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Accept - Wolf Hoffmann über Karriere 2.0.
Accept - Wolf Hoffmann über Karriere 2.0.  
Als Wolf Hoffmann und Peter Baltes eine Reunion ohne Udo ankündigten, schüttelte die halbe Metalwelt empört den Kopf. Zwei Jahre später headlinen Accept Festivals, verkaufen locker 2000er Hallen aus, und sind sogar Nummer vier in den deutschen Charts. Darkscene spricht mit dem Mastermind über Karriere 2.0.
Bruder Cle
Bruder Cle
(8 Interviews)
Als Wolf Hoffmann und Peter Baltes eine Reunion ohne Udo ankündigten schüttelte die halbe Metalwelt empört den Kopf. Zwei Jahre später headlinen die Solinger Metalpioniere große Festivals, verkaufen locker 2000er Hallen aus, räumen bei fast allen Polls tierisch ab und sind sogar Nummer vier in den deutschen Charts. "Blood Of The Nations" (zum Review) heisst das Wunderwerk, das die Metaller rund um den Globus in Entzücken versetzt. Und dank Sänger Mark scheint auch niemand Udo wirklich zu vermissen. Anlässlich der jüngsten Deutschlandtour haben wir Bandchef Wolf Hoffmann mal auf den Zahn gefühlt.

DarkScene: Gibt es auf dieser Tour eigentlich irgendwelche traurigen, überraschenden, tragischen oder glücklichen Momente, die Du unseren Lesern nicht vorenthalten willst?

Wolf: Au, das ist immer die schwierigste Frage….wir hatten eigentlich die ganze Zeit über nur superschöne Erlebnisse. Vor allem spektakuläre Auftritte, die alle viel besser gelaufen sind, als wir uns das jemals erträumt hätten. In Erinnerung bleiben einem natürlich immer nur die ganz besondern Shows, wie zum Beispiel letzten Sommer mit AC/DC, den Sonisphere-Festival oder dieses geile Konzert in Geiselwind. Ich wusste bislang gar nicht, wo das überhaupt liegt und weiß es auch immer noch nicht so genau. Auch Hamburg war super…

DarkScene: in den 80ern war aber alles schon ein wenig wilder, oder?

Wolf: Nein, eigentlich nicht. Wir waren überhaupt nie die Monsterpartyband.



DarkScene: Keine Drogen und Groupies? Wart ihr immer brav?

Wolf: Relativ. Bei uns war nie die Sau los. Drogen waren nie ein Thema, Alkohol auch nur in sehr eingeschränktem Umfang. Wir hatten und haben jede Menge Spaß, aber wir sind halt nicht Mötley Crue.

DarkScene: Apropos Mötley Crue! Ihr habt ja 1984 mit denen auf dem Monsters Of Rock gespielt.

Wolf: Ja, das war ein Hammer-Line-up damals mit AC/DC, Ozzy, Dio, Van Halen… das vielleicht geilste der Metalgeschichte. Unser Tag ist halt immer sehr mit Arbeit ausgefüllt und das war auch damals schon so. Wir hatten leider gar nicht die Zeit, uns mit den anderen Bands großartig zu unterhalten. Da blieb jeder so ein bisschen für sich. Vor allem AC/DC sind da sehr zurückgezogen. Wir haben uns eher darauf konzentriert unsere Show so professionell wie möglich herunterzureißen. Was soll ich sagen? Wir sind halt einfach brave Jungs.

DarkScene: Ihr wart ja die Nummer zwei hinter Scorpions. War das Verhältnis zu den Hannoveranern eigentlich von Konkurrenzdenken geprägt oder eher brüderlich?

