es gestehen - den Verlauf nicht ganz. Ich glaube, wir sind in Österreich auf Platz 40 gestartet, in Deutschland war's Platz 8 und wir waren 15 Wochen in den Charts. Das hat uns auch sehr überrascht. Sonst ist es oft so mit unserer Musik oder mit dem Heavy Metal: Du gehst schnell oben rein und gehst schnell wieder raus. Wir haben uns wirklich gewundert, denn wir sind jede Woche nur um ganz wenige Plätze gesunken, einmal wieder gestiegen, das war ordentlich. Das spricht wohl dafür, dass es viele Leute gab, die das Album ihren Kollegen geliehen haben, und die haben es sich dann gekauft ... The Rolling Stone.
DarkScene: So eine Art Nachhaltigkeitseffekt.
Stefan: Ja genau.


DarkScene: Ich habe am Rande mitbekommen, dass sich verschiedene Sender eher geziert haben, Euch zu spielen. War das wirklich durchgehend so?
Stefan: Immer noch. Schon alleine mit dem Bandnamen hast Du schon ein Problem. Da sträuben sich viele und meinen, wir sind Punkrocker. Und bei der Musik sagen viele: "Naja, Mittelalterband, Fantasy, nee, spielen wir nicht." Da ist kein Durchkommen, da ist so eine Sturheit und Verbohrtheit nach dem Einheitsbrei.
DarkScene: Dabei habt Ihr doch mittlerweile eine wirklich breite Palette an Fans.
Stefan: Richtig. In den ersten Jahren sind wirklich nur eingefleischte Folk- und Mittelalterfans zu uns gekommen, und mittlerweile stehen da auch optisch ganz normale Leute mit ihren Kindern, zum Teil auch ältere Leute.
DarkScene: Wie alt war denn Euer bislang ältester Fan?
Stefan: Ich weiß nicht mehr wo das genau war, und ich habe auch leider nicht mit ihm geredet, aber das war ein Typ, der war über 80. Ich weiß nicht, wie der dazu kam, ob er da vielleicht Verwandte hatte und deshalb mitgegangen ist? Auf jeden Fall kam er nachher zu Matthias, hat sich bedankt und gesagt, er sei 86 Jahre und es habe ihm so viel Spaß gemacht. Wow. Das tut gut!
DarkScene: Stark. Und der jüngste?
Stefan: Kinder sind oft bei unseren Konzerten. Es gibt auch in diversen Städten welche, die man immer wieder sieht. Zum Beispiel so ein kleines Mädchen, jetzt wird sie schon eine junge Frau, die seit 7 Jahren immer mit ihrer Mama kommt. Und die wachsen ja so schnell, die Kinder, wenn Du sie ein, zwei Jahre nicht gesehen hast! Dann dürfen sie auch oft im Graben stehen, damit sie nicht erdrückt werden.
DarkScene: Das ist ja sehr kinderfreundlich. Geht das von Euch aus, oder macht das die Security?
Stefan: Das macht die Security. Von uns aus können sie gern die Kinder da hin stellen. Manchmal gibt es eine sehr arrogante Security, aber auch oft coole Leute, die wirklich darauf kucken, dass die Leute Platz haben. Das liegt meist auch am Security-Chef. Wenn der seine Leute im Griff hat und die Weisung vorgibt, dass sie friedlich sind, dann sind sie auch cool.
DarkScene: Bei Euch geht es auch immer sehr zivilisiert zu. Die Leute sind mit Feuereifer bei der Sache und springen herum, aber zum Beispiel Schlägereien ...
Stefan: ... nee, gibt's nicht. Gar nicht. Der Thomas - da kommt er ja gerade! (Thomas kommt herein und begrüßt uns) Wenn es ihm zuviel wird und die Jungs vor der Bühne zu sehr abgehen, dann sagt er schon auch mal: "Beruhigt Euch mal wieder, springt nach oben, aber nicht zur Seite." Da hören sie auch alle drauf.
DarkScene: Wie steht es bei Euch eigentlich um Musikvideos?
