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9.0
Gleich vorweg – ich gehöre nicht zum innersten Kreis der Psychotic Waltz-Die Hard Fans, welche zeitlebens die ersten beiden Alben heiligsprechen und auf die einsame Insel mitnehmen; und nochmals nein – seit der Ankündigung einer Comeback-Scheibe habe ich keineswegs schlechter/besser geschlafen als die oben genannte Klientel. Wohl aber sind mir die alten Klassiker vertraut und ein Teil meiner Sammlung, und jawohl: ein wenig Neugier kam in den letzten Wochen vor dem Release dann doch auf, diese Band hat ja einen nicht unwesentlichen Beitrag für die dazumal durch die Decke gehende Prog-Metal Szene Anfang der Neunziger geleistet (es gibt kaum eine Kapelle, die man im Entferntesten vergleichen könnte). Und yep: die erste Kostprobe in Form von "Devils And Angels" ließ wahrlich Freude aufkommen!
Standesgemäß wurde "The God-shaped Void" über das deutsche Inside Out Label gesigned und optisch würdevoll verpackt wie auch alle Dead Soul Tribe Werke sowie das The Shadow Theory Debüt (Review), denen Fronter Devon Graves ebenso seine goldene Stimme verlieh. Doch nun zum Inhalt. Psychotic Waltz versuchen in diesen Tagen erst gar nicht, den Urspirit 1:1 heraufzubeschwören, sondern zeigen sich absolut zeitgemäß und relativ eingängig, jedoch ohne die eigenen Wurzeln zu verleugnen. Referenzen zu "Mosquito" (1994) und "Bleeding" (1996) klopfen mancherorts an, doch alleine die Tatsache, dass die Kreativköpfe in dieser Konstellation über zwanzig Jahre Pause gemacht haben, nimmt dem bösen Kritiker praktisch den Wind aus den Segeln, im Sinne von: das Kollektiv habe sich etwa selbst kopiert. Eine Gratwanderung, bei der es ohnehin unmöglich ist, es allen recht zu machen. Dafür gibt es zuhauf traumhaft schöne, bizarr anmutende, ja mitunter schwebende und nicht weniger fragile Soundkulissen – die empfängliche Klientel kann sich also von Anfang an ganz zurücklehnen. Das Gitarren-Gespann Rock/McAlpine hat für mein Verständnis nichts an Reiz eingebüßt und liefert noch immer prickelnde Akkorde, obschon der experimentelle Charakter der ungestümen Jugendphase nicht mehr anzutreffen ist – wie denn auch? Darüber hinweg brilliert der Majestro mit seiner nach wie vor emotionalen und zerbrechlicheren Stimme, die du unter tausenden sofort erkennst. Ach ja. Die Flöte (remember: "I remember"!) ist nach wie vor präsent, allerdings mehr in den Hintergrund gerückt. Der angesprochene, wuchtig-atmosphärische Willkommensgruß "Devils And Angels" wirft jeglichen Zweifel über die Sinnhaftigkeit dieses Comebacks sofort über Bord: noch mehr zu erwarten, wäre ziemlich vermessen. Als Kontrast hierzu sind die straight-rockigen "Back To Back" und "Season Of The Swarm" zu nennen. Die hypnotischen Leads und Soli, ein weiteres Markenzeichen des Westcoast-Gespanns, findet man ebenso in jedem einzelnen Song - ganz speziell bei "The Fallen", "Sisters Of The Dawn" und "While The Spiders Spin" kommt man aus dem Staunen nicht mehr raus, so berauschend ist das. Die endlose Tiefe, das nicht Greifbare, das Mystische, das in Worten noch viel schwerer zu fassende – das alles atmen die gereiften Herrschaften auf "The God-shaped Void" nach wie vor, so viel kann garantiert werden. Dass nach so einer Zeitspanne, bei der auch in Sachen Tontechnik immens viel passiert ist, die (Nostalgie-behaftete) Magie – oder besser gesagt das Gefühl – der alten Tage sich nicht reproduzieren lässt, dürfte wohl jedem klar sein. Und mit dem älter werden lässt man sich auch nicht mehr so leicht aus der Reserve locken. Trotz dieser kleinen Widrigkeiten, für die weder die Band noch man selbst was dafür kann, ist Psychotic Waltz ein bärenstarker Wonnepropen entsprungen, der nicht nur top arrangierte Musik bietet, fast wichtiger ist diese allgegenwärtige Leidenschaft - und das nach 24 Jahren (Studio-) Abstinenz! Sicher ein Top 10 Kapitel am Ende des noch so jungen Jahres. Trackliste
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