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Kreator - Kreator Interview Pt. 1
Kreator - Kreator Interview Pt. 1  
Darkscene bat einen DER Köpfe des Thrash Metal anlässlich des 25jährigen Veröffentlichungsjubiläums vor das Mikro, wo uns der Kreator Mastermind Rede und Antwort über das letzte Vierteljahrhundert Kreator stand.
RedStar
RedStar
(3 Interviews)
Anläßlich des Thrashfests in Wien bekamen wir die Möglichkeit, mit einem DER Köpfe des (Thrash-)Metals zu sprechen. Da sich der als sozialkritisch, intelligent und politisch denkend bekannte Mille auch in der Realität als interessanter Gesprächspartner sowie in guter Sprechlaune präsentierte, geben wir das Gespräch ungekürzt wieder. In Kürze folgt hier Teil 2 des unterhaltsamen und anregenden Plausches mit dem Kreator – Mastermind.

Was es mit dem schneebedingten Stau vor Prag auf sich hatte und wie die Tour bislang so verlaufen war, konntet ihr ja bereits im Interview mit Exodus-Chef Gary Holt nachlesen, sodass sich die folgenden Zeilen weniger mit der Tour, sondern ausschließlich mit Kreator befassen sollen.

Nach der Rückkehr aus einem Wiener Fitnessstudio, wo er der Körperertüchtigung frönte und einer anschließenden Stärkung nahm ein relaxter Mille auf dem Backstage – Sofa der Arena Wien Platz und stellte sich unseren Fragen…



DarkScene: Mille, ihr habt 25jähriges Veröffentlichungsjubiläum (Albumdebut "Endless Pain") – hättest du dir 1985 erträumen lassen, dass du mit deiner Band im Jahre 2010 noch solch große Tourneen spielst?

Mille Petrozza: Ehrlich gesagt, habe ich mir über so was weder 1985 noch 2010 Gedanken gemacht, das geht auch gar nicht, im Leben passiert immer das Unerwartete. Es kann sein, dass ich z.B. morgen von einer Straßenbahn überfahren werde, deswegen kann man nie in die Zukunft blicken, aus diesem Grund haben wir auch damals nicht darüber nachgedacht, was 2010 sein könnte. Für uns war 1985 das Jahr 2000 noch so, … wir dachten da fahren wir mit fliegenden Autos durch die Gegend, das ist aber alles nicht passiert, im Prinzip ist alles noch in Ordnung, alles noch so wie 1985, nur die Technologie hat sich auch in eine andere Richtung entwickelt, Stichwort Internet und so. Aber ich bin natürlich froh, dass wir mit Kreator immer noch da sind.

DarkScene: Ihr habt euch über die ganze Zeit - trotz aller Professionalität – immer den jugendlichen Biß, den Spirit bewahrt….

Mille Petrozza: Das muss man ja auch.

DarkScene: Wie schaffst du das, du bist ein erwachsener Mann und wir haben schließlich nicht mehr 1985?

Mille Petrozza: Vom Kadaver her bin ich erwachsen, ja, aber vom Kopf her bin ich immer noch so.

DarkScene: Man braucht ja, um Thrash Metal zu spielen eine gewisse Aggression…

Mille Petrozza: Du musst dir das so vorstellen, es gibt in meinem Leben Konstanten, die wahrscheinlich mit Thrash Metal überhaupt nicht viel zu tun haben. Wenn ich privat zu Hause bin, dann mache ich eigentlich Sachen, die haben mit Metal überhaupt nichts zu tun. Wenn ich aber dieses „Kreator-Ding“ mache…das ist ja ein Konzept, das ist wie so ein Modus im Kopf, den kann ich umschalten (schnippt mit den Fingern) und dann ist das vom Gefühl und der Energie her genau zu 100% so zu sein wie 1985 oder was weiß ich was. Weißt du, Musik zu machen macht mir noch genau so viel Spaß wie am Anfang, ich sehe es einfach als Herausforderung, für mich ist jedes Konzert wie so ein Neuanfang. Und wenn ein Konzert gut ist, dann ist es erstmal wie so eine Hürde, das ist für mich dann wichtig.

