Warum die E.A.V auf Darkscene stattfindet, einem Magazin, das seit über zehn Jahren für Hard Rock und Heavy Metal steht und monatlich über abertausende Leser erreicht, die harten Gitarrenklängen frönen, mag sich manch einer fragen.
Die Antwort ist leicht: Weil wir Österreicher sind, weil die Erste Allgemeine Verunsicherung mit das größte, das künstlerlisch und kreativ wertvollste, und inhaltlich überragendste heimische Kulturgut ist, das die letzten dreißig Jahre hervorbrachten und weil die Herren Spitzer und Eberhartinger ganz tief im Herzen von jedem uns einen Platz inne haben. Für die jüngeren Leser und Heavy Metal-Pepi's mag das vielleicht seltsam wirken. Ist es aber nicht und wer sich "wirklich" mit der Kunst dieser Band beschäftigt, wird verstehen warum...also weiter zum Text:
Die Faith No More des Austro Pop sind zurück!
Die Denker, diejenigen, die mit ihrem bösen Wortwitz, ihrem satirischen Intellekt und ihrem wundervollen Humor, Kinder und Jugendliche ebenso begeistern können, wir Erwachsene, die den Unterton ihrer Kunst kapieren. Jene Band, die in ihrer Karriere vom Reggae bis zum Rock N Roll schon alles Mögliche wild gemixt und handfest unter einen kompakten Hut gebracht hat, ist mit ihrem 15. Studioalbum zurück und wie immer ist es sozusagen
"spannend für Jedermann" den neuen Kreationen der
E.A.V. zu lauschen.
"Der Isis-Hulk spricht ein Gebet und sprengt sich heim zu Mohammed.
Fürst Vladimir aus dem Ural tanzt am Ukrainer Karneval."
Es gibt viel zu tun auf
"Werwolf Attacke (Monsterball ist überall)". 20 Songs stark ist es geworden, dieses unterhaltsame Stück Austro-Pop- Kabaretts. Einmal mehr eingehüllt in kultige Thomas Spitzer Comics, legt die
"Werwolf Attacke" elektronisch, bedrohlich hart und verdammt dunkel los. Die Gitarren rocken heavy, der Text ist fiktiv und witzig und macht aus sagenumwobenen Vampiren und ihrem blaublütigen Grafen, die
"Bankvampire" und den
"Debakula" unserer oberflächlichen und zutiefst gewinnorientieren Zeit des modernen Kapitalismus. Die Innen- und Außenpolitik kriegen schon hier massives Fett ab. Schon nach wenigen Sekunden macht sich die so
urtypische Balance aus Blödelei, tiefliegender Sozialkritik und intelligenter Satire in großartigster Form breit, die die
Erste Allgemeine Verunsicherung bereits in den frühen 80er Jahren zu Lieblingen von Musikfreaks verschiedenster Lager machten.
Das ist große Kunst und wer genau hinhört, kann auch nicht widersprechen. Schon gar nicht, weil
"Werwolf Attacke (Monsterball ist überall)" eines der besten Alben ist, die die
E.A.V in den letzten zwei Dekaden und im übermächtigen Schatten ihrer Frühwerke und den drei unerreicht großen Manifesten
"Geld oder Leben",
"Liebe, Tod und Teufel" und
"Neppomuk's Rache" veröffentlicht hat.
Nach diesem grandiosen Opener, der
mehr Witz, Idee und Hirn in sich hat, als ein Gros aller sogenannten "Künstler" in ihrem ganzen Leben zu Papier bringen, erzählt der
"Bankrott" von wirtschaftlicher Misere, parodiert in
"Ding Dong"'schen Strophenläufen und mit herrlichem Chorus manch tristen Alltag von
"Herr und Frau Österreicher".
Der Spagat ist kongenial wie eh und je.
