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Danke, das war's. Das Jahr ist gelaufen. Zuerst kredenzen uns Faith No More mit "Sol Invictus" zum zweiten Mal in ihrer Karriere das Album Of The Year und gleichzeitig auch das Comeback des Jahrzehnts, das eigentlich eh schon alles Übrige an Metal heuer (und wohl auch im nächsten Jahr) vollkommen obsolet macht. Und dann, sozusagen als Sahnehäubchen auf der Metal-Kirschtorte noch diese unfassbare Großtat der ewigen Underdogs Armored Saint: Ja, das Jahr 2015 ist ein wunderschönes … aber ganz sicher nicht, weil sich die Metalszene gar so toll erneuert und täglich gefühlte 25 Newcomer von schwarzdunkel bis bunt-gescheckt aus dem Ei, der Hölle oder wahlweise dem Schminktopf schlüpfen. Nein, sicher nicht deswegen. Aber ich gebe es zu: Mich interessieren all die jungen Nachwuchsbands nicht die Bohne, die da beinahe täglich im Dutzend ihre zutiefst unoriginellen und unnötigen Machwerke auf die anscheinend trotz Wirtschaftskrise immer noch unvermindert kaufwütige Metal-Fanschar loslassen. Da wird jeder noch so beschissenen Retro-Band die ultimative Metal-Brothers-Credibility zugesprochen, Hauptsache man trägt Kutte, Venom-T-Shirt und Stretch-Jeans, die so tight anliegen, dass man zum Umziehen mit einem Skalpell rausoperiert werden muss. Die Musik ist sowieso Nebensache, ein paar Judas Priest-Riffs, dazu wahlweise Grunz oder Hodenknacks-Ultraschallgeplärre, ein paar Yngwie Malmsteen-Gedenksoli in halber Geschwindigkeit und fertig ist der trueste Metal zwischen Göteborg und Tuttlingen, billigst "produziert" und zusammengeschwindelt am heimischen PC, denn Studios braucht man dank Festplatte und Copy-Paste-Funktion nicht mehr. Das geht heute im elterlichen Wohnzimmer viel gemütlicher und Pro-Tools bekommt man auch schon zum schülerfreundlichen monatlichen Abo-Preis, da bleibt sogar noch was übrig fürs Kerry King-Gedenknagelarmband und einen Besuch beim Vokuhila-Spezialisten um die Ecke. Und falls man mit dem 47. Regurgitat aus Slayer-Riffs und Black-Sabbath-Drumming wider Erwarten doch keinen Vertrag bei einem der 5000 Metal-Kleinstlabels bekommt, kann man immer noch über Crowdfunding seine eigene Vinyl-Scheibe pressen lassen. Nein danke, das alles will ich nicht, und schon gar nicht, solange die Originale noch munter und aktiv sind. Warum dann zu einer minderwertigen Kopie greifen? 500 neue Nachwuchs-Metal-Veröffentlichungen pro Monat braucht kein Schwein, nicht mal der durchgeknallteste Sammler mit eigenem Regal für chilenische Underground-"Perlen" aus den frühen 1980ern. Ich sage: "Geht’s scheißen, ihr jungen "Künstler", oder besser wieder zur Schule und lernt's was Gscheites."
Was das nun mit der neuen Armored Saint-Scheibe "Win Hands Down" zu tun hat? Eigentlich nicht viel, außer dass das nunmehr siebte Studioalbum der gepanzerten Heiligen in 30 Jahren in der Veröffentlichungsflut zwischen 18-jährigen Black Metal-Kasperln und pickeligen True Metal-Peinlichkeiten wohl wieder vollkommen untergehen wird. Doch trotz ewigen Underdog-Daseins sollten Armored Saint mit diesem Hammeralbum zumindest ein paar Album des Monats-Titel abstauben und vielleicht einigen super-ignoranten Jungmetallern die Augen öffnen, dass es die Alten eben doch am besten können. Armored Saint sind purer US-Metal ohne aufgesetztes Image (zumindest seit die Jungs nach Raising Fear ihre Ritterrüstungen verpfändet haben), dafür mit geradlinigen, aber trotzdem originellen und anspruchsvollen Songs, mit einer bretterharten Rhythmus-Sektion und dem derzeit sicher begnadetsten Metal-Vokalisten an der Frontlinie. Anthrax sollten sich immer noch täglich 666 mal in den Allerwertesten beißen, dass sie John Bush vor ein paar Jahren gingen ließen. Denn trotz aller Klasse von Joey Belladonna waren die Alben mit John Bush einfach die cooleren Scheiben. Sein Input bei Anthrax muss massiv gewesen sein, denn bei den Saints zeichnet er zusammen mit Bassist Joey Vera, bekanntlich seit Ewigkeiten auch in den Diensten der Prog-Götter Fates Warning, für das gesamte Songwriting verantwortlich. Schon der Opener "Win Hands Down", der zugleich mit voller Wucht einschlägt und trotzdem derartig leichtfüßig dahingaloppierend, kann beinahe als Blaupause für den perfekten Metal-Song stehen, voller origineller Riffs, großartiger Melodien und einem Refrain, der einem den