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Helloween
18.11.2017, Mediolanum Forum, Assago (Mailand)
Lang ist's her, dass die DS-Crew in großem Stile mehrtätig unterwegs war. Die beiden "Gods Of Metal Festivals" in bella Bologna sind schon fast verjährt, der magische Stockholm-Trip (zum Special) war 2010 und das London-Spektakel mit Def Leppard/Mötley Crüe im Wembley (zum Livereview) und der sagenhaften Sabaton/Hell-Show im Koko (zum Livereview) ist auch schon wieder unfassbare sechs Jahre her.
Die Pumpins United Tour soll nun also wieder Schwung in die alten Beine bringen. Italien, genauer gesagt Mailand, sind ohnehin und rein lukullisch immer eine Reise wert und so macht sich diesmal gar ein 7-köpfiger Tross auf, um am eizigen Italientief-freien Wochenende des Novembers 2017 gen Süden zu reisen. Gefühlte 200 Espressi, 50 Flaschen Nero Tavola, tonnenweise Antipasti und großartige Pizzen, Nudeln und Dolci später, steht man dann lange elf Jahre nach der "A Matter Of Life And Death Tour 2006" einmal mehr vorm geilen Mediolanum-Forum, um jenem Event beizuwohnen, das eigentlich schon seit Jahren überfällig scheint. Dass Michael Kiske seine tiefsinnigen Jahre hinter sich hat, in denen er uns persönlich erklärt hat, dass "eine Reunion völlig ausgeschlossen sei, es sei denn er werfe jegliches Selbstwertgefühl über Bord und verrate sich selber" (nachzulesen in unserem ausführlichen Interview aus dem Jahre 2008), ist bekannt, Kai Hansen war ohnehin pausenlos "in Metal" und zumeist hochklassiger unterwegs als sein ollen Kumpels Weiki und Markus. Was also spricht in Zeiten, wo Attribute wie "Kult", "legendär" und "Abschiedstour" allgegenwärtig sind dagegen, nochmals richtig abzuräumen und sich mit den alten Kollegen zusammen zu raufen um den Fans endlich das zu geben, was sie seit fast 30 Jahren wollen? Hellowen waren, sind und bleiben eine der besten deutschen Metal Bands aller Zeiten. Grund dafür sind aber eben nicht die (zum Teil durchaus guten) zehn Alben, die Weikath und Co. seit 1994 mit Andi Deris am Mikro veröffentlicht haben. Grund für den Status den Helloween auch im Jahre 2017 immer noch inne haben, sind ohne Frage die beiden "Keeper Of The 7 Keys"-Meisterwerke (zum Classic Review). Die beiden unkaputtbaren und zeitlosen Referenzalben des melodischen Speed Metal. Zwei DER 80er Jahre Metal Alben. Weltklasse, bis heute unerreicht und nicht zuletzt auch Begleiter jedes einzelnen Metalheads, der in den 70er und 80er Jahren das Licht der Welt erblicken durfte. Nicht zu vergessen, nie zu unterschätzen natürlich auch das endgeile Schaffen, mit dem Helloween vor der Enddeckung von Goldkehle Kiske den Underground aufrührten: "Starlight" und "Walls Of Jericho" (zum Classic Review). Damals noch mit Hansen am Mikro, sind die "ersten" Helloween-Songs noch heute unsterbliche Klassiker. Dazu aber später mehr. Die Begeisterung darüber, dass es nun endlich klappen sollte, dass wir nun endlich nochmals unsere Jugendhymnen mit der "richtigen" Stimme und Bandbesetzung erleben würden, war immens. Kein Wunder, dass Helloween mit "Pumpkins United" die größte Tour ihrer mittlerweile fast 35-jährigen Karriere fahren. Als sie einst am Zenit ihres Schaffens und kurz vorm Schritt in den Olymp der Szene waten, zerfiel die Band ja bereits. Nach "Keeper Of The Seven Keys Part 2" zog Hansen in die Ferne, um seinen Kollegen mit Gamma Ray jahrelang zu zeigen, wo der Hammer hängt. "Pink Pubbles Go Ape" war zwar unumstritten weltklasse, erschien aber zur falschen Zeit mit falschem Image und "Chamäleon" war nicht nur Kiske's Abschied, sondern sowas wie