Wolf: Also von unserer Seite aus war das Verhältnis zu den Scorps immer von Bewunderung und Respekt geprägt. Sie waren immer die unangefochtene Nummer eins. Sie waren große Vorbilder. Nicht musikalisch jetzt, aber von allem anderen her. Rudolf Schenker ist für mich eine richtige Ikone. Wir hatten aber unsererseits aber immer das Gefühl, dass Scorpions uns gegenüber ein unangemessenes Konkurrenzdenken an den Tag legten, was uns immer sehr gewundert hat. Das waren halt immer so Kleinigkeiten, ohne darauf jetzt näher eingehen zu wollen.

DarkScene: Nummer drei waren damals immer Trance. Kennst Du die eigentlich?

Wolf: Ja, den Namen kenn ich, aber wir hatten eigentlich nie wirklich Kontakt zu ihnen.



DarkScene: Mal ein anderes Thema. Der Text zu "Balls To The Wall" handelt ja von Revolution. Viele der Kids, die jetzt in Nordafrika auf die Straße gehen sind Metalfans und sind vielleicht auch davon inspiriert. Denkst Du eigentlich manchmal darüber nach, was man mit seiner Musik so alles bei den Fans auslöst?

Wolf: Wir haben uns immer bemüht, Texte zu schreiben, die die Leute zumindest zum Nachdenken anregen sollten. Aber es wäre natürlich vermessen zu glauben, dass wir irgendetwas damit verändert haben. Ich weiß auch nicht, ob ein Rocksong so etwas überhaupt kann. Für mich war der Gedanke, dass wir Leute mit unserer Musik nachhaltig beeinflussen, immer noch „mind-blowing“. Wenn mich einer fragt, was unsere größte Errungenschaft ist, dann ist es die Tatsache, dass wir immer noch da sind. Und Songs, die 30 Jahre alt sind, erfreuen immer noch unsere Fans. Das hätten wir uns damals nie träumen lassen. Ich krieg auch immer wieder sehr rührende Briefe von Leuten, die mir sagen, dass unsere Musik ihr Leben verändert hat oder sie wegen uns angefangen haben, Gitarre zu spielen, etc. Das ist natürlich phantastisch.

DarkScene: Wie kam es eigentlich zur Idee für das Cover von "Restless And Wild" (zum Classic) mit den beiden brennenden Gitarren?

Wolf: Ich glaube, die Idee war von uns selbst. Vielleicht sogar von mir. Das haben wir mit der Plattenfirma ausgeknobelt. Das Konzept mit den beiden Flying Vs hatten wir ja damals schon in der Band und die Gitarren haben wir auch live immer wieder mal angezündet.

DarkScene: Gibt es eine Alternative zur Flying V?

Wolf: Ich spiele zwar auch privat Stratocaster, aber auf der Bühne gibt es da keine Alternative. Sie ist die beste Metalgitarre.

DarkScene: Wie habt ihr eigentlich Eure wunderbaren Gitarrenposings entwickelt?

Wolf: Dazu hat uns Gabi (Hoffmann, Wolf’s Frau und Langzeitmangerin der Band – Anm. der Redaktion) verleitet. Das war 1980 und sie hat uns gezeigt, wie man das optisch richtig umsetzt. Live auf der Bühne oder auf Fotos. Diese Musik verkörpert Kraft und Power und deshalb gehört auch Show dazu, sonst wirkt das nicht.

DarkScene: Ihr habt ja so einige Metalpatente – das Gitarrenbalett, die Kosakenchöre, die prägnanten Teutonenriffs…

Wolf: Die Show ist uns unglaublich wichtig. Es gibt viele Musiker, die meinen, es sieht gut aus, was sie auf der Bühne machen, beschäftigen sich aber nie damit. Wir haben alle unsere Auftritte auf Video aufgenommen und genau analysiert. Was sieht gut aus, was scheiße. Und so wurden wir sukzessive besser. Gabi war da unglaublich wichtig. Sie hat uns da echt in den Arsch getreten. Das war jahrelange harte Arbeit. Heute haben wir das instinktiv drauf.