Auf dieses „25 Jahre-Ding“ zurückkommend denke ich genau so in Bezug auf Planung. Wenn ich jetzt z.B. sage, ich plane das nächste Kreator – Album, dann kann ich dir nur sagen, ich habe erst Ideen für 5 Songs (Anm.: das Interview wurde im Dez. 2010 geführt), d.h. das Album ist noch nicht fertig, wann es rauskommt, weiß ich noch nicht, wir haben Plan 2012 und ich hoffe, dass wir das schaffen. Wir lassen uns so lange Zeit, wie´s braucht und setzen uns nicht selbst unter Druck.

Ich bin der Meinung, dass Metal oder Musik generell ne Kunstform ist, das können andere Bands anders sehen, ich seh´s als Kunstform, als Möglichkeit des Ausdrucks und es ist ne Sache, die man superernst nehmen sollte. Es gibt viele Bands, die´s nicht so ernst nehmen, es gibt viele Bands, die dann aber trotzdem gut sind, die das aber nicht so sehen wie ich. Aber ich seh´s eben so…die Musik, ein Song muss eben wachsen, wenn du eine Idee hast, dann heißt das nicht, dass die erste Idee gleich gut ist. Manche Ideen, die du hast, sind sofort gut und du hast sofort nen Song, innerhalb von 3 Minuten, aber oft ist es aber so, dass ein Song über 1 Jahr, über 2 Jahre wächst.



DarkScene: Wie schaffst du es - du bist ja ein tiefgründiger, politisch denkender, sozialkritischer Mensch - den Schalter umzulegen, um auf der Bühne Mille das Tier zu sein, mit Aggressionen und dem "Pleasure To Kill" – „Ding“?

Mille Petrozza: Man bewertet das immer ein wenig über, guck mal, wenn ich jetzt z.B in Interviews mit dir rede, dann bin ich ja eher privat, ich könnte jetzt natürlich so eine Art Kunstfigur auch außerhalb der Bühne darstellen. Wenn ich auf der Bühne bin, bin ich dann wahrscheinlich jemand anders. Wenn ich mit dir jetzt über irgendwelche politischen Sachen rede, dann ist das meine persönliche Meinung, die du von mir als Privatperson zu hören kriegst. Vielleicht sollte ich das nicht so vermischen.

Viele Bands machen das ja so, die äußern sich politisch gar nicht, um eben genau das aufrecht zu erhalten, dass sie nach außen hin so eine Art Entertainment – Figur sind. Das ist mir nicht genug. Wenn wir uns jetzt unterhalten, dann wäre es für mich total „Fake“ zu sagen: „ich äußere mich nicht politisch“; wenn du etwas von mir wissen willst, dann kann ich meine Meinung sagen, das heißt aber nicht, dass ich irgendwie mehr weiß als andere Leute, viele denken ja wahrscheinlich, ich lese den ganzen Tag nur irgendwelche politischen Schriften, das ist aber überhaupt nicht mein Ding.

Ich bin eher so….instinktiv, ich sage, was mir passt und was mir nicht passt…für mich ist es auch nicht so politisch, für mich ist eher mehr so „Common-Sense“ Denken, das ist eine Geschichte, die hat mit logischem Denken zu tun, dass du dich nicht einfach mit den Gegebenheiten zufrieden gibst. Das ist auch so wie ich Metal empfinde und überhaupt Subkultur, sich vom Mainstream abzusetzen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, da eine Identität zu bewahren und dazu gehört für mich eindeutig kritisches Denken.

DarkScene: Findest du, dass die Menschen kritischer oder angepasster geworden sind in Bezug auf die letzten 25 Jahre?

Mille Petrozza: Es kommt immer auf die Leute an, man kann jetzt nicht pauschal sagen, die Leute sind so und so geworden, das finde ich zu einfach. Es erschreckt mich manchmal, wie viele von den Leuten, die früher einen völlig individuellen Weg gegangen sind … wie angepasst die jetzt geworden sind, das kennst du aus deinem Freundeskreis wahrscheinlich genau so wie ich aus meinem. Das heißt aber nicht, dass die Leute dadurch schlechter sind, d.h. einfach nur, dass sie sich in eine andere Richtung entwickelt haben. Andererseits bin ich aber auch immer wieder überrascht, wie die Kiddies….wir haben jetzt über die Jahre auch ganz viele junge Leute im Publikum….so 18, 19jährige…die sind dann quasi so wie wir in 19hundertwasweiß80 waren, mit denen spreche ich dann wirklich so auf Augenhöhe und das ist super positiv.