Stefan: Ich persönlich habe sehr gerne Viva und MTV geschaut, als noch Musikvideos gelaufen sind. Da läuft heute doch gar keine Musik mehr! Ich hab' MTV noch in der Auswahlliste und zappe da manchmal drüber. Da seh' ich nie ein Video! Immer nur irgendwelche Soaps, Southparks und Klingeltöne. Also, dafür viele tausend Euros auszugeben braucht's nicht. Und im Internet stellen wir lieber einen der Podcasts rein, die Matthias immer wieder macht. Als wir zum Beispiel in Russland waren, hat er was gedreht, und wir stellen lieber sowas ins Internet. Das finden wir witziger, cooler, Du brauchst kein Geld ... besser als 15.000 Euros rauszublasen und dann spielt's keiner. Wir haben den großen Vorteil, dass unsere Kollegen von In Extremo einen Riesenerfolg haben, und wir können bei ihnen sehen: bringt das was oder bringt das nichts? Da kann man sich dann auch austauschen. Sie haben schon viele Videos gedreht, aber es ist schwierig, ein In-Extremo-Video überhaupt mal zu Gesicht zu bekommen, weil es kaum einer spielt! Das ist schade, und deswegen machen wir's nicht.
DarkScene: Ihr lasst also doch eher mal die Finger davon?
Stefan: Ja, denn wie gesagt: das Geld, das ein Video kostet, bei einer Band wie uns, die es ohnehin schwer hat, in Funk und Fernsehen zu kommen, geben wir lieber woanders aus.
DarkScene: Was hältst Du von Gastauftritten zum Beispiel in Filmsoundtracks? Vielleicht gibt es mal einen Regisseur, der Euch kennt und auf Euch zukommt?
Stefan: Fänd' ich cool! Das würde Spaß machen, auf jeden Fall unseren Horizont erweitern, und speziell Filmmusik ist etwas, wo ich mir ganz sicher bin, dass besonders Anna, Birgit und Thomas durchaus in der Lage wären, sehr gut Szenen, Motive oder Filme zu vertonen.
DarkScene: Was steht bei Eurem Kompositionsprozeß eigentlich am Anfang? Hat da zunächst jemand von Euch eine Melodie, um die sich etwas entwickelt, oder gibt es eine Idee für einen Text, den Ihr dann quasi vertont?
Stefan: Es gibt beide Varianten. Bei den Mädels steht öfters zunächst die Melodie, da sie eher die melodieführenden Instrumente spielen, und bei Thomas sind es oft Ideen, die er aus Büchern oder Hörspielen bekommt. Dann sitzt er da mit seiner Klampfe und fängt zu Jammen an. Eine meist sehr rudimentäre Lagerfeuerversion, heruntergeschrammelt und nicht viel arrangiert, wird den anderen vorgestellt, und dann geht es ins Detail. Es ist wie mit der Frage "was war zuerst, das Huhn oder das Ei?" ... mal so, mal so.
DarkScene: Kommt es auch vor, dass Du mal einen Rhythmus klopfst, um den sich dann ein Song entwickelt?
Stefan: Nee, eigentlich weniger. Ducky, Matthias und ich kommen meist erst an zweiter Stelle dazu. Nicht weil die anderen das so wollen, sondern weil wir einfach weniger komponieren. Matthias bringt immer wieder mal 'ne coole Bassline, und dann trommel' ich was dazu, und dann entsteht vielleicht was draus. Aber es ist nicht so, dass ich zuhause sitze und etwas überlege und dann den anderen vorspiele. Das gab's am Schlagzeug alles schon mal, damit kann ich nichts ausdrücken wie: "Da geht's jetzt um den Wolfsmensch, hört mal." (wir lachen)
DarkScene: Ihr habt nun schon einige Auftritte mit dem neuen Album "Anderswelt" im Gepäck absolviert. Wie waren die Publikumsreaktionen?
