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Avatarium, The Vintage Caravan
28.11.2015, Weekender Club, Innsbruck
Die Welt gehört den Mutigen! Anders kann man es sich kaum erklären, dass Avatarium mit "nur" zwei Alben im Gepäck eine Headlinertour durch Europa fahren. Natürlich sind sowohl das selbstbetitelte Debüt (zum Review), wie auch das aktuelle "Girl With The Raven Mask" (zum Review) herausragend, unvergleichlich und großartig. In Zeiten, wo selbst renommierte Acts Probleme haben Clubs zu füllen, ist die Tourreise der Schweden aber ein mehr als nur ambitioniertes Unterfangen. Dass Avatarium dabei im Vorprogramm weniger Doom oder Metal, sondern die volle Packung 70er Jahre Power präsentieren, macht die Sache auch nicht gerade einfacher und eine durchaus verzichtbare Terminkollision wie am heutigen Abend, ist natürlich zudem ärgerlich.
Während nicht nur beinahe die gesamte Darkscene-Redaktion, sondern auch alle Candlemass-Jünger, Doomer und Soundgourmets Avatarium in den Weekender Club folgen, fahren die harten Kerle und Death Metal Fans, insbesondere jene, die mit der niederländischen Institution Sinister livehaftig noch nie die Ehre hatten, verständlicherweise ins Alte Kino nach Landeck. Shit happens, aber sei's drum. Die Größe und Schönheit dessen, was uns hier und heute in Innsbruck wiederfahren sollte, räumt letztendlich alle Zweifel beiseite. Während mich Honeymoon Disease mit ihrer ambitionierten, aber weitgehend unspektakulären und unausgegoren klingenden Darbietung über eine halbe Stunde lang richtiggehend nerven, sind Vintage Caravan natürlich leider auch nicht ganz meine Baustelle. Nichts gegen Hippie-Sound, nichts gegen Schlaghosen und Seventies-Rock. Emotional berühren kann mich hier aber leider gar nichts. Auch wenn die drei Isländer richtig tight und fett rocken, perfekt eingespielt sind und von einem mittlerweile ordentlich gefüllten Club über eine knappe Dreiviertelstunde auch richtig gut abgefeiert werden. The Vintage Caravan sind im Gegensatz zu Honeymoon Disease eine super Liveband und wer Vorlieben für den Vintage Rock hat, der sollte diese Band dringend im Auge behalten. Ich tue es nicht und viele werden es natürlich entsprechend anders sehen. Objektiv ist meine Antipathie wohl auch gänzlich falsch, aber unsereiner ist dennoch froh, als das Vorprogramm letztendlich vorbei ist... 22:45 Uhr: Endlich ist es soweit und es ist durchaus erlösend, als Avatarium endlich auf der Bühne des Weekender stehen. Eingehüllt in eine schwarz glänzende Doom Burka mit den weißen Scherpen an den Armen, die nicht nur unseren Professor postwendend an den jungen Ozzy Osbourne erinnern, steht Jennie Ann Smith inmitten ihrer Band und lässt das Publikum von Beginn an staunen. Was für eine Stimme hat dieses so zarte Wesen? Mit welcher Leichtigkeit diese Dame agiert, mit welcher Lockerheit sie sich ihrer bezaubernden, rauen und kraftvollen Stimme bedient ist atemberaubend. Zudem hat Madame Smith nicht nur perfekte Zähne, sondern eine unglaublich sympathische Aura. Die Klasse und den Charme, den sie ausstrahlt, sind absolut einzigartig und machen sie zu einem Blickfang und zur perfekten Krone der Edling'schen Schöpfung Avatarium! Avatarium sind anders! So anders, dass sie ihren Set keineswegs mit einem flotten Doom Rocker oder gar einem packenden Ohrwurm beginnen, so wie es jede andere Band tun würde. Avatarium beginnen mystisch und ruhig. Packend und intensiv. "Ghostlight" ist ein ruhiger, hypnotischer Opener. Betörend, fesselnd