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9.5
Auch wenn man es noch so sehr bestreitet, verdrängt oder gar in die hinterste Ecke des Unterbewusstseins versenkt - tief im Inneren ist jedem Glam-/Sleaze/Hardrock-affinen Musikkonsumenten bewusst, dass im schrillsten, farbenfrohesten, ausschweifungsschwangersten, dekadenzdurchzogensten Feelgood-Genre der harten Musik die Federboas und Schminkköfferchen seit einiger Zeit leider nur mehr auf Halbmast wehen. Die einst so mächtige Trendfarbe - nämlich das schillernd-hypnotische "Poison-Grün" - verwelkte zu einem herbstlichen Grauton. Blackie Lawless sieht aus wie Liz Taylor im dritten Lebensdrittel. Mit der "motley looking crew" geht am kommenden Silvesterabend die letzte Hollywood-Ikone endgültig in die Rente. Andere bedeutende Protagonisten einer Szene, die in den Clubs rund um den 9000er Block des legendären Sunset Strips ihren Siegeszug um die Welt antraten, sehen die Radieschen überhaupt schon von unten an. Und auch die Bands der zweiten Haarspray-Ära, egal ob The Poodles, Crashdiet, Hardcore Superstar etc, schwächeln in der Studioumgebung leider schon seit Jahren.
Tristesse pur also? Mitnichten - anstatt sich in der abgewetzten Spandex-Haut zum Psychotherapeuten seiner Wahl zu begeben, gibt es für lebensmüde, tiefst depressive Aquanet-Anhänger ab dem 27.11. dieses Jahres Grund für neue Lebensfreude. Der Lichtstrahl am Ende des Tunnels, die Sonne nach dem Regen, echter Sex nach einsamen, nicht enden wollenden Xhamster-Sessions oder sei es auch nur das Big Mäc-Menü nach einer durchzechten Nacht... all diese schönen Dinge haben ein musikalisches Synonym: Sergeant Steel und ihr drittes Studioalbum "Riders Of The Worm". Szene-Kenner wissen natürlich bereits, dass diese "Messiase des Mascara-Stifts" nicht aus Los Angeles, New York, London oder Stockholm ihr Heil verbreiten, sondern schlicht und einfach in Oberösterreich ihre Gitarren stimmen und so nebenbei nach dem "War Of Kings"-Album von Europe (zum Review...) absolut und unverrückbar mit "Riders Of The Worm" das zweitbeste Album des Jahres an den Start gebracht haben. "Riders Of The Worm" ist ein sensationelles musikalisches Filet-Stück geworden, das vom "Haubenkoch" Michael Wagener wiederum durch perfekten Mixdown und Mastering noch weiter veredelt wurde. Dass der gebürtige Deutsche bekanntlich ja schon so gut wie allen Rock-Ikonen dieser Welt in seiner Studioküche in Nashville die Kräuterbutter aufs Steak gezaubert hat, sollte auf dieser Webseite als Allgemeinbildung vorausgesetzt werden können. 13 Songs lang beeindrucken die Mannen rund um Sänger Phil Vanderkill in allen Belangen, kombinieren handwerkliche Virtuosität mit songwriterischer Finesse und ziehen ein Ass nach dem anderen mit einer dermaßenen Leichtigkeit aus dem Ärmel, dass es fast schon unheimlich wird. Egal ob beim schwungvollen Opener "Happy Time (Love On Demand)", dem hymnischen "Dirty Habits", dem etwas AOR-lastigen "Silver Spoon" oder dem grandiosen "Rock 'N' Roll Highway"... solche Songs können nur mit Superlativen charakterisiert werden. Mit "Where My Heart Is" und "Promised Land" wird auch das einmal monatlich östrogengeplagte Klientel ausführlich und gekonnt durch die Stimmungsschwankungen geleitet. Und während wir Fans schon nach einer Handvoll Songs auf Knien Sergeant Steel für dieses akustische Ambrosia huldigen, ja erst jetzt und als wäre es noch nicht genug, zünden die Herrschaften aus dem Alpenvorland mit "Hot Widow" die allerbeste Party-Granate seit "Kickstart My Heart". Dieser Song kann ALLES und NOCH VIEL MEHR. Air-Gitarren stimmen, eine extreme Grätsche einnehmen und auf "Play" drücken... Gene Simmons würde sagen... "this is how the big boys do it". Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Wie die Amis sagen "the icing on the cake", also der Zuckerguss, der dieses Album nochmals einen Level verbessert, sind die sagenhaften Arrangements. Während manch andere Kapellen dieses Genres relativ straight und staubig-trocken in "Basis-Instrumentierung" ihre Riffs unters Volk jagen, zeigt sich in diesem Aspekt die Ausgereiftheit, die Detailverliebtheit und damit auch die enorme Klasse dieser Band. Was sich hier im Hintergrund der Hauptstrukturen der Songs abspielt, ist eine wahre Wundertüte an strategisch perfekt eingesetzten musikalischen Details. Da duellieren sich Banjos und Mandolinen mit diversen raffinierten Percussion-Elementen. Und wenn die Sitar wieder verklungen ist, füllen ganze Bläsersätze das entstandene Vakuum wieder auf. Die wirkliche Schwierigkeit beim Einfügen so vieler zusätzlichen Klangquellen besteht darin, dass die Chose unterstützend bleiben soll und nicht dominierend werden darf, den Song ausschließlich bereichert und nicht verwässert. Und auch diese Herausforderung hat Sergeant Steel bravourös gemeistert. Gratulation meine Herren. Ganz großes Kino also, was uns Sergeant Steel mit "Riders Of The Worm" hier präsentieren. Internationaler kann man als österreichische Truppe nicht mehr klingen. Dass Größen wie ein gewisser Mark Slaughter oder auch Ex-Alice Cooper-Klampfer Kane Roberts Gastauftritte auf diesem Album haben, das ist bei dieser geballten Klasse eigentlich nur nebensächlich. Würden wir statt 2015 das Jahr 1987 schreiben, würden uns die Oberösterreicher als Multimillionäre aus Südkalifornien ganz old-schoolig Postkarten schreiben. Das wird's heutzutage auch trotz einem solchen Mega-Album nicht mehr spielen, aber was soll's. Life's not always fair or so they say. PFLICHTKAUF!!! Trackliste
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Reviews
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