DarkScene: Woher stammt eigentlich die Eröffnungssequenz von "Fast As A Shark"?

Wolf: Ja, das weiß ich noch genau. Wir wollten halt einen megamäßigen Kontrast am Anfang. Die grundsätzliche Idee kam von mir, dass eine Platte läuft und dann die Nadel heruntergerissen wurde. Dann hatten wir nach entsprechender Musik gesucht, z. B. Klassik und so. Und dann kam die Idee mit einem Kinderlied. Im Studio haben wir dann überlegt, wo wir jetzt wohl so eine Kinderplatte herbekommen. Also haben wir die Mutter unseres Produzenten Dieter Dirks gefragt, sozusagen die Studio-Oma. Im Keller hatte sie tatsächlich noch eine. Bizarrerweise hat die sogar Dieter Dirks als kleiner Knirps eingesungen. Die Stimme, die man auf "Restless And Wild" hört, ist also tatsächlich die von Dieter. Diese kleine Sequenz des Volkslieds "Ein Heller Und Ein Batzen" haben wir dann genommen.

DarkScene: Okay, mal was zur neuen Platte. Michael Wagener war als Produzent keine Option?

Wolf: Natürlich, ist ja auch noch immer ein guter Freund von uns. Aber er hat gesagt, dass er nicht an so etwas glaubt. Ohne seinen Freund Udo wollt er das nicht machen. Und dann stand urplötzlich Andy Sneap vor uns und wir waren eigentlich noch gar nicht richtig bereit und noch mitten im Songwriting-Prozess. Aber es war schnell klar, dass er und nur er uns produzieren wird.

DarkScene: Ihr habt unglaublich viele Songs für das Album geschrieben. Was ist eigentlich mit dem ganzen Rest passiert?

Wolf: Wir haben die nie wirklich ausgearbeitet. Ich glaube wir hatten zwischen 50 und 60 Songs und haben halt einfach aufgehört, als wir genug Material zusammen hatten. Der Rest liegt auf irgendwelchen Festplatten rum. Für die nächste Scheibe machen wir aber hauptsächlich wieder neue Sachen.

DarkScene: Ihr seid richtige Riffmaschinen…

Wolf: Ja, wir haben jede Menge Ideen. Wir haben das Material auch nicht über die Jahre angehäuft.

DarkScene: Wie schreibt man eine Scheibe mit 14 Killern?

Wolf: Haha, da gibt es keine Konzepte. Die Stimmung hat halt gepasst.

DarkScene: Dabei hat zuerst keiner an Euch geglaubt. Und jetzt habt ihr diverse Leserpolls gewonnen, steht auf You Tube vor allen Popgrößen und seid Nummer vier in den Charts…

Wolf: Ja, da gab es Leute, die wollten nicht mit uns arbeiten, weil sie der Meinung waren, wir könnten keine Songs mehr schreiben. Wenn ich genau darüber nachdenke, gab es außer uns keinen der daran geglaubt hat. Viele haben unsere Reunion mit der Phase von David Reece verglichen, was natürlich schon ein grundsätzlicher Fehler war.



DarkScene: Hat Euch das Internet bei Eurem Erfolg geholfen?

Wolf: Das Internet ist eine Riesen Herausforderung. Wir waren ja anfänglich auch nicht so trittsicher und hatten zwei Demoversionen von Songs ins Netz gestellt, was einen regelrechten Proteststurm entfacht hat. Daran kann man schon sehen, was man über das Internet auslösen kann. Das kann auch nach hinten losgehen. Aber dann haben wir es als Werkzeug entdeckt und es hat gut funktioniert. Das Video zu "Teutonic Terror" vorab zu veröffentlichen, war zum Beispiel ein guter Schachzug.

DarkScene: Wie würdest Du euren neuen Sänger Mark als Persönlichkeit beschreiben?