Stefan: Sehr gut. Das war auch unsere erfolgreichste Tour bisher. Es ist schön, dass es sich bei uns immer steigert. WIr hatten nie Einbrüche, sondern sehr viele ausverkaufte Hallen. In Deutschland hatten wir sogar einen 2000er-Schnitt. Wir hatten eine sehr noble Bühne, mit weißen Bilderrahmen und so. Da gab es viele Diskussionen wie: "das ist zu steril, wie passt das denn noch zur Band?" Aber dadurch, dass wir keine Pyrotechnik einsetzen, wollen wir visuell mit schönem Licht und schönen Farben arbeiten, und dafür brauchen wir Projektionsflächen. Ansonsten war das durchwegs positiv.
DarkScene: Ich muss mich jetzt ein bisschen einschleimen. (wir lachen) Anfangs konnte ich mich nicht so schnell in die "Anderswelt" reinhören, und mein Favorit war der "Narrenkönig", wie bei sehr vielen Fans. Inzwischen habe ich festgestellt, dass die Lieder vom "Narrenkönig" sofort eingängig sind, während die Lieder der "Anderswelt" sich mit der Zeit entfalten und dann jedoch viel reichhaltiger sind - so wie guter Wein, der mit der Zeit besser wird.
Stefan: Geht uns genauso! Es ist ein Faktum, dass der "Narrenkönig" unser "Master of Puppets" von Metallica ist, daran werden wir immer gemessen. Da sind unglaublich viele Hits drauf, es ist sehr eingängig, Du bist sofort drin, die Geschichten sind durchwegs positiv, und deswegen stehen so viele Leute drauf. In die "Anderswelt" muss man sich reinhören. Da sind so viele Nuancen, Facetten, Melodiebögen, Percussions irgendwo hinten drin ... das muss man entdecken, dafür muss man sich Zeit nehmen. Es hat für uns gut zusammengepasst. Wir haben uns sehr viel Zeit im Studio genommen, und der Titel "Anderswelt" war auch unser Motto: "jetzt abtauchen".
DarkScene: Ihr hattet im letzten Jahr sehr interessante Erfahrungen. Da war zunächst mal die Schiffsreise mit dem Fantreffen ...
Stefan: Wir machen einmal im Jahr ein Fantreffen, das ist Tradition bei uns. Das haben wir meistens in Bonn gemacht, frag mich nicht wie wir drauf gekommen sind - vielleicht weil unser Tourmanager Dirk sein Büro in Bonn hat? Die "Klangstation" ist so ein kleiner Laden, in dem wir vor 200 Leuten gespielt haben - wer zuerst da war, war dabei. Das haben wir zwei oder drei Mal gemacht und sind auf die Idee gekommen, jetzt mal was ganz anderes zu machen. Wir haben dann so ein Bummelschiff gemietet, wo die Oma sonst Sonntags auf Mosel und Rhein entlang fährt, haben unsere Instrumente mitgenommen und 600 Karten verkauft. Wir haben die Kosten einfach durch 600 geteilt und eins zu eins umgelegt, es hat dann 15-16 Euro für jeden gekostet. Wir haben 5-6 Stunden rumgegurkt, es gab dann auch noch Gegrille, und es war supercool. Das war auch total schnell ausverkauft. Etwas ärgerlich war unterm Strich nur, dass es zuviele Leute waren, um sich mit jedem zu unterhalten. Bei den anderen Fantreffen mit 250 Leuten hast Du noch mehr Möglichkeiten, mit den Leuten zu quatschen. Bei 600 Leuten wird es schon wieder fast zu schwierig. Aber wir hatten Bombenwetter und 35 Grad. Nächstes Jahr haben wir auch wieder was vor, aber diesmal gehen wir nicht aufs Schiff.
DarkScene: Wieviele der Fans beim Fantreffen sind denn auch in Eurem Schandmaul-Forum aktiv?
Stefan: Wahrscheinlich fast alle. Ich kann mir keine Namen merken, aber vom Gesicht her hab' ich jeden Zweiten gekannt. Entweder von vor der Bühne oder weil man sich im Forum schon mal geschrieben hat ... da waren viele alte Bekannte dabei.



DarkScene: Euer Forum hat eine sehr angenehme Atmosphäre, und vor allem Euer intensiver Kontakt mit den Fans macht es sehr besonders.