Lockere Melodie, pfundige Rhythmen und sogar ein feines Gitarrensolo. Für geistig minderbemittelte steigt hier vielleicht dennoch ein potentieller Apres-Ski-Song in den Ring. Für die denkenden unter uns ist
"Bankrott" jedoch ein weiterer grenzgenialer Fingerzeig in Richtung
"Virus Menschheit",
"Seuche Zeit" und der zweite Knaller der
"Werwolf Attacke"!
"Grüß Gott Bankrott!
Liebes Vaterland, wir fahr'n mit Vollgas gegen die Wand.
Hintertür gibt's leider keine, dafür Spiele anstatt Brot!
Der "Zeigefinger
" setzt da mit kurzen Volksmusikintermezzo gleich einen drauf, während sich "Pfeif drauf
" kurzerhand als leichtfüßiger Ohrwurm mit eingängiger Hitmelodie entpuppen will, um letztendlich natürlich doch wieder mit kritischem Text zu überzeugen. Wer außer der E.A.V. bringt die Mickey Mouse gelungen in derselben Textzeile mit dem Holocaust unter? Das ist einfach unverkennbar und groß.
"Islamist, Terrorist, der Westen ist der ist der Antichrist.
Vater Fundamentalist, der auf seine Kinder schießt!
"
Die "Werwolf Attacke" überzeugt bis dato maßlos! Songwriting, Hitpotential und Inhalt sind wertvoll wie lang nicht mehr. Weiter geht's mit "Theater um di Kunst
", einem jazzig adaptierten und mit Folklore angereichertem Tantiemen-Abgesang. Hier ist der Text ebenso der Fingerzeig, wie bei "Dame Europa
" und beim basslastig und mit Saxophon groovenden EU-Fehlerprotokoll "Hunger
".
"Gut gekaut, ist halb verdaut!
" meine Herren.
Europa war in der Tat noch nie so klein und während wir schon mittendrin sind in "Werwolf Attacke (Monsterball ist überall)" wird klar, dass wir es mit der besten E.A.V. seit langer Zeit zu tun haben, auf der keinerlei Ausfälle zu verzeichnen sind. "Scharia-Ho
" ist nur für Minderbemittelte ein Wiener Heurigengesang. Den parodierten Salafistenschmäh versteht sicher nicht jedermann, aber er sitzt wie ein Kopfschuss, um das Feld für weitere Knaller zu ebnen. Die obercoole Russland-Ewiggestrig-Session "Babuschka
" ist ein sensationell grooviges Albumhighlight und bringt mit Zeilen wie "Wodka macht nicht satt, Frau was lange Beine hat, die gehört in Stadt!
" alles auf den Punkt, was einem die Dekadenz der russischen Oberliga und deren überholtes System so unsympathisch und unmenschlich macht.
"Wie soll die Wirtschaft schneller wachsen, als ihr eigenes Karzinom?
"
Das nächste Highlight folgt auf den Fuß. "Was ist los
" soll eine Single werden und sie wird todsicher zum Hit. Mit punkigem, harten Riffing und dezenter NDW-Schlagseite hören wir einen der coolsten Songs der "Werwolf Attacke". Geiler Text über das Tempo unserer Zeit und das berufliche und private "Getriebensein
" einer Gesellschaft, die trotz ihres Luxus offensichtlich mit massiver Unzufriedenheit zu kämpfen hat. Hitverdächtiger Refrain und ein todsicherer E.A.V.-Knaller.
Verschnaufpause: "La Loba
" ist eine nachdenkliche Ballade und in bester E.A.V.-Tradition mit romantischer Wehmut und mit traurigem Text die schöne Überleitung zu "Unscheinbarar Bua
", der großartigen Kurzgeschichte über einen Außenseiter, der als rekrutierter, social-media-verstörter Rechtsaußen-Amokläufer endet. Musikalischer Themenwechsel. Nach halbballadesker Hausmannskost, lassen Spitzer und Co. für die unterkühlte "Maschine
" den Electro-beat aus dem Sack.
