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Pain
15.10.2011, UFO, Bruneck 
 
Wenn eine Ikone wie Peter Tägtren und seine Hitmaschinerie Pain in Tirol Halt macht, ist es geradezu eine Pflicht, dass man sich in sein Auto schwingt um die gerade mal 75 Minuten nach Bruneck zu pilgern.
Wir wurden nicht enttäuscht...
DarksceneTom
DarksceneTom
(142 Live-Berichte)
Bruneck ist sicher keine Metropole. Eigentlich nicht mal sonderlich berühmt und auch nicht die Schönste unter den Südtiroler Destinationen. In Sachen Metal jedoch könnte Bruneck in Zukunft eine heiße Nummer der Alpenregion werden, und so pilgert der Darkscene Express bereits zum wiederholten Male durchs Pustertal, um das UFO zu besuchen.
Wie bereits bei der Sabaton Show im Frühjahr (zum Live Review) stellen wir auch heute wieder fest, dass das UFO eine wirklich gute, gemütliche und empfehlenswerte Location ist. Die Bar eignet sich bestens zum Vorglühen und für zwischenzeitlichen Hopfenstopps. Der CD Händler am Einlass hat einige amtliche Schmankerl im Programm und die blitzsaubere Halle selbst, ist ohnehin ideal für Shows der "mittleren" Größenordnung. So sind es heute 220 Zahlende, die sich einfinden um Peter Tägtgrens Pain ihre Aufwartung zu machen, und sich dem viel versprechenden Vorprogramm mit Engel und den spinnenden Finnen Turmion Kätilöt zu stellen.



Turmion Kätilöt

Manchmal kommt es wirklich anders….trotz mehrerer hundert Konzertbesuche in über 20 Jahren Metal-Daseins, hab ich so was noch nie erlebt: Eine Band, optisch völlig bunt und keineswegs zusammenpassend, geht auf die Bühne, legt sich hin, stellt sich kollektiv schlafend und über die PA erschallt ein "Schnarchintro". Keineswegs der Brüller, aber zumindest innovativ, und so wie der Rest von Turmion Kätilöt alles andere als alltäglich.
Das Bewährteste an diesen wirren Finnen ist noch der Sound, der sich als monströs pumpender Mix aus Techno und Metal offenbart. Wuchtig und sehr fett, und genau von jener Sorte, die einen unweigerlich mitwippen oder Bangen lässt. Die Optik hingegen ist da schon von einem anderen Kaliber.



Turmion Kätilöt - übersetzt so viel wie "Die Hebammen des Verderbens" - sind so was, wie man in 80er Horror- und Splattermovies gern als Freakshow präsentiert hat:
"Steig bei deiner nächsten Autopanne nicht vorm Haus dieser Irren aus. Wage es nicht zu läuten, denn sie werden die Töten und Essen." Genau so ist das, wenn ein Mix aus Clowns, Satanisten und Pagan Metallern die Instrumente bedient, und von zwei freakigen Gestalten angeführt wird. Die Finnen, die bereits vier Alben am Buckel haben, agieren mit zwei Sängern, die sich stimmlich im Grunde zu 100% gleichen, weshalb einer der beiden zumindest musikalisch völlig ausreichen würde. Aber auch hier beeindruckt in erster Linie die illustre Verkleidung. Der Corpsepaint Bösewicht und die Sadomaso-Tunte sind dann auch der Blickfang der Show. Das sehr agil und mitreisende Stageacting der Herren Spellgoth (der schmuddelige Kerl zeigt sich quasi "sackfrei") und Petja "MC Raaka Pee" Turunen (gibt den bösen, menschenfressenden Buben im Black Metal Outfit) lockt das Publikum aus der Reserve und bringt erstmals Schwung in die Bude.

So funktioniert der martialische Elektro Crossover Sound aus Finnland livehaftig richtig gut. Irgendwie ist es ein Mix aus Rammstein, The Kovenant und Waltari, gekürt mit Death/Black Vocals, der uns hier in intensiver Manier überrollt. Geradlinige Breitwandriffwände und fette Discobeats machen natürlich immer was her, wäre aber nicht die sehr unterhaltsame Liveshow, würden die beiden Sänge sich nicht als Blickfänge inszenieren, immer wieder durch Publikum schreiten um ihre beschwörenden Tänze auszuführen, dann wäre sie Sache live wohl auch ähnlich so monoton, wie sie auf Platte klingt.
Dennoch ein unterhaltsamer Auftritt einer bizarren Band aus Finnland und ein guter Appetizer auf das, was noch kommen sollte…



Engel

Auf diese Freakshow aus dem Land der Seen wirkt der Auftritt von Engel richtig gehend bodenständig. Der moderne Melodic Death Metal der Schweden hat ja bereits auf Platte richtig fett zünden können, und vor allem das sehr starke 2010er Album "Threnody" (zum Review) dreht sich bis heute unabgenützt durch den CD Laser.

