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Eigentlich will ich in die frühere Biographie der Briten gar nicht tief eintauchen, denn dass Cradle Of Filth zu den größten und erfolgreichsten (Black-) Metal Bands der Neunziger und Neuzeit zählen, weiß Frau und Herr Metaller Land rauf, Land runter und so weiter. Und dass die Herrschaften in jener Phase bis zum Erbrechen polarisiert haben und dies bis in die Gegenwart – wenn auch nimmer derart provokant und ausschweifend – noch praktizieren, ist ja auch kein Geheimnis. Mir war schon damals klar, dass sich unter solch durch geklügelter Promotion viele (vor allem junge) Fans schnell blenden lassen und nicht wenige wegen solch "tollen" Shirts zu "Fans" mutierten, obschon die Musik selbst mit hoher Wahrscheinlichkeit nur der Freund der Freundin des Freundes kannte. Oder war es doch der Cousin? Egal. Der Backkatalog der 1991 gegründeten Kapelle bestand bis dato aus den Alben "Principle Of Evil Made Flesh" (1994), "Vempire (or Dark Faerytales in Phallustein)" (EP, 1996), "Dusk ... And Her Embrace" (1996) und "Cruelty And The Beast" (1998).
Tatsache ist, dass spätestens seit dem Release von "Midian" auch meine, der Gruppe bis dorthin eher verhalten gegenüber stehende Person zugeben musste, dass Dani und Co. doch deutlich mehr drauf haben, als nur tonnenweise, gelinde gesagt "aneckende" T-Shirts an Sinn-suchende Jugendliche zu verkaufen (in den besten Zeiten zwei volle Seiten im EMP Katalog). Weitere Tatsache ist auch, dass bereits dazumal das "Schwarze" im Metall der Filth-Läuse angezweifelt wurde. Nicht zuletzt deshalb, weil etliche Gothic Elemente von Scheibe zu Scheibe mehr Einzug erhielten und eigentlich mehr noch, weil aus dem Lager der Black Metal Puristen erfolgsbedingter Ausverkauf selbiger Marke kritisiert wurde. Selbstverständlich, mit Black Metal im ursprünglichen Sinn haben COF ungefähr so viel gemein, wie Hochlandrinder mit Tiefseetauchkursen. Trotz alle dem fegte die Wiege des Schmutzes hier alles vom Tisch, was nur annähernd als musikalische Inkompetenz zuvor angeprangert wurde, denn "Midian" entpuppte sich schnell als ein höchst überzeugendes Statement, welches Cradle Of Filth schließlich erst recht in höhere Erfolgssphären für einige Jährchen hieven sollte. Die Neider wurden deshalb nicht weniger und inzwischen werden auch alternative Begriffe wie Dark Metal oder Vampyric Metal für den Genreübergreifenden Stil der Engländer in den Mund genommen. Natürlich blieb auf "Midian" das künstlerische Grundkonzept selbiges, nur verstanden die Briten auf ihrem vierten Album es vorzüglich, ihren Stil nochmals zu verfeinern, den Tracks mehr Struktur zu verleihen und die ein oder andere kleine Neuerung hinzu zufügen, und seien es nur Sprechsequenzen berühmter Persönlichkeiten – aber dazu später. Dass im Zuge dessen einige ihrer besten Songs innerhalb der zwanzigjährigen Karriere entstanden sind, ist für den Schreiber nach wie vor klare Sache. Natürlich, wer dem Gekreische und Gekeife (das wohl markanteste Merkmal der Truppe) von Sänger Dani und sämtlichen, femininen Gesangsparts nichts abgewinnen kann, wird für die brillante, instrumentale Darbietung ebenso wenig Begeisterung finden oder gar genervt die Mucke abdrehen. Die beste und zugleich "bombastischste" Produktion (dank John Fryer) bis dato trug ihres bei, dass solch aufwendig arrangierte Hammertracks wie "Cthulu’s Dawn", Saffron's Curse", "Lord Abortion", "Creatures That Kissed in Cold Mirrors" und "Her Ghost In the Fog" samt ihren zahllosen Details gänzlich zur Entfaltung kommen. Die metallische Energie in Form von durchbrechenden Riffgewalten, rigoros harten und zugleich akzentuiert gespielten Drums wurde nämlich nicht gebremst, sondern perfekt eingefangen und dank sakraler Chöre, stimmigen Symphoniebögen sowie wiederkehrenden Schauderphrasen aus der Konserve richtiggehend bereichert. Ein Balanceakt, der hier fehlerfrei gemeistert wurde. Stilistisch hört man neben klassischen Stahl-Harmonien ebenso garstige Thrash sowie Death Elemente, die aufgrund ihrer majestätischen oder teils patriarchischen Einfärbung ein besonders dunkles, machtvolles aber nicht minder graziles Flair hinterlassen. Wer hier noch von "wimpy" faselt, ist entweder taub, oder will aus reinem Trotz sich einfach nicht eingestehen, dass Cradle Of Filth verdammt viel heißen Metal im Arsch haben und Blastbeats genau dort einzupflanzen wissen, wo sie letztlich hingehören. Somit entsteht während dieser einstündigen, immer wieder imposant und beklemmend inszenierten Horrorshow eine Art Soundtrackfeeling, die im grandiosen, von atemberaubenden Rhythmuswechseln gezierten "Death Magick For Adepts" (!) ihren vorläufigen Höhepunkt findet und beim achtminütigen Epic-Masterpiece "Tearing The Veil From Grace+ alle Sinne verzaubert. Dieses Meisterwerk markiert überdies den souveränen Einstand von Keyboarder Martin Powell und Superdrummer Adrian Erlandson. Letzterer verdrosch kurz zuvor bei At The Gates und The Haunted die Felle und nahm 2006 bei den Beschmutzten wieder Reißaus. Sarah Dezebel Deva, die bereits als Gastvokalistin Alt und Sopran für Covenant und Therion ("Vovin") sang, ist seit 1996 ("Vempire") auf jedem COF Longplayer zu hören und somit wertvoller Bestandteil der Kapelle. Wichtig auch die Erwähnung von Autor Clive Barker und seiner Novelle "Nightbreed", bei dem die Verwendung des Namens "Midian" vom Majestro höchstpersönlich genehmigt wurde. Das i-Tüpfchen allerdings war die erste Zusammenarbeit mit Sir Doug "Pinhead" Bradley, der fortan einige Sprechsequenzen dem Sextett zu kommen ließ (u. a. auch auf "Nymphetamine" oder "Thornography"). Zwar ist "Midian" kein Konzeptalbum im engeren Sinne, jedoch wurden diverse Zitate in den Songs eingepflanzt. Überhaupt pflegt es seit frühen Tagen Bandleader/Sänger Daniel Lloyd Davey, in seinen, nicht immer leicht verständlichen Lyrics Unmengen dunkler Poesie und philosophisches Gedankengut sowie "Vampirismus" einfließen zu lassen. Dass er zur gleichen Zeit für den Low-Budget Splatterfilm "Cradle Of Fear" eine Rolle erhielt, war zwar wieder einmal gut für Publicity, über die Qualität des Streifens sollte man jedoch das Mäntelchen des Schweigens legen. Zu Cradle Of Filth kann man hingegen stehen wie man will, mich persönlich haben sie immer wieder überrascht, vor allen Dingen haben sie dies mit "Midian" vollbracht – nach wie vor ein fantastisch-pomp(b)öses Hörerlebnis! Trackliste
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Reviews
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