und getragen von der sagenhaften Stimme der stimmlich besten und markantesten Frontfrau, die die Metal- oder Doom Szene derzeit zu bieten hat. Sieben Minuten dauert diese Eröffnung. Gebannt steht man da. Begeistert, wenn man mit der Kunst von Avatarium vertraut ist, durchaus verblüfft und gefordert, wenn man die Songs der Schweden nicht kennt. Nach "schwerer Kost" zum Beginn, ist der brandneue Überhit "Girl With The Raven Mask" natürlich erst der richtige Wachrüttler. Allein das Riff dieses Songs ist so überdimensional, dass es für sich alleine stehen könnte. Gepaart mit den packenden Vocals und dem großartigen Refrain, ist dieser Song nicht nur einer der besten des Jahres, sondern auch livehaftig ein erwartetes Highlight und bereits zu dieser frühen Stunde könnte ich stundenlang über das philosophieren, was man Gänsehaut nennt. Großartig! Danach soll es wieder Zeit für forderndere Kost sein. Ein ebenso wunderschönes und zerbrechliches, wie auch fesselnd schweres "Bird Of Prey" verzaubert über knappe sieben Minuten. Das ist keineswegs was für Jedermann. Auch wenn Jennie Ann Smith wie ein Engel singt und ihrem zarten Körper mit unfassbarer Leichtigkeit eine beeindruckende, absolut umwerfende Stimme abringt, sind solche Songs natürlich nichts für "Nebenbei". Man sollte Avatarium schon ein wenig kennen, um sie auch live richtig genießen zu können. Genau dann wird man tief in den Bann der Schweden gezogen. Genau dann wird man hier ebenso wie beim erhabenen "The January Sea" mit Gänsehaut und tiefer Emotion belohnt. Die 70er Jahre Vibes sind bei dieser Band so traumwanderlisch schön in doomige Kolosse und psychedelische Momente verpackt, dass es gleichermaßen unverkennbar wie einzigartig ist. "All I Want" ist die notwendige Auflockerung. Besser und treffsicherer kann man doomiges Riffing, süchtig machende Grooves und großartige Gesangslinien nicht paaren. Dieser Song nimmt einen von Beginn an an der Hand und will einen nicht mehr loslassen. Der perfekte Doom Hit sozusagen und die ideal positionierte Auflockerung, vor dem nächsten großen Kunstwerk. "Pearls And Coffins" ist andächtig, zerbrechlich und schlicht traumhaft. Einer der größten Momente des neuen Avatarium Albums. Spätestens hier wird deutlich, dass all jene, die sich richtig true schimpfen, hier und heute nichts verloren hätten. Zu sensibel, zu verträumt und zu weltoffen ist der Klang dieser Band. Die emotionale Überdosis dieses Songs ist schier unfassbar. Die Gesangslinien, die traumhaften Gitarrenmelodien und die wuchtigen Doom Riffs gehen tief unter die Haut. Die Gänsehaut steht mir bereits bis in die Schuhsohlen, während die bittersüße Dramatik dieses Epos noch durch den Weekender hallt. "The Master Thief" ist die nächste tiefgründige Lektion. Die markante Mischung aus Doom und Metal, aus psychedelischem Hard Rock und sphärischer Melancholie und Schönheit wird in absoluter Perfektion, selbstbewusst und konsequent zur Schau gestellt. Avatarium wollen und müssen niemandem was beweisen. Die Kunst der Schweden ist extraordinär und unvergleichlich. Schwere Kost für oberflächliche Passanten, ein intensives und lohnendes Hörerlebnis für all jene, die sich darauf einlassen. Selbst beim psychedelischsten Moment, selbst bei den ruhigsten Songs erhebt sich jedoch immer wieder der imaginäre Geist des Schöpfers . Leif Edlings Handschrift ist zu jeder Sekunde präsent und der imaginäre Candlemass Schatten erhebt sich immer wieder über die großartigen Songs von Avatarium. Nach dem emotional