Selbstverstümmelung. Ein cooles Album, aber eben nicht Helloween. Der Rest ist Geschichte und mit dem bemitleidenswerten Andi Deris am Mikro blieb Helloween nicht viel mehr, als jahrzehntelang mehr oder minder erfolgreich durch kleinere und größere Clubs zu tingeln. Blöd auch, dass immer und überall auf die "Keeper"-Songs gewartet wurde, denen die Stimme von Deris einfach nie und nimmer gewachsen war. Blöd gelaufen. Vor Allem für Andi Deris, der wohl auch bei dieser Tour für die meisten sowas wie der Klotz am Bein ist. Der nette Mann kann eigentlich nix dafür und hat auch niemandem was getan, er hat aber ein verdammt hartes Los ausgefasst. Diesmal vielleicht härter als je zuvor, letztendlich war die Stadionshow, die wir heute mit 7.000 anderen Metalheads in Mailand erleben durften, aber dennoch für alle Parteien versöhnlich, schlichtweg perfekt und beeindruckend! Natürlich hat der ganze Event auch etwas von "nostalgischer Samstag-Abend-Unterhaltungsshow". Das darf und kann man nicht schön reden. Wenn zwei Sänger auf der Bühne agieren und die ganze Helloween-Familie einen auf Familienurlaub macht, ist das so viel Rock N Roll, wie ein Tisch voll Tiramisu, Tartufo Bianco und Panna Cotta. Auch logisch, dass man hier und heute nie so wirklich das Gefühl hat, dass eine "echte" Metal Band auf der Bühne steht. Nach knapp 3 Stunden perfekter Vollbedienung schert das aber wirklich niemanden mehr und die Gründe dafür sind glasklar: Helloween bieten auf ihrer "Pumpkins United" Tour alles, absolut alles, was das Fanherz begehrt. Die Band ist derart perfekt aufeinander eingespielt, dass es nur so ein Genuss ist. Kai Hansen steht zu jeder Sekunde auf der Bühne und zockt mit Michael Waikath und Sascha Gerstner nicht nur die Klassiker, sondern auch die neueren Songs so, als ob es seine Babies wären. Drummer Daniel Loeble ballert mit Wucht und Perfektion und Markus Grosskopf war ohnehin schon immer einer der coolsten im Kürbiskisterl. Perfekter geht melodischer Speed Metal Metal nicht. Helloween zeigen ihren unzähligen Nachahmern und Möchtegern-Erben elegant und mit verdammt viel Spielfreude, wo der Hammer wirklich hängt. Umrahmt von coolen, riesigen Pumpkins-projektionen, cool animierten Kurzfilmchen und großartigem, wuchtigen Sound, liefern die Deutschen ein absolutes High-Class Spektakel ab. Kein Wunder, dass einem die Gänsehaut bereits nach wenigen Sekunden bis zum Haaransatz steht, wenn man endlich den Übersong "Halloween" in seiner vollen Pracht und gleich als Opener erleben darf. 15 Minuten Ausnahmekunst, interpretiert von einem Heimkehrer, der immer noch wie ein Gott singt. Michael Kiske hat immer noch seine Goldkehle. Manche Parts sind zwar eine Spur kürzer gehalten, als im Original. Auszusetzen gibt es an Kiske's Performance aber rein gar nichts. So haben wir uns das alle gewünscht und weil's so geil ist, stört es auch gar nicht so, dass auch Andi Deris mit dabei sein darf, um einige Parts der Klassiker mitzuträllern. So soll's in Folge weitergehen. Einige Songs liefern die Herren alleine ab, bei den meisten Tracks stehen aber beide auf der Bühne um im Duett zu agieren. "Are You Metal?": Naja, Duetts sind ja eher Schlager, aber hier und heute darf es einen dennoch begeistern. Vor Allem, wenn als Nummer zwei mit "Dr. Stein" gleich der nächste Jahrhunderthit durchs Forum pfeift, um auch die ältesten Säcke dazu zu bewegen, ihr Haupt zu beuteln. Großes Kino. Genauso wie alles was folgen soll: Kiske und Deris machen einen auf superdicke Kumpel und geben sich manierlich und harmonisch das Mikro in die Hand. Es ist offensichtlich, dass jeder der Protagonisten