Es gibt Alben, die sind so hässlich und geschmacklos verpackt, dass man es kaum glauben kann. Das full-length Debüt der Brasilianer von
Dark Avenger ist ein genau solches. Kein Mensch der Welt würde blindlings zum hochroten Löwenkopf greifen, wüsste er denn nicht welch herausragende Klasse sich in diesem Kleinod verbirgt. Nun ja, die meisten werden es ja auch nicht wissen, zumal die Herren aus den Vororten Brasilias seit jeher der pure Insidertipp waren, und nicht ansatzweise einen Fuß in die berühmte Tür bekamen.
Bombastisch, aber niemals überladen oder gar kitschig arrangierter Power Metal mit brachialen Riffs, einer erdig fetten Produktion, tollen Gitarrenharmonien und einem starken Sänger. Das sind die Attribute, die das
Dark Avenger Debüt bis heute auszeichnen. An vorderster Front jedoch steht das abwechslungsreiche und teilweise wirklich herausragende Songwriting der Südamerikaner, die es leider nie geschafft haben, auf breiter Ebene Fuß zu fassen. Ganz im Stile großer Vorbilder wie
Metal Church,
Judas Priest oder
Vicious Rumors werden die Gitarrenwände nach Vorne getrieben. Die Melodie- und Harmonieführung nimmt mitunter Vorbilder wie
Iron Maiden, aber auch
Stratovarius in die Referenzliste und der raue, aber dennoch gefühlvolle Charme des Albums erinnert nicht zuletzt an (Underground)Ikonen wie
Sacred Warrior,
Jacobs Dream,
Destillery oder
Impellitery.
Der harsche Opner
"Armageddon", das epische
"Die Mermaid!" oder das gnadenlos bangende
"Who Dares To Care" sind ein Einstieg nach Maß und haben mich vor exakt dreizehn Jahren ebenso volley überzeugt, wie sie mir heute noch Respekt abgewinnen. Natürlich reden wir hier nicht von einer high-end state-of-the-art Scheibe. Über den Akzent und manch englische Holprigkeiten in den Lyrics muss man auch hinwegsehen. Auch die hohe Performance von Mario Linhares mag manch einen über Maßen beanspruchen und natürlich erzähle ich hier nicht von einem Meilenstein im Stile von
"Blessing In Disguise",
"Digital Dictator" oder
"Piece Of Mind". Als Ansatz für die musikalische Ausrichtung dieses mit herrlichem Undergroundcharme versehenen Debütalbums aus Brasilien, dürfen die Referenzen aber dennoch gelten. Und weil
"Dark Avenger" vom ersten bis zum letzten Song keinen wirklichen Schwachpunkt, sondern mit dem Titeltrack, dem gefühlvollen
"Half Dead Eyes" und
"Madelayne" vielmehr noch richtige Highlights offenbart, ist es
bis heute eines der schmucksten Stücke südamerikanischer Metal Kultur der 90er Jahre.
Dark Avenger sind ein Paradebeispiel dafür, dass auch Mitte der 90er Jahre reinrassiger Power Metal fernab aller Pappschwerteresoterik und Drachenmärchen zelebriert wurde.
"Dark Avenger" ist hart, melodisch und einfach verdammt gut!
Eine Perle des underground und ein musikalisch nahezu perfekter Spagat aus Power Metal und US Metal.
"Dark Avenger" darf sich der qualitätsbewusste Power Metal Fan ruhig mal auf den Einkaufszettel für die anstehenden Metal Markets schreiben! Und wenn schon nicht die mittlerweile rare Originalversion
"hergeht", kann man ja vielleicht immerhin noch den 2000er re-release abgreifen, um seine Sammlung um ein wirklich gutes und durchaus exotisches Kleinod zu bereichern…