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9.0
Steven Wilson ist ein Mann von Format und Klasse. Ein Denker. Ein musikalisches Genie. Während er mit Porcupine Tree immer wieder aufs Neue zeitgemäßen Formate melancholischen Prog Rocks neu definiert, tritt er parallel dazu mit seinen Solowerken mitunter noch ruhigere Pfade. Die zutiefst britische Melancholie und der musikalische Intellekt sind nun auch die wichtigsten Eckpfeiler seines vierten Solostreiches, dem Nachfolger zum grandiosen "The Raven That Refused To Sing".
In Anbetracht dessen, was man vielleicht erwartet, beginnt "Hand. Cannot. Erase" dann beinahe leichtfüßig und wuchtig. Rush kommen einem postwendend in den Sinn, wenn "First Regret" und das 10-minütige "3 Years Older" in instrumentaler Pracht auf filigranem Prock Rock Fundament tänzeln, bevor dieser erste Longtrack mit britischer Pop Nachdenklichkeit für gewohnt wehmütige Emotion sorgt. Piano, Akustikgitarren und die traurige, sentimentale Stimmung geleiten zu einem mehrstimmigen, bombastischen Refrain, der wieder der Bogen zum rockigen Beginn spannt. Großes Kino, wie gewohnt. Die psychedelisch angehauchte Schlusssequenz ist zwar vielleicht nicht jedermanns Geschmack, rundet das eindrucksvolle Klangexperiment jedoch perfekt ab. Dass es auch "easier" geht, zeigt dann die Vorabsingle "Hand Cannot Erase". Ein lockerer Prog-Pop Ohrwurm mit rockigen Gitarrenakzenten, der wie selbstverständlich in ein ruhiges "Perfect Life", mit seinem elektronischen Grundton und der Stimme der israelischen Sängerin Ninet Tayeb, oder ein sagenhaft behutsames "Routine" mündet. Grenzen gibt es hier selbstredend keine. Das das dramatische, mitunter amtlich heavy tönende 13-Minuten-Epos "Ancestral", die massiv groovende Achterbahnfahrt von "Home Invasion", oder das zarte "Transience" reizen alle Grenzen progressiver, moderner Rock Musik mit Ambient-Flair und manchem, nach Heavy Metal schallendem Gitarrenecho aus. Der musikalischen Bandbreite Wilson's stehen auf "Hand. Cannot. Erase" neuerlich alle Türen und Tore offen und das Ergebnis klingt ebenso kreativ, wie schlüssig. Natürlich kommen einem Wilson's Helden wie Pink Floyd oder die Beatles immer wieder in den Sinn, und nimmt man noch sein ureigenes Schaffen mit Porcupine Tree mit in die Erörterung, kann man auch Neuankömmlingen einen ungefähren Bogen für das neue Soloalbum dieses Ausnahmekünstlers und Multiinstrumentalisten zeichnen, das durch ein neuerlich wunderbares Carl Clover Artwork und die perfekte Produktion perfekt abgerundet wird. "Hand. Cannot. Erase." ist ein Gesamtkunstwerk. Ein beeindruckendes, nachdenkliches, in seiner Grundthematik ebenso rätselhaftes, wie düsteres Konzeptalbum, über das Schicksal und den Tod von Joyce Vincent, deren verwaister Körper 2006 und erst knapp drei Jahre nach dem ungeklärten Ereignis in ihrer Londoner Wohnung gefunden wurde. Schwerer Stoff, perfekt geeignet für die musikalische Aura von Steven Wilson, der die Grundthematik in dieses Kriminalfalles (meiner Interpretation nach) zum Anlass für Fragestellungen und Denkanstöße zu fragwürdigen Verhaltensmustern unserer sozial fehlgearteten, medial überladenen und nicht immer menschlichen Gesellschaftsstruktur nimmt. "Hand. Cannot. Erase" ist elegisch und packend und muss ohne Zweifel als großes Ganzes erfasst werden. Es benötigt seine Zeit, die unglaubliche Soundwand, eine fesselnde Atmosphäre und die dichte und intensive Emotion dieses Albums zu verstehen, das nicht immer leicht verdaulich und gerade emotional durch seine Melancholie mitunter durchaus aufwühlend, in Summe aber ganz groß, endlos schlüssig und brillant scheint. Man nennt das Schaffen von Steven Wilson immer wieder gerne zeitgenössischen Progressive Rock. Dem kann ich eigentlich nur hinzufügen, da der Mann auch auf "Hand. Cannot. Erase." eindrucksvoll beweist, dass er einer der begnadetsten seiner Zunft und einer der größten seiner Zeit ist. Trackliste
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Reviews
10.11.2016: Transience (Review)23.05.2009: Insurgentes (Review) News
25.04.2019: Animierter "Song Of Unborn" Clip21.07.2017: Stylisher 80er-Pop Videoclip des Könners 06.11.2015: Albuminfos und "Routine" Videoclip. 26.09.2015: "Best-of" Release als Vinylversion 04.02.2015: Video Premiere: "Perfect Life" . 02.12.2014: Infos & Cover zu "Hand. Cannot. Erase" 24.02.2013: Veröffentlicht "The Birthday Party" Video. 08.02.2013: "The Raven That Refused To Sing" Videopremiere. |
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