Engel überzeugen mit bodenständiger Metal Attitüde. Die Saitenfraktion bangt sich das Hirn aus dem Leibe, posiert in altbewährter Stadionmanier und wechselt fleißig die Seiten. Frontman Magnus "Mangan" Klavborn mimt den jungen Anders Friden, wirbelt und mosht sich verdammt emsig über die Bühne und versucht ebenso wie seine Kollegen immer den Kontakt zum Publikum aufzubauen. Es ist eine wirklich bärenstarke Performance der Göteborger, die aber im Vergleich zu den irren Finnen leider den schlechteren Sound erwischen. Vor allem der Gesang ist zeitweise zu leise, was den ohnehin nicht immer einfachen Songs durchaus ihre Schärfe nimmt, und Killer wie "Six Feet Deep", "Sense The Fire" oder "Propaganda" leider ein wenig unter Wert schlägt. Die musikalische Darbietung in Kombination mit der Spielfreude würden an diesem Tage nämlich überhaupt keinen Grund zur Kritik bietet.

Das was Gitarrist Niclas Engelin mit Engel aufgebaut hat, funktioniert ohne Frage. Seine musikalische Vergangenheit bei Gardenian, Passenger und als Livegitarrist bei In Flames kann und will er dabei wohl auch gar nicht leugnen, und so kann ich meine Meinung nur wiederholen: Diese Band hat Potential:
Besser und unaufdringlicher kann man modernen Metal mit Hitanspruch zwischen Soilwork, In Flames und Raunchy heutzutage kaum machen!



Setlist Engel:
1. Six Feet Deep
2. Casket Closing
3. Trial & Error
4. For Those...
5. Heartsick
6. Scythe
7. Burn
8. Sense The Fire
9. Propaganda
10. In Splendour

Pain

Die Zeichen für die heutige Pain Show stehen gut. Master Peter war den ganzen Tag über bestens gelaunt und der Soundcheck versprach, dass sich vor allem die "gesanglichen" Fähigkeiten des schwedischen Ausnahmetalents im Vergleich zur durchwachsenen Show, die ich vor knapp zehn Jahren erleben durfte, enorm verbessert haben.
Der Vorhang fällt um knapp 23:00 Uhr und bereits das Intro lässt Jubel aufkommen. Pain zitieren die große Schule einer Hallenshow. Der Bühnenaufbau ist der absolute Hammer. Vier satte Flachbildschirme flankieren das triumphale Drumkit. Der Backdrop zeigt das coole aktuelle Albumcover und wird von den über die LEDs flimmernden Bildern, Videos und Visualisierungen perfekt untermalt. Die kühl und stilvolle Lightshow passt perfekt zum modern groovenden Sound der Schweden und zu "Let Me Out" vom aktuellen "You Only Live Twice" Album (zum Review) fällt dann auch endlich der Vorhang für die Protagonisten der heutigen Nacht.



Pain ist Peter Tägtgren, daran besteht kein Zweifel. Der 41-jährige ist der ultimative Blickfang, seine Ausstrahlung, Coolness aber auch seine sympathische Nahbarkeit und das bodenständige Auftreten sind kein Geheimnis. Dass ein solcher Ausnahmemusiker selbstredend nur absolute Vollprofis um sich schart ist ebenso klar und so ist es kein Wunder, dass Pain eine superbe Performance und tolles Stageacting abliefern. Was kommt war klar. Ein Hit folgt dem anderen. "Dancing With the Dead", das atmosphärische "Psalms of Extinction" und der aktuelle Singlesmasher "Dirty Woman" treiben die Stimmung in die Höhe, und lassen auch die Tatsache verschmerzen, dass Pain einmal mehr ohne Keyboarder auf Tour sind und dementsprechend viele Töne vom Band kommen.
Egal, abgehakt. Die Bühne ist zu geil, die Songs zu gut und der bestens gelaunte Peter (der übrigens einige Kilo zugenommen hat, und es somit endlich mal schafft nicht wie ein Junkie auszusehen) einfach zu cool.
"Zombie Slam", "End of the Line", "Suicide Machine": Kollektives Tanzen und Bangen ist angesagt. Die vorpubertären Vollidioten, die bei den Vorbands noch glaubten sich selbst und jeden anderen rumschupsen zu müssen, sind mittlerweile auch in die Wälder gezogen, und so stört rein gar nichts die knapp 75 Minuten schmackhaften Pain Getscheppers.



Das Publikum, übrigens ein wohltuender Mix aus Alt und Jung, aus vornehmlich reinrassigen