Ich kann mich noch sehr gut an die Begeisterung erinnern, die die erste Zusammenarbeit von
Rage mit dem
Lingua Mortis Orchester damals ausgelöst hat. Das ging zumindest bei mir soweit, dass ich mir erstmals ganz bewusst und vorsätzlich eine
Rage Platte kaufte, da die Songs der Deutschen in ihrem opulenten
"Klassik-meets-Metal-Kleide" mit dem Prager Symphonieorchester erst so richtig zünden konnten. All das ist eine gefühlte Ewigkeit, um genau zu sein 17 Jahre, her. Nun ist es wieder soweit.
Lingua Mortis Orchestra nennt sich der Interpret, dahinter stehen aber fast dieselben Individuen, sprich die
Rage Musiker Victor Smolski (Gitarre, Keyboard, Cello), Peavy Wagner (Gesang und Bass) und André Hilgers (Schlagzeug).
"LMO" soll die Weiterführung der
"Lingua Mortis" Scheibe sein
(mit "Ghost" und "XIII" darf und soll man das Werk nicht vergleichen, da diese nur Nuancen des Orchesters enthielten), und dass die orchestralen Parts diesmal mit zwei Orchestern und über 100 Musikern aus Weißrussland und Spanien arrangiert wurden, ist für unsereinen ohnehin nur Beiwerk. Das Gros der Musik stammt aus der Feder von Victor Smolski, das Konzept über die Hexenverbrennung anno 1599 von Gelnhausen kommt von Peavy.
Das Resultat ist wenig überraschend, aber richtig klasse.
Atmosphärisch, düster und dramatisch werden Heavy Metal Songs mit ausufernder und detailverliebter Klassik, düsteren Chören und Orchester gepaart. Das klingt wie aus einem Guss, ist harmonisch und höchst eingängig. Harte Gitarren und symphonischer Bombast stehen gleichwertig nebeneinander. Dezente Progressivität wirkt nie aufdringlich, sondern schafft in ihrem virtuosen Klassikgewand große Stimmung. Das größte Kompliment, dass man dem
Lingua Mortis Orchester machen kann ist, dass die Scheibe zu keinem Moment kitschig klingt. Peavi’s Gesang passt neuerlich perfekt zur Gesamterscheinung, die beiden Gastsängerinnen fügen sich ebenso nahtlos in das klassische Rock- und Metalkorsett ein wie ex-
Metallium Powerröhre Henning Basse und die virtuos eingängigen Klänge der unzähligen Musiker erschallen immer wie aus einem Guss. Auf
"LMO" klingt nichts verkrampft, vielmehr gehen die aufwändig, detailverliebt und dennoch durch und durch stimmigen Songs dem geeichten Freunde derartiger Klänge sofort ins Ohr.
Dem Lingua Mortis Orchestra ist die perfekte Symbiose aus Klassik und Metal gelungen. Perfekt und wuchtig produziert. Am meisten jedoch beeindruckt die düster dichte Atmosphäre, die dem Werk von Beginn an sein gewisses Etwas gibt und vor allem Songs wie die amtlichen Gitarrenbretter
"Witche’s Judge" und
"The Devil’s Bride", das pipifeine Scapegoat
" oder das fast schon grandiose "Witche’s Judge
" restlos veredelt. Besser kann man wuchtigen Metal und virtuose Klassik kaum paaren!
Vor allem da Therion offensichtlich im kreativen Niemandsland gestrandet sind, ist das Lingua Mortis Orchestra heute eine wohlige Erscheinung. Die perfekte Fortführung von "damals+ ist Smolski und Co. auch gelungen, und auch wenn
"LMO" vielleicht nicht grade die ganz perfekte Sommerscheibe ist, kann man die bedenkenlose Kaufempfehlungen für all jene aussprechen, die immer schon auf gelungene Symbiosen aus Metal und Klassik gestanden sind.
Der nächste Herbst kommt ja schließlich auch bestimmt früher, als es uns lieb ist….