Stefan: Das macht uns auch großen Spaß, es ist nicht so dass wir uns dazu zwingen müssen. Nicht umsonst haben wir auch fast 12000 angemeldete Forumsmitglieder. Es liegt wohl auch am regen Austausch, den Bildern die wir reinstellen, den Berichten die Ducky schreibt, und dass jeder von der Band mindestens einmal pro Woche einen Beitrag reinschreibt oder jeden Tag mal online ist. Das ist ein reger Austausch, auch private PMs ... also mir macht das viel Freude.
DarkScene: Bald habt Ihr Euer 10-Jahres-Konzert. Seit Ihr schon aufgeregt?
Stefan: (lacht) Ha! Schlimm! Wir können alle seit Wochen nicht mehr schlafen. Es ist schon krass. Seit Mai ausverkauft, wir hätten also in eine noch größere Halle gehen können, aber da gibt es in München nur noch die Olympiahalle und das haben wir uns damals nicht getraut. (lacht) Das wird furchtbar. Es sind fast 7000 Leute in dieser Halle, das ist irrsinnig groß. Dazu kommt noch die Erwartungshaltung. Wir haben auch Busreisen organisiert, aus ganz Deutschland und eine Route aus Österreich. Es kommen alleine 1100 Leute per Bus, und das sind natürlich auch ganz große Fans. Es ist nicht einfach ein Konzert, wo man sagt: "die sind hier auf Tour, ich geh' mal hin", sondern die wollen wirklich mit uns feiern. Unser Set wird wahrscheinlich über 3 Stunden gehen. Aber wir werden heute auch sehr lang spielen, wir müssen nämlich Kondition aufbauen! Wir haben viel Respekt vor diesen 3 Stunden. Wir nehmen dann auch eine DVD auf, und wir wollen dass möglichst viel dabei ist, um eine ganz große Bandbreite abzudecken ...
DarkScene: Stimmt, da kommt viel zusammen.
Stefan: Jaja. Neues Album, zwei Jahre nicht in München gespielt, 10-Jahres-Konzert ...
DarkScene: Und dann kommt noch hinzu, dass Eure Fans eine Überraschung für Euch geplant haben.
Stefan: Ja, aber die gibt's erst am 15.11., da haben wir eine Party organisiert im Münchener "Backstage" - da kommen nochmal 1600 Leute. Aber wir haben auch eine Überraschung! (lacht) Das wird großartig, ein ziemlicher Knaller für alle. Wir überraschen uns ja auch in der Band immer gegenseitig.
DarkScene: Kleine Vorwarnung - am Ende des Interviews werde ich Dich nach Deinem Lieblingswitz fragen.
Stefan: Ohje! (lacht) Jetzt so spontan wüßte ich keinen, vielleicht fällt mir bis zum Schluß einer ein.
DarkScene: Vor kurzem wart Ihr in Moskau - ein ziemliches Abenteuer mit allem Drum und Dran, lange Fahrten und am Flughafen ein Nacktscanner. Wie war denn das?
Stefan: Ja, wir sind da drin gestanden. (lacht) Es war unser erstes Mal in Russland und ein Super-Erlebnis, ein rundum gelungenes Wochenende. Die Veranstalter waren sehr nett und haben sich bemüht, dass wir möglichst viel von Moskau sehen können: den Roten Platz, den Kreml, die weltberühmte Moskauer U-Bahn ... beim Konzert waren die 800 Leute auch total aus dem Häuschen, haben sich bedankt und gesagt, sie haben schon seit 3, 4, 5, 6 Jahren gewartet, dass wir endlich mal kommen. Die Menschen sind irrsinnig freundlich, viele Leute in unserem Alter sprechen sehr gut Deutsch, und oft bringen sie es sich selber bei, weil sie sehr interessiert an deutscher Musik sind. Es war einfach cool: Du fliegst nach Moskau mit der Gitarre in der Hand, wirst abgeholt von so einem Kleinbus, und dann der Moskauer Verkehr ist eine Katastrophe, teilweise sechsspurige Autobahnen in beide Richtungen mit Vollstau - da geht nichts, gar nichts! Oder wenn's vierspurig ist, fahren auch mal fünf nebeneinander. Es ist schon anders. War aber ein supergeiles Wochenende, hat auch vom Wetter her gepasst, die Stimmung war super ... das machen wir hoffentlich nächstes Jahr wieder.
