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Eluveitie, Equilibrium, Finntroll, Primordial
01.11.2008, Backstage, München 
Heidenfest Tour  
Finntroll, Primoridal und Co. versprachen einen Nacht der Superlative. Ein Fest des Pagan Metal. Niemand aber rechnete damit, dass ein solcher Abend zum Skandal im Sperrbezirk ausarten würde…
DarksceneTom
DarksceneTom
(142 Live-Berichte)
Die Zeichen für das Heidenfest in München standen gut. Perfektes Herbstwetter, ein tolles Line Up, ausverkauftes Haus im geilen Backstage Club. Der perfekte Event um den alljährlichen Allerheiligenmodeschauen und aufgesetzten Heuchlereien zu entfliehen, die einen Großteil der ach so braven Christen punktgenau und wohl auch nur meist einmalig pro Jahr in die engen Gassen und noch engeren Parklücken der Friedhöfe drängen. Man verstehe mich nicht falsch, ich stehe zu meinen Glauben, beschränke diesen aber nicht auf einen Alibi-Tag im Jahr um die restliche Zeit vor mich hin zu heucheln. Aber das ist eine andere Geschichte…

So pilgert der Teilzeitheide nun also bestens gelaunt gen München, wohl wissend, dass dieser Tag ganz im Zeichen der folkloristischen Starkstrommusik und einem tollen Bandpackage stehen würde, das angeführt von Finntroll und Primordial mit Eluveitie und Equilibrium zwei heiße Nachwuchshoffnungen und mit Catamenia einen weiteren adäquaten Akt bieten sollte. Um kurz vor Sechs am Backstage angekommen stehen schon hunderte Horn-, Rock- und Fellträger vor der Halle. Die Parkplätze füllen sich und alles scheint im Lot, bereit für eine Nacht des Spaßes. Jedoch alle haben die Rechnung ohne den Freistaat Bayern gemacht!

Erst kursiert nur das Gerücht, die Indizien scheinen sich aber immer weiter zu verengen, scheinen das Unglaubwürdige real werden zu lassen. Nach kurzer Info beim zuständigen Personal ist es dann tatsächlich wahr: Das Heidenfest 2008 wird an diesem Tage nicht mehr stattfinden, da es im scheinbar mehr denn je erzkonservativen, hinterwälderischen und in dieser stocksteifen Hinsicht einfach nur armseligen Bayern, nicht erlaubt sei an Allerheiligen Feste oder gar Konzerte zu feiern. Das Resultat: 6 Stunden Wartezeit bis zum Anstoß, der dann in gestürzter Reihenfolge stattfinden soll!
Der Hammer am Rande: Unter 18-jährige dürfen den Gig aufgrund des Jugendschutzgesetzes nur in Begleitung eines entsprechenden Beauftragten sprich Beziehungsberechtigten besuchen. Dies muss obendrein aber auch noch irgendwie mittels eines Formulars bestätigt sein. Fazit: Viele Jungheiden sitzen tränendes Auges vor der Halle, wohl wissend dass diese Nacht ohne sie im Partyrausch versinken wird und sie ihren Helden völlig umsonst nachgereist sind!
Da läuft was schief im Staate!

Randnotiz zu den Fakten:
Scheinbar hat der Veranstalter erst am aktuellen Wochenende einen Bescheid der Ordnungsbehörde erhalten, der ihm strengstens untersagt zu Allerheiligen ein Konzert zu veranstalten, da die Bayrische Regierung die Ordnungsämter ausdrücklich darauf hingewiesen hat, strengstens gegen alle Vergehen gegen einen so genannten „Stillen Feiertag“ vorzugehen und strikte Maßnahmen gegen alle entsprechende Vestöße zu setzen. Man weiß als langjähriger Konzertbesucher Münchens zwar, dass diese Gesetze auch in Bayern nicht immer so erzkonservativ, sondern unter anderer Führung auch weit liberaler gehandhabt worden sind, an diesem Abend jedoch scheint, wohl nicht zuletzt zurückgehend auf die Aussage des ehemaligen Bayrischen Ministerpräsidenten, der die Heidnischen Umtriebe zu Halloween ohnehin verhindern will, an dieser leidigen, ärgerlichen und einfach nur lächerlich und unzeitgemäßen Tatsache kein Weg mehr vorbei zu führen.
Die Tickets werden lt. Angabe des Veranstalters übrigens an den VVK-Stellen rückerstattet. Mehr dazu auf der Backstage Page.