tonnenschweren, dem seelenleerend nachdenklichen "Master Thief" muss es dann einfach wieder rocken, um den gebannten Hörer nicht zu überfordern. Das tut es auch. "Run Killer Run" ist ein Monstersong. Ein weiterer Hit für die Ewigkeit und ebenso wie das episch melancholische "Deep Well" absolut makellos und perfekt dargeboten, von einer gleichermaßen perfekten, wie sympathischen Band, die nicht nur aus Jennie's Gatten Marcus Jidell (u.a. Evergrey/Royal Hunt) und Candlemass/Krux/Asbtrakt Algebra-Keyboarder und Halford-lookalike Carl Westholm, sondern einmal mehr aus der tighten Tiamat Backline Lars Sköld (drums) und Anders Iwers (bass) besteht. Alles hat ein Ende und auch wenn ich Avatarium noch stundenland gebannt zuhören könnte, neigt sich diese beeindruckende und fesselnde Show dem Ende zu. "Moonhorse" ist an Schönheit und Intensität kaum zu überbieten. Zart und schwermütig. Episch, verträumt, filigran und majestätisch, lässt Jennie An Smith ihre raue Soulstimme geradezu märchenhaft über den düster doomenden Soundkolossen dieses Ausnahmesongs schweben. Man ist unweigerlich dazu befohlen stoisch und im Zeitlupentempo vor sich hin zu bangen und in der montonen, betörenden Klangkulisse zu versinken. Besser und gleichzeitig schöner und emotionaler kann man Doom nicht zelebrieren und wer nicht spätestens nach dem finalem, dem monströsen Doom-Monster Avatarium restlos gebannt, verzaubert und begeistert zurück bleibt, der hat diese Band einfach nicht verstanden. Die Lichter gehen an und Avatarium lassen ihre Fans tief beeindruckt zurück. Eine großartige Show einer überragenden Band ist zu Ende. Unser Herr Professor spricht vielleicht nicht ganz zu Unrecht vom Konzert des Jahres, und dass diese durch und durch sympathisch wirkende Band nur wenige Minuten nach Ende der Show zurückkehrt, um ihren Fans dankend die Hände zu schütteln und mit ihnen am Merch-Stand zu plauschen, ist ein weiteres Indiz dafür, wie groß Avatarium auch abseits ihrer Kunst sind. Setlist Avatarium: 1. Ghostlight 2. Girl With the Raven Mask 3. Bird of Prey 4. The January Sea 5. All I Want 6. Pearls and Coffins 7. Master Thief 8. Run Killer Run 9. Deep Well 10. Moonhorse ---- 11. Avatarium Letztendlich sollte sich jeder, der diese Show verpasst hat, getrost in den Allerwertesten beißen. Ich für meinen Teil darf gerne an das treffende Fazit erinnern, das mir Meister Leif Edling damals in unserem Interview beschrieben hat und das die Aura und das große Plus dieser Band exakt auf den Punkt bringt: "Eigentlich waren wir für Avatarium auf der Suche nach einem männlichen Sänger. Jennie's Stimme hat mich aber total umgehauen, als ich sie eine Gesangslinie von "Moonhorse" singen hörte. Da habe ich sofort gewusst, dass genau sie die richtige Sängerin für unser Material sein würde. Sie hat eine einzigartige Stimme, die die Songs von Avatarium auch völlig einmalig und speziell machen. Für mich ist es, als hätte ich die Stimmen von Robert Plant und Ronnie James Dio gleichzeitig zur Verfügung..." Mehr muss man hierzu nicht sagen. Avatarium sind eine der besten, charismatischsten und beeindruckendsten Bands unserer Zeit und man kann nur hoffen, dass sie uns unter der Feder von Leif Edling weiterhin so überragende Musik Band offenbaren. Musik, die auch abseits der Metal Szene weit mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, als sie bis dato bekommen hat... Ein herzlicher Dank für die Foto geht an Georg Blamauer! @C @C |
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