richtig Spaß an der Sache hat. Kein Wunder, haben Helloween doch noch nie so eine riesige Headlinertour gespielt. Spät, aber doch. Dass man während der Deris-Songs meistens Bier holen kann, ist zwar nicht ganz fair, macht aber Sinn und ist ob des eigentlichen Ziels der Veranstaltung wohl mehr als verständlich. "If I Could Fly", "Perfect Gentlemen" und "Power" machen aber auch heute ein gute Figur und halten sich zwischen den "echten" Helloween-Ausnahmesongs erwartungsgemäß am Besten. Dass bei "A Tale That Wasn't Right" wohl nicht nur der Tirol-Fraktion die ein oder andere Träne über die dicken Backen kullert, getraue ich mich dann ebenso zu beschwören, wie die Tatsache, dass das sensationelle "Walls Of Jericho"-Medley mit "Starlight / Ride the Sky / Judas" und "Heavy Metal (Is the Law)" zu einem der unumstrittenen Höhepunkte der Tour gehört. Nicht nur, weil der Sound amtlich fräst und weil Hansen eine der coolsten Huren der Szene ist, sondern weil das Hanseaten-Metal-Urgestein auch absolut geil singt. " Forever the faith will live on in our heart!" Die Zeit vergeht angesichts der Hitdichte erwartungsgemäß wie im Flug. Eines der überraschendsten, aber ganz großen Highlights ist ohne Frage das Drumsolo, bei dem Dani Loeble mit den eingespielten "Live In The U.K."-Originaltakes des 1993 verstorbenen Ingo Schwichtenberg im Duett ballert, während man die Videoeinspielungen von Ingo sieht. Ganz großes Kino und einer der wohl intensivsten Momente der Show. So geht Pumpkins United! "Livin' Ain't No Crime" und "A Little Time" passen danach wie die Faust aufs Auge, während "Why" und "Soul Survivor" erwartet abstinken. Sei's drum, "Power" ist und bleibt trotzdem ein kleiner Hit und das unkaputtbare "How Many Tears" stellt unter tosendem Applaus das erste Finale des regulären Sets dar. Ein letztes Mal Bier holen sei empfohlen, bevor mein persönlicher Übermoment folgen soll: "Eagle Fly Free" ist nicht nur der ultimative Inbegriff einer melodischen Speed Metal Hymne, es war auch einer meiner allerersten Lieblingssongs und er funktioniert einfach nur mit Michael Kiske. Gänsehaut deluxe, die beim Manifest "Keeper of the Seven Keys" über eine knappe Viertelstunde so stramm steht, dass es fast schon pornografisch wird. Endgeil, obergeil, für immer und ewig! Zwei der besten Metal Songs aller Zeiten, dargeboten in absoluter Perfektion sind das ekstatische Vorspiel für die beiden unkaputtbaren Hits "I Want Out" und "Future World", die den krönenden Abschluss einer 175-Minuten Show bilden, die trotz dezentem "Samstagabend-Hauptabendprogramm-Flair" und Fehlen der ganz großen Magie, alles gebracht hat, das man sich erhoffen durfte. Ein Schelm, der böses dabei denkt, wenn am Ende der Shows riesen Luftballone durch die Halle fliegen. Alles wird gut! Heavy Metal muss ja nicht immer rebellisch, wild und gefährlich sein. All das waren Helloween ja eh nie. Die "Pumpkins United Tour" war und ist jedem Fall ein großartiger 80er Jahre Backflash, dargeboten in absoluter Perfektion und für jeden einzelnen von uns verdammt viel Nostalgie, noch viel mehr Erinnerung an unsere Jugend und die Tage, in denen wir noch wallenden Haares problemlos allesamt in die Stretch gepasst haben. Die erste Liebe rostet eben nicht, die Liebe und die Leidenschaft werden immer bestehen und heute sind wir nach gefühlt 20 Flaschen Wein und den obligatorischen "vier" Bieren doch in erster Linie froh dabei gewesen zu sein und trotz Polizia-Intermezzo aufgrund dezenter Mafia-Rufe der Belegschaft komplett ins Hotel gekommen zu sein...molto bene! |
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