Die Bewertungspolitik in den großen Printmagazinen unseres Kontinents verstehe wer wolle, nur ich tu es schon seit Jahren nicht mehr. Während Bands, mit halbgaren Outputs (oder sollte man sagen mit finanzstarken Labels im Rücken) über den Himmel gelobt werden, unoriginellste Halbcovertruppen aufgrund ihrer tollen Ritterrüstungsbandfotos zu hoffnungsvollen Newcomern erkoren werden, obwohl ihrer musikalischen Ergüsse in etwa so interessant und kompetent sind wie die hundertste Vorführung vom "Schurkischen Kuno" und einige Acts allein schon wegen ihres Namens oder einer derzeit angesagten Stilrichtung eine hohe Mindestpunkteanzahl abonniert haben, überschütten sich die Schreiberlinge dieser ach so objektiven "Fachpresse" Jahrein Jahraus mit Selbstlob und Objektivitätsbekundungen, dass es schon fast bis in den fernen Osten miefen muss.
Aber genug des Jammerns, wer die Sache verfolgt, der weiß was ich meine und wer sich seine Bands und Platten nicht nur nach den vorgegebenen Marschrichtungen aus Germanien einverleibt, der weiß auch wie viele Perlen in eben jenem Vitamin-B-Sumpf untergehen. Eben genau solch eine Perle ist hier reanimiertes Album das vor Kurzem eben genau ein solch leidiges Schicksal erleben durfte, das mir diesen schwülstigen Vorspann unumgänglich machte und einer weiteren mehr als potenten Band somit wohl von Vornherein jegliche Chance nimmt!
Wycked Synn kommen aus den Staaten, spendieren uns ihr Album über ein kleines Label (wäre die Scheibe bei NB rausgekommen, hätte sie wohl auch ihre verdienten Lorbeeren geerntet) und fabrizieren zu ihrem Pech leider keinen Pseudo-Power Metal oder sonstige angesagte Marke, sondern schlicht und ergreifend
zeitlosen Heavy Metal amerikanischer Prägung mit einer gehörigen Hard Rock und Melodic-Schlagseite. Seien es geradlinig riffende Abbrösler der Marke
"Evil Ways", filigrane Heavy Hits a la
"If You Said Goodbye" oder schlicht traumhafte Momente wie die im Duett vorgetragene Halbballade
"Let It Rain" (Weltklasse!!!), die auch
Queensryche in ihrer Blüte nicht viel emotioneller und schöner inszenieren hätten können –
jeder Ton knallt, jedes noch so coole Riff sitzt und jeder Refrain funktioniert fernab aller Klischees. Die handwerklichen Fähigkeiten der Jungs stehen außer Zweifel, die Vocals sind superb, die Songs gehen allesamt in Ohr ohne sich abzunützen und nicht mal die Produktion lässt Wünsche offen. "The Vision" hat also absolut keinen Schwachpunkt und sollte so ziemlich jeden Fan härterer Klänge befriedigen können!
Diese Scheibe ist sicher keine musikalische Revolution aber weit besser als ein Großteil allerorts abgefeierter Neuveröffentlichungen, rockt an allen Ecken und Enden, hat ebenso erhabene Momente wie ungezwungen geradeaus krachende Parts am Start,
spannt einen weiten Bogen von hohem US Metal Niveau zu absolut rezeptfreien Melodic-Songs und sollte von jedem Freund 80er lastiger Metal/Hard Rock Klänge zwischen Dokken, Ozzy und Queensryche schleunigst mal angeknabbert werden.