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9.0
Eines vorweg: ich war nie der große Anathema Anhänger, aber zumindest habe ich das Schaffen der stets wandelfreudigen Engländer immer am Rande beobachtet. Somit ist mir das stete Verlassen der frühen Death Metal Pfade natürlich nicht entgangen - "Judgement" heißt das wundervolle Juwel, um welches auch meine Wenigkeit nicht herum gekommen ist, sich selbiges ins Regal zu stellen. Obwohl sich noch zwei weitere Alben in die Kollektion beiläufig eingeschlichen haben, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich eindringlicher beschäftigen und von den sagenhaft schönen Wogen hinfort tragen lassen würde. "Weather Systems" könnte nun der Wendepunkt zwischen mir und Anathema sein.
Denn, wenn auch schon seitens Kollege Tom bereits als sehr ruhig und bedächtig angekündigt, hat sich dieses Kleinod schon tief in mein Herz eingenistet. Haben wir es hier mit Metal zu tun? Nein. Mit Rock? Kaum. Seelenmusik? Ja. Anathema haben zwar die düstere Aura weitgehend ad acta gelegt, überraschen anhand ihrer positiven-aufhellenden Klänge in Gegenwart von "Weather Systems" dafür umso mehr. Ästhetik heiß das Motto nach wie vor, aber die Kulisse hat sich von den beklemmenden Vibes über weite Strecken nahezu gelöst. Dies dürfte gerade jenem Klientel etwas aufstoßen, welches speziell diese Qualität zu schätzen weiß. Ich persönlich gehe - siehe Einleitung - als (fast) Unbefangener in die Angelegenheit offen hinein und empfinde dieses dargebotene Ambiente als künstlerischen Fortschritt und gleichzeitig als emotionale Bereicherung. Warum? Weil Chefdenker D. Cavanagh einmal mehr über sich hinaus gewachsen ist und sich einen Furz darum schert, was gerade angesagt sein mag. Schon das zum endlosen Tagträumen inspiriende Start-Doppel "Untouchable Part I/Untouchable Part II bietet eine derart himmlisch-warme Atmosphäre, der man sich einfach nicht entziehen will. Der filigrane Gitarrensound und Daniel Cavanagh's Demut zeugende Vocals, sind - gelinde gesagt - Seelenfutter par excellence. Und ja, dicht gebündelt repräsentieren sie den wesentlichen Charakter des kompletten Albums, welches vor Homogenität nur so strotzt. Nicht jeder wird sich für die weichen, ja fast schon poppigen Rhythmen begeistern, aber wenn das Endresultat derart souverän klingt, verliert man eben für kurze Zeit den Sinn für metallische Härte. Die Anreicherung weiblicher Vocals und die niemals zu aufdringlichen (Streicher-) Arrangements des Londoner Session Orchestras tun ihr übriges, um diesen paradisischen Ohrenschmaus zu vervollständigen. Ob nun im Weiteren die nicht minder wundervollen "Lightning Song", "Sunlight", The Beginning And The End" oder "Internal Landscapes" den Raum erfüllen, ist schließlich ziemlich Powidl. Ich möchte diese fragilen Akustikblüten eigentlich nicht weiter groß in Worte zerpflücken oder krampfhaft umschreiben, man muss sie einfach selbst hören um deren betörende Schwingungen in sich wirken zu lassen. Das ist intensives Gefühlskino, welches seinesgleichen sucht. Das ist Hochgenuß, welcher unter dem Kopfhörer bis zum letzten Staubkörnchen aufgesaugt werden will. "Weather Systems" ist somit eine weitere Großtat dieser englischen Ausnahmecombo, die konsequent ihr Ding durchzieht und diesesmal sogar den Meisterproduzenten Christer-Andre Cederberg engagiert hat, um den bestmöglichen Sound zu erhalten. Es scheint, als hätten die Brüder Cavanagh Daniel und Vincent die nächste Entwicklungsstufe ihrer Vision erreicht, mit der sie sich wieder neu erfunden haben. Viel mehr bleibt mir nicht über "Weather Systems" sagen, außer, dass wir es hier mit einem sensationellen Phonfrüchtchen zu tun haben. Trackliste
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Reviews
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