Nun aber genug geschwafelt, genug des Ärgers und des Frustes – auch wenn er bei allen Fans sehr groß war. Man biegt nun also die vielen Stunden des Wartens rum um pünktlich um 0:00 im Backstage zu sein um den Vorhang für den Headliner des Abends fallen zu sehen.

Finntroll

Wie gesagt, die Reihenfolge wurde gestürzt, der Headliner steht als erster auf den Brettern. Finntroll starten in die Nacht und - auch wenn ein Großteil der Anwesenden ihr Leid der letzten Stunden augenscheinlich zu sehr mittels Trinkhorn gelindert haben – die Stimmung ist postwendend am Kochen. Die Finnen trollen in einen 45-minütigen (aufgrund der extremen Startzeit natürlich verkürzten) Set voller Hits, überzeugen einmal mehr mit sagenhafter Spielfreude, tollem Stageacting und perfektem Sound. Die Halle kocht, die ausgehungerten Heiden tanzen, moshen und singen sich aller Müdigkeit zum Trotz den Arsch ab und feiern Finntroll nicht zuletzt bei Überhits wie "Nattfodd", den "Ur Jordens Djup" (Review) Krachern, "Nedgang" und "Korpens Saga" oder dem unwiderstehlichen "Trollhammeren" nach allen Regeln der Kunst ab.
Schade nur, dass ein toller, wenn auch ungewöhnlicher Headliner-Gig aufgrund der leidigen Umstände bereits so früh zu Ende geht. Hier, wie auch für alle anderen Bands muss jedoch gesagt werden, dass auch ihnen Respekt für das lange Ausharren zu zollen ist, da sie allesamt trotz später Startzeiten nüchtern und höchst professionell und spielfreudig agieren, was wohl auch nicht immer selbstverständlich ist, zumal die Abreise zum nächsten Gig kurz bevor steht.

"Nedgang"


Primordial

Bereits im Vorfeld war zu erwarten, dass die Iren von Primordial mit ihrer ernst, bedrohlich und so wenig tanzbaren Kunst der Ernsthaftigkeit nicht unbedingt den Nerv aller Jungspunde im Saal treffen würden. Für den old school Banger und all jene, die nicht nur da waren ums das Tanzbein im Einklang mit ihrem Met-Bechern zu schwingen, waren die Iren jedoch der perfekte Gegenpol zum Rest des Festes. Wer den brutalen, hingebungsvollen Sound der Iren einmal live erlebt hat, der weiß wovon ich hier rede. Episch, majestätisch und höllisch erdig überrollt den willenlosen Banger jene spartanisch effektive Soundwand von selten erahnter Intensität, die nicht zuletzt das letzte Werk der Band "To The Nameless Dead" (Review) zum Highlight machte. Die heidnisch irischen Viking Doom Gebirgswände, die hier aus den Boxen bröckeln lassen Meister Quorthon wohl noch heute regelmäßig den Kettenpanzer am heimischen Grabmal aufpumpern. Primoridal live, das ist schwermütige Schönheit und bedrohlicher Schmerz, verpackt in monolithische Gitarrenwände und gekrönt vom unglaublich inbrünstigen Organ von A.A. Nemtheanga, der mit seiner totale Hingabe seinen Kompositionen zu jeder Sekunde gerecht wird. Man sieht, wie er seine intensive und dramatische Kunst lebt und glaubt ihm während seines hingabevollen Stageactings jedes einzelne Wort seiner Hymnen, die an diesem Abend in Form eines gnadenlos dichten "Empire Falls" und einem stimmungsvollen "The Coffin Ships" ihren Höhepunkt finden. Trotz all der Superlative, die man der Band an diesem Abend zollen muss, ist aber schade, dass der Frontman seine Inbrunst an mancher Stelle mit doch recht aggressiver und teils hyperaktiver Aura immer wieder übertreibt und ein im Grunde großartige und höllisch Intensive Darbietung von Primordial an mancher Strecke mit solchem Übereifer ein wenig verzerrt.
Tortzdem war’s ein Hammergig einer großartigen Band, die live deutlich besser rüberkommt, als auf Konserve!