Es gibt natürlich auch dieses Unpolitische, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Unpolitisch bedeutet für mich, keine Meinung zu haben, und das finde ich so schade, wenn sich die Leute auf so ein Neutrum runterreduzieren. Ich kann es zwar nachvollziehen, weil es macht das Leben natürlich supereinfach, das sind aber meistens auch die Leute, die über irgendwelche Leute meckern, die ihnen die Jobs wegnehmen oder so. Die sagen dann immer: „ich bin unpolitisch aber ich weiß auch nichts über Politik und ich sag jetzt mal pauschal der kommt hier hin und will was von mir“.



DarkScene: Hast du das Gefühl, dass du die jungen Leute mit deiner Musik anstößt, dass sie sich mit Politik beschäftigen?

Mille Petrozza: Das ist immer so eine Idealsituation. Ich hab ja über die Jahre mit ganz vielen Leuten gesprochen, ich möchte jetzt nicht sagen, dass ich jetzt so einen „messianischen Auftrag“ habe, Leute zu bekehren, das wäre weit hergeholt, das will ich mir auch nicht aufhalsen sowas. Was ich sagen muß: Ich hab einfach mit vielen echten Kreator Fans gesprochen, die auch Tattoos haben auf der Brust oder dem Arm, die sagen mir: Ey, ich war ein Junkie und als ich eure Musik gehört habe, hat mir das etwas Positives gegeben. Und da bewegt man schon eine ganze Menge, das ist unglaublich, wie viel Kraft Musik haben kann, das kann auch andere Musik oder ein Elektro-Song sein, das ist immer eine Geschmacksfrage. Wenn wir eben auch 3 Leute auf der Welt erreichen und etwas verändert haben, das ist dann so viel …viel mehr als andere in ihrem ganzen Leben erreicht haben.

DarkScene: Apropos junge Leute – was suchen diese im Thrash Metal? Im Moment kann man ja von einem echten Thrash – Revival (inkl. Jogging High etc.) sprechen. (Einwurf Mille: „Ja, Leute mit Protector-Aufnähern und so“) Was suchen diese Fans und was kann Kreator diesen Jungen geben?

Mille Petrozza: Ich hoffe, dass es jetzt nicht nur modisch ist. (Einwurf RedStar: Davon gehe ich nicht aus, da Jogging High potthässlich sind - Mille nickt zustimmend und schallend) Das ist ja auch so eine Art Antibewegung. Ich hoffe, dass es so ist, dass die Leute einfach wieder Bock haben auf tiefgründigere Musik.

DarkScene: Sie suchen das Unangepaßte, Rebellische - das was früher Black Metal war ist heute wohl Thrash Metal.

Mille Petrozza: Genau.



DarkScene: Wo siehst du die Möglichkeiten, diese Fans für Kreator einzufangen und ihnen auch etwas mitzuteilen oder -geben?

Mille Petrozza: Das versuchen wir in unserer Musik und unseren Texten, das mache ich, wenn ich einen Song schreibe. Wenn ich etwas predigen würde….da gab´s auch schon Musiker, die mir vorgeworfen haben, ich würde predigen…weißt du, ich hasse so was, ich hasse Prediger….das finde ich zum Kotzen. Ich will einfach mit meinen Texten Sachen vermitteln und wenn das jemand annimmt, ist schön, wenn nicht, dann kann er auch einfach die Musik hören. Ich bin jetzt nicht so anmaßend, dass jeder meine Meinungen vertreten muss oder von mir beeinflusst werden muss. Das ist zu weit hergeholt. Man sollte immer auch die Realität sehen, denn Musik ist zwar für viele Leute ganz, ganz wichtig, aber für manche total unwichtig, für manche partiell wichtig oder nur für einen bestimmten Zeitraum. Man darf sich da nicht so wichtig nehmen.

Soviel zum ersten Teil des ausführlichen Interviews. Was der Kreator-Chef zu neuen Bands, Außerirdischen und Erfolgsdruck zu sagen hat, erfahrt ihr hier im 2. Teil dieses Interviews.
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