Wolf: Er ist in New Jersey aufgewachsen und hat einen super Charakter. Er ist sehr eigenständig. Für ihn ist es nicht einfach, in eine deutsche Band einzusteigen. Wir denken und fühlen deutsch und machen Sachen anders als amerikanische Bands. Aber er bringt sich super ein.

DarkScene: Ich habe das Gefühl, dass er sich auf der Bühne gegenüber Euch etwas zurücknimmt. So ähnlich wie Brian Johnson von AC/DC.

Wolf: Ja, das stimmt. Wir müssen uns aber als Band auch erst so richtig finden. Das wird sich noch ein wenig ändern. Aber wir haben mit Mark echt Glück.

DarkScene: Ihr variiert ja Eure Setlist sehr stark. Habt ihr trotz der endlos vielen Klassiker, die nachgefragt werden, mal drüber nachgedacht, TT Quicks "Metal Of Honor" zu spielen?

Wolf: Ja, das haben wir. Aber es hat nicht so richtig funktioniert. Es gibt Songs, die klingen auf Platte super, live fehlt ihnen aber der letzte Funken. Stilistisch ist das auch nicht ganz so passend. Aber ganz vom Tisch ist das noch nicht.

DarkScene: Die großen Festivalheadliner sterben langsam aus oder ziehen ihre eigenen Festivals auf wie AC/DC oder The Big Four. Füllt ihr da eine Lücke?

Wolf: Ja, das stimmt und das eröffnet uns jede Menge Möglichkeiten.

DarkScene: Holt ihr bei solchen Gelegenheiten das alte Metal Heart wieder aus dem Keller?

Wolf: Haha, gut möglich, dass wir das olle Teil wieder ausgraben…

DarkScene: Gibt es noch Länder in denen ihr noch gerne spielen würdet?

Wolf: Definitiv ja. Wir freuen uns riesig auf Südamerika. Bis auf Argentinien haben wir da nie gespielt. Brasilien, Peru – das wird super. Wir haben schon viele coole Stories über die Fans dort gehört. Auch Asien ist noch ein Markt, der ausbaubar ist. Und wir waren sehr überrascht über Istanbul. Das war total geil. Wir haben gar nicht mal gewusst, dass wir dort Fans haben…

DarkScene: Kennt ihr eigentlich Euren US-Toursupport Sabaton?

Wolf: Oje, ich kenn fast keine neuen Bands. Aber von Sabaton haben wir natürlich schon viel gehört. Jeder erzählt mir, wie super die sind. Und ich freu mich schon tierisch drauf.



DarkScene: Wieder mal retour in die Vergangenheit. Eure erste Welttournee war 1981 mit Judas Priest. Wie sind Deine Erinnerungen daran?

Wolf: Die hören jetzt auf. Unglaublich. Alle hören auf und wir fangen wieder an, haha. Diese Tour war natürlich für uns eine unglaubliche Erfahrung. Wir waren ja davor noch gar nie richtig auf Tour. Das waren damals eigentlich Götter, die meilenweit über uns standen. Wir hatten auch nur Freunde mit auf Tour, die halt als Roadies fungiert haben. Judas Priest waren dazumal aber schon richtige Profis und Jahre im Geschäft. Die hatten eine echte Garderobe, Catering etc. Das hatten wir natürlich alles nicht. Wir hatten immer tierisch Hunger, weil wir keine Kohle hatten. Wir haben das ja alles selbst finanziert. Ich erinnere mich daran, dass wir in die Garderobe von Priest geschlichen sind und ihnen die Sandwiches weggefuttert haben. So lange, bis uns der Tourmanager erwischt und rausgeschmissen hat. Wir hatten ja auch nie ein Hotel, also sind wir in die Badeanstalt zum Duschen. Als „Nightliner“ hatten wir einen umgebauten, alten Reisebus. Alles sehr abenteuerlich. Das kann man sich heute gar nicht mehr richtig vorstellen. War aber eine gute Zeit.
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