"Empire Falls" (live)


Eluveitie

Wie gern hat man doch recht. Im Zuge ihres Nuclear Blast Debüts "Slania" (Review) und spätestens nach dem Auftritt der Schweizer diesjährigen am Pagan Fest (zum Live Review), durfte man mit ziemlicher Sicherheit verkünden, dass Eluveitie in kürzester Zeit zu Lieblingen der Pagan Fans und zu einem mehr als achtbaren Live Act der Szene mutieren würden. Der heutige Auftritt gab dieser These recht. Waren die jüngeren Fans bei der Primordial Soundwand mehr verdutzt als erfreut, gaben sie sich um exakt 02:00 Morgens willenlos der Kunst der Eidgenossen hin und tanzten, bangten und feierten was die Matte hergab. Obwohl Eluveitie mit ziemlichen Soundproblemen und auch der ein oder anderen internen Abstimmungsschwäche zu kämpfen hatten (ob’s daran lag, dass das
Krieder Bruderpaar nicht mehr im Line-up ist, weiß ich nicht)
gaben sich Frau und Mann auf der Bühne selbstsicher, routiniert und professionell um ihren Folk-Modern-Death Metal ohne Probleme an die Fans zu bringen und beim Hit "Inis Mona" den stimmungstechnischen Höhepunkt des Abends zu bieten.
Eluveitie waren einmal mehr der heimliche Headliner des Abends, und daran ändert auch die Tatsache nix, dass sie sich noch im Frühjahr dieses Jahres mindestens eine Klasse stärker präsentierten als heute.

"Inis Mona"


Equilibrium

Bei aller Liebe, ist die Zeit um kurz vor Drei Uhr morgens sicher nicht mehr mein Freund. Dies allein kann’s aber nicht gewesen sein, dass sich Equilibrium als kleine Enttäuschung vorstellten. Klingen die Bayern, denen man heute den Genuss eines Heimspieles deutlich anmerkt, auf Konserve ja durchaus unterhaltsam, tanzbar und stimmungsvoll, so muss man live deutliche Abstriche in Kauf nehmen. All jene Elemente, die den Sound der Truppe ausmachen und ihm in Form von opulenten Passagen, Keyboardmelodien oder Panflötenversatzstücken das nötige Etwas geben, fallen live leider untern Rost. So kann man den Spirit der Alben live einfach nicht rüberbringen, scheitert vielmehr an eigenen Fehltritten wie Songs mit solch depperten Titeln wie "Wurzelbert" und schmälert sich seine eigene Klasse, die man vor allem "Sagas" -Nummern wie "Blut Im Auge", "Heiderauche" oder "Mana" unter keinen Umständen absprechen kann.
Equlibrium sind bei einem Major Label angekommen und somit sind die Ansprüche einfach höher. Was auf Platte funktioniert, liegt live noch ziemlich im Argen und da darf die junge Truppe ruhig noch einige Schippchen drauflegen, denn zur Erstligareife fehlt’s - trotz frenetischer Publikumsreaktionen - noch weit.
Sorry, da hab ich mehr erwartet…

"Blut Im Auge"


Catamenia fielen aufgrund drohendem Eintretens der Dämmerung an diesem Morgen leider unter den Rost, das Fazit des Konzertteiles vom Heidenfest muss aber eindeutig positiv sein, da alle Beteiligten aus einer völlig verkorksten Nacht das Beste machten und alles gaben! Trotz all der Scheißereien muss man die Leistung der Bands würdigen und vor allem den Fans, die schlussendlich doch noch für ein super gefülltes Backstage sorgten absoluten Respekt und Lob zollen, denn die Stimmung war bis in die frühen Morgenstunden vom allerfeinsten!

Zum Abschluss jedoch muss noch einmal ein dreifaches Hoch auf den erzkonservativen Freistaat Bayern gehen. Auf ein veraltetes Regime und Gedankengut. An diesem Abend hat sich die „Weltstadt“ München ebenso lächerlich gemacht, wie seine völlig unzeitgemäß und stocksteif agierende Führungsriege.
In diesem Sinne: „Mia sein mia…“ und auch dem Veranstalter sei gesagt, dass solche „Unvorhersehbarkeiten“ im Vorfeld geklärt und früh genug verkündet werden müssen! Das geht, denn in Tirol geht’s auch…


Ein Dank fürs Foto geht einmal mehr an Photopit.com.
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© DarkScene Metal Magazin