DarkScene: Habt Ihr auch Überseereisen geplant, zum Beispiel nach Kolumbien?
Stefan: (lacht) Da musst Du den Thomas fragen, denn der weigert sich beharrlich, für längere Flüge in einen Flieger zu steigen.
DarkScene: Dann müsst Ihr eben wieder eine Schiffsreise machen. (wir lachen)
Stefan: Genau, eine Schiffsreise über den Atlantik. Nee, es gäbe Möglichkeiten, aber Du musst auch ausrechnen: was ist der Nutzen davon? Oder wenn Du es nur zum Spaß machst, was kostet Dich der Spaß? Denn mit 11 Leuten nach Moskau, 11 Flüge, 11 Visas, 11 mal Hotel für drei Nächte, das ist ein irrsinniges Geld. Und jetzt flieg' mal mit 11 Leuten nach Kolumbien. Aber natürlich ziehen sich die Kreise immer weiter, also: sag' niemals nie!
DarkScene: Ihr seid gute Geschichtenerzähler, habt aber noch keine Kinder in der Band. Was ist Deine Prognose für die nächsten fünf Jahre?
Stefan: Ich glaube, in fünf Jahren werden wir drei Kinder haben. Plus der Tochter von Matthias und seiner Freundin werden es drei bis vier Kinder sein.
(Birgit kommt herein, und Stefan fragt, was sie denn darüber denkt. Leider sind die Einzelheiten des Herumgescherzes kaum verständlich.)
DarkScene: Und mit Eurer Routine seid Ihr dann bestimmt die perfekten Märchenonkel und -Tanten.
Stefan: Hoffentlich! Wir können ihnen auch viele Geschichten über unsere gemeinsame Arbeit erzählen. Heute ist es ja besonders interessant, dass unsere Generation ihr Leben sehr ausführlich auf Video dokumentiert. Unsere Enkel können also die Schandmaul-DVDs von früher angucken, wir können ihnen da gar nichts vormachen. Früher war das anders, da gab es nur Erzählungen und bestenfalls Fotos. Da konntest Du alles mögliche erfinden! Inzwischen kann man den Kids nicht mehr so leicht einen Bären aufbinden. (lacht)



DarkScene: Möchtest Du selbst auch Kinder haben, um eines Tages Oma zu werden? (wir lachen)
Stefan: Klar. Ich möchte auch gerne viele Enkel haben, weil ich glaube, dass man mit denen weniger Arbeit hat als mit den eigenen Kindern. Deswegen gerne viele Enkel, aber dafür muss man auch fit sein, um das genießen zu können. So zwei, drei Enkel wären gut. Aber da muss erstmal ein Kind her! (lacht)
DarkScene: Was war Deine schönste Kindheitserinnerung?
Stefan: Ich hatte eine sauschöne Kindheit. Ich kann mich noch lebhaft erinnern, als ich von meinem Opa das erste Aquarium bekommen habe. Dieser heilige Moment, wo man zum ersten Mal in den Zooladen geht und die Fische nicht nur anschaut, sondern wirklich kauft und mit nach Hause nimmt ... das war schon super.
DarkScene: Hast Du dieses Aquarium noch?
Stefan: Nein, ich hatte zwischendurch ein, zwei Jahre keines aus Wohnungsgründen, bin aber dann in eine größere Wohnung gezogen und habe mir jetzt ein schönes großes 300-Liter-Becken hingestellt. In Erinnerung an meinen Großvater habe ich wieder eine Fischart darin angesiedelt, die er mir damals vor 23 Jahren gekauft hat. Das Aquarium ist mein Steckenpferd.
DarkScene: Was hast Du als Kind gerne gespielt?
Stefan: Ich habe am liebsten mit Lego gespielt. Die meisten Jungs hatten Lego und Playmobil, aber Playmobil hat mich nie so fasziniert. Das fand ich okay, aber Lego war meines. Und da vor allem Burgen, ich hatte fast ausschließlich Burgen. Weltraum hat mich überhaupt nicht interessiert.
DarkScene: Würdest Du mit Deinen Kindern und Enkelkindern wieder an diesen Burgen basteln?
Stefan: Würde ich, weil das ist ja das Schöne an Lego: es ist unkaputtbar, und ich habe das ganze Zeug noch bei meinen Eltern verpackt auf dem Speicher stehen. Irgendwann wird es hoffentlich wieder aktiviert.
DarkScene: Also wieder Nachhaltigkeit?
Stefan: Genau. Gerade heutzutage finde ich das wichtig. Selbst wenn die Eltern nichts kaufen, bekommen die heutigen Kinder von Omas, Opas und Verwandten so viele Geschenke, und sie können sich auf nichts mehr konzentrieren. Sie sind überfordert. Das wird noch verstärkt durch all diese digitalen Unterhaltungsmedien. Das ist doch total übertrieben, mit 6-7 Jahren "müssen" die Kids schon Handys haben. Aber was braucht denn ein Kind? Papier und Stift, den Rest macht die Phantasie. Kinder haben so viel Phantasie! Zwei Farben reichen, oder etwas Knetmasse. Aber heute gibt es bereits löschbare Plastiktafeln zum Schreiben, das braucht doch keiner!
DarkScene: Apropos unkaputtbares Lego: mit 13, 14 Jahren habe ich mit Freunden manchmal kleine Spielzeugautos mit Schweizer Krachern gesprengt.
Stefan: Das hab' ich auch gemacht. Aber nicht mit Lego, sondern es gab da so ganz billige "Made in Taiwan" - oder China? - Soldatenfiguren. Die habe ich auf Sandhaufen gestellt und dann die Klippen weggesprengt, mit diesen Lady-Krachern. Ich glaube, das machen alle Jungs. (wir lachen)
DarkScene: Hast Du auch das subjektive Gefühl, dass mit fortschreitendem Alter die Zeit immer schneller verfliegt? Was kann man dagegen tun?
Stefan: Ja, schon. Da gibt's eigentlich nur eines: möglichst bewußt leben!
DarkScene: Nenne drei Dinge, bei denen es Dir die Haare aufstellt - positiv wie negativ?
Stefan: Negativ, wenn die Kollegen schnarchen. Thomas und Matthias können so laut schnarchen, das ist unfassbar. Ich frage mich, wie sie am nächsten Tag noch einen Ton rauskriegen, aber es geht. Zweitens, wenn wir nach dem Wochenende wieder in den Proberaum gehen und der Rest der Kaffeetasse ... lebt. (wir lachen) Dieses Pelztierchen. Und positiv finde ich die Wahl in Amerika, denn dieses Land hat bewiesen, dass dort einige vernünftige Menschen leben, und das finde ich beeindruckend. Ich glaube, in Kenia gibt es jetzt sogar einen neuen Feiertag, dort tanzt die Oma von Obama. (lacht)
DarkScene: Was wäre Dir lieber: blind, taub, Rollstuhl oder Alzheimer?
Stefan: (sehr nachdenklich) Ich glaube, blind zu sein. Ich will in Wahrheit gar nichts davon. Am allerwenigsten möchte ich taub sein.
DarkScene: Hui, diese Frage war jetzt der volle Downer.
Stefan: Ja, allerdings!
DarkScene: Interessierst Du Dich allgemein oder speziell für Wissenschaft?
Stefan: Wissenschaft ja, vor allem aber Bereiche wie Biologie und Ökologie. Ich bin kein Technikfuchs.
DarkScene: Mit Stichworten wie "Bio" und "Nachhaltigkeit" rennt man bei Dir also offene Türen ein?
Stefan: Ja, auf alle Fälle. Muss man ja auch! Ich finde es total unlogisch, Dinge zu konsumieren, die nicht gut für mich sind.
DarkScene: Stichwort "ökologischer Fussabdruck" - selbst wenn wir unseren Lebensstandard komplett auf Nachhaltigkeit trimmen, verbrauchen wir die Ressourcen von mehr als zwei Erden - folglich müssen wir uns irgendwann extrem einschränken.