"Burli, die alte
"Schwammerlsau", is back!
"
Unverhofft kommt dann kurzerhand ein Begleiter unserer Jugend für ein "Miss Fuckushima
"-Kurzintermezzo ins Spiel. Das "Idol der atomaren Welt
" ist heute geschieden und nach Japans "Supergau(di)
" neuerdings in die "Fukush-Irmi
" verliebt. Die Melodie ist wohlbekannt, der Sarkasmus der Ersten Allgemeinen Verunsicherung ist grenzmorbid, ebenso köstlich wie eh und je und folglich auch beim pädophilen "Notkaeppchen
" und der coolen "Sado Lilly
" ebenso enorm pikant.
"Wär die Erde eine Bank und sterbenskrank, hätten wir sie längst gerettet!
"
So tönt es beim globalen Ausbeuterchor von "Zugriff
", bevor zum Ende der Reise der bis dato größte Aufreger der "Werewolf Attacke" erschallt. "Lederhosen Zombies
" ist klasse ohne Wenn und Aber: Es ist auch der Song, der bereits im Vorfeld für riesen Aufsehen in den Medien sorgte. Trotz der Dementi seitens der Band, die nicht zuletzt auf massive Kritik des Proletariats und sogar Morddrohungen von Neo-Trachtenschlager-Volksrockerkreisen stieß. Scheiß drauf: Der finale Hit ist eine herrliche Absage gegen das heutzutage (nicht restlos aber leider weitgehend) hirnlose Volksmusik- und Zeltfestpack, das ausgeartete und mit Tradition völlig inkompatible Dorffest- und Oktoberfestbauerntum und die "mitunter
" so minderbemittelten Fragmente des Gabalier-Proletariats, das wahrscheinlich nicht mal der olle Andreas richtig cool findet.
"Der oide Wolf
" ist schließlich das nachdenklich und melancholische Ende und setzt die große Tradition wehmütiger E.A.V. Albumfinales würdig fort.
Die E.A.V. ist zwar in die Jahre gekommen, aber immer noch verdammt gut im Saft und unverkennbar und hemmungslos. Aktuelle Themen der Innen- und Weltpolitik werden musikalisch weltoffen wie eh und je vertont.
Dass der Mensch und in Folge die Gesellschaft unserer Zeit mehr blöd als g'scheid sind, und leider zumeist mehr schlecht als recht ist, halten uns die Herren auch wieder schonungslos fundiert vor den Spiegel. Die Summe seiner 20 großartigen Songs macht "Werwolf Attacke (Monsterball ist überall) " musikalisch, wie auch lyrisch zur besten E.A.V. seit Jahren. Die ganz großen Glanzzeiten bis hin zu "Neppomuks Rache" sind zwar vielleicht vorbei und die einstige Dichte an kreativer Genialität, hat ein Album wie "Werwolf Attacke (Monsterball ist überall) " vielleicht auch nicht mehr ganz zu bieten. Verdammt cool und eine absolute Ausnahmeerscheinung sind die Herren Eberhartinger, Spitzer und Co. aber immer noch und ein Schmunzeln kommt einem immer wieder auf's Neue aus, wenn man sich eine neue Scheibe der E.A.V. reinzieht.
In diesem Sinne:
Die E.A.V. sind immer noch die perfekte, bitterböse Satire und diese ist aktuell wichtiger und relevanter denn je! Diese Band ist einer des wichtigsten und sarkastischsten Kulturgüter Österreichs und ihre Alben haben vor Allem das, was der heutigen Wegwerf- und Ellbogengesellschaft leider weitgehend fehlt: Nämlich Nachhaltigkeit und vor Allem guten und verdammt unbequemen Humor, der nie und nimmer den Anspruch hat "korrekt+ zu sein und Herr und Frau Österreicher gut zu Gesicht zu stehen!
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