ganzen Tag nicht mehr aus dem Schädel will. Da wird sofort klar, dass Armored Saint stärker denn je zurück sind und nach dem zwar bärenstarken, aber doch ziemlich verhalten-rockigen "La Raza" wieder voll im fetten Metal-Saft stehen. In eine ähnliche Kerbe wie der Opener schlagen dann "Mess" und "An Exercise in Debauchery", bevor mit "Muscle Memory" ein weiterer Song des Jahres folgt. Zwar keine Ballade, hebt "Muscle Memory" jedoch ruhig und verhalten an, nur um sich dann beim Refrain in einer absoluten Hymne zu entladen. Hier kann John Bush wirklich zeigen, welch vielseitiger Vokalist er ist, eine unverkennbare Stimme, zudem absolut sympathisch (und mit einer der besten Frisuren im Business gesegnet). Nach dem Uptempo-Stampfer "That Was Then, Way Back When" präsentieren uns die gepanzerten Heiligen dann mit "With A Head Full Of Steam" eine Premiere in der Bandgeschichte, denn erstmals ist hier John Bush nicht alleine für die Vocals verantwortlich. Er teilt sich den Gesang mit Pearl Aday, ihres Zeichens blonde Rockröhre und Tochter von Meat Loaf, in dessen Band sie auch jahrelang sang. So ganz nebenbei ist sie auch mit Anthrax' Scott Ian verheiratet, es dürfte also nicht wirklich böses Blut zwischen Bush und seinen Ex-Kollegen von der Milzbrand-Fraktion geben, wenn Mr. Ian seinem Haartrachts-Buddy so locker die Frau leiht (wenn auch nur als gesangstechnische Unterstützung… zudem wird Ms. Aday auch selbst noch über gewisse Selbstbestimmung verfügen, nicht dass da jemand dem Professor unterstellt, von Gleichstellung der Frau noch nichts gehört zu haben.) Als weitere Überraschung darf dann die großartige Ballade "In An Instant" gelten, die mit Akustikgitarren und Klavier aufwartet und ein weiteres Mal John Bush als ultimative Metal-Stimme bestätigt. Wenn das endlich auch die breite Käuferschicht begreifen würde, könnte man endlich an Gerechtigkeit glauben. Aber leider werden wohl die Sabatons und Arch Enemys dieser Welt wieder ordentlich absahnen, während Armored Saint nach über 30 Jahren immer noch keine Millionen scheffeln. (Immerhin hatten sie mal einen Major-Deal, wovon all die Nachwuchs-Copy-Paster wohl ewig nur träumen können.) Aber wahrscheinlich ist dies die Strafe dafür, dass der letzte Song "Up Yours" zwar gutklassig, aber nicht der absolute Brecher ist. Wie meinte doch kürzlich jene blonde Metal-Frau aus dem Umfeld von Darkscene, die wirklich mehr von der Sache versteht, als jeder Jungfurz mit Deaf Forever und Rock Hard-Abo: "Die schaffen nie einen wirklich guten Rausschmeißer." (…wobei "Up Yours" ehrlicherweise immer noch tausendfach besser ist, als das Gros dessen, was man gemeinhin aus der Nuclear Blast-Einheitsbrei-Maschinerie zu hören bekommt.) Zum spitzenmäßigen Songwriting und den Supermusikern gesellt sich dann auch noch eine bretterharte, trockene Produktion, fernab jeglicher austauschbarer Digital-Matsch-Brachial-Sounds, wie sie heutzutage im Konserven-Plastik-Metal ja so hip zu sein scheinen. Kein Wunder, denn bei Armored Saint macht das ja Bassist Joey Vera selbst und kein Herr Peter Tägtgren oder Andy Sneap. Auch textlich braucht sich Win Hands Down hinter keiner Konkurrenz zu verstecken. Denn anstatt der zigfach ausgelutschten Fantasy- oder Todesthematik gibt es hier von John Bush persönliche und intelligente Lyrik, wie sie tatsächlich nur ernsthafte Musiker zustande bringen können. Aus all diesen Gründen gibt’s vom Professor daher diesmal 9 von 10 Ritterhelmen mit Heiligenschein plus 1/2 Spielzeugschwert aus Schwermetall, auch wenn Armored Saint diese Geschmacksverfehlung aus Jugendtagen heute nicht mehr so oft zücken. Schon gar nicht, wenn man den besten Metal-Sänger und die knackigsten Metal-Songs der gesamten Szene im Repertoire hat. Da darf man wirklich allen Newcomern einen fett grinsenden Stinkefinger entgegen strecken und hoffentlich endlich einmal wirklich Kohle verdienen. Long live the Saint und alle anderen können echt wirklich und mit sofortiger Wirkung abkacken gehen. Denn die wahren Saints stecken alles in die Tasche, ohne auch nur einen Finger rühren zu müssen, hands down sozusagen. Und dem Professor geht bei solch großartigem Sound schon wieder einer ab… und alles auf die Stretch-Jeans, bitch. Trackliste
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Reviews
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