Stefan: Wir oder unsere Nachkommen. Die werden es ausbaden dürfen.
DarkScene: Von der Wissenschaft zur Gretchenfrage: wie hältst Du's mit der Religion, oder Spiritualität im Allgemeinen?
Stefan: Spiritualität auf alle Fälle. Ich bin römisch-katholisch getauft und war in der Schule im Religionsunterricht, bin aber ausgetreten aus der Kirche, weil ich das einfach einen totalen Schwachsinn finde. Nicht den Glauben an und für sich, denn Glaube ist etwas ganz wichtiges für Menschen. Interpretation ist jedem selbst überlassen, aber diese Regeln in der römisch-katholischen Kirche, das ist einfach so altmodisch, überholt, also - ich find's furchtbar. Ganz schlimm. Priester, die nicht heiraten dürfen, aber über Familie und Kinder predigen ... da hat der Luther schon einiges richtig gemacht. Wenn ich mal Kinder habe, dann muss ich natürlich mit meiner Frau diskutieren, aber ich würde sie gerne protestantisch erziehen lassen. Römisch-katholisch finde ich so ... mittelalterlich. Ich verstehe auch nicht diese Engstirnigkeit. Glaube ist ja auch ein Machtinstrument: Du machst den Leuten Angst und nutzt diese Angst dann, um sie zu manipulieren. Das finde ich besonders schlimm, dass dieser Glaube dann oft missbraucht wird. Oder dass jede Religion predigt, dass man eigentlich friedlich miteinander umgehen soll, und dann wird es aber anders interpretiert und man nutzt das nur aus, um seine Macht durchzusetzen. Das ist nicht meine Kiste.
DarkScene: Da merkt man auch den Einfluss der Korruption, die letztlich alles zerstört.
Stefan: Ja. Es ist auch alles scheinheilig. Schau Dir an, wie die Kirche im Dritten Reich mit dem NS-Regime zusammengearbeitet hat. Das ist nicht mein Ding.
DarkScene: Heuer ist doch auch das 15-jährige Jubiläum von WETO ...
Stefan: Ich bin ja kein Gründungsmitglied, nur Aushilfstrommler seit Jahren. (lacht) Ich weiß gar nicht, wann die Jungs angefangen haben.
DarkScene: Warum sollten Schandmaul-Fans ein Ohr für WETO riskieren? Oder auch für Eure anderen Nebenprojekte wie von Anna Katharina?
Stefan: Weil es einfach die einzelnen Facetten unserer Schandmaul-Musik ... ich will nicht sagen "verbessert", aber Schandmaul ist eine Mixtur unterschiedlicher Klangfarben, und bei unseren Nebenprojekten ist es klarer definiert: der Rock-Bereich, der Folk-Bereich, der Mittelalter-, der weltmusikalische Bereich. Es ist separierter, die Kontraste sind klarer. Man hört halt einfach die Charakteristiken besser raus.
DarkScene: Kommen wir also nun wieder zum Lieblingswitz. Was hat Dein Unterbewusstsein für Vorarbeit geleistet?
Stefan: Ohje. (lacht) Ich finde Witze super und lach' mich schlapp, und wenn Du mich 10 Minuten später fragst, weiß ich keinen mehr. Ich kann mir keine Witze merken.
DarkScene: Darf ich Dir stattdessen einen erzählen?
Stefan: Gerne! (lacht) Dann wird das vielleicht mein Lieblingswitz.
DarkScene: Ein Mann geht zum Apotheker und fragt: "Entschuldigen Sie, haben Sie etwas gegen Hämorrhoiden?" - Darauf der Apotheker: (deutet mit Handbewegung auf alle Medikamente) "Do, schaun's: ois für'n Oasch." (wir lachen)
Stefan: Der ist schön kurz, aber ich fürchte, ich werde sogar den bald wieder vergessen.
DarkScene: Lieber Stefan, vielen Dank für dieses sehr ausführliche Interview, und viel Spaß am Konzert!
Stefan: Gern geschehen, immer wieder gerne! Auch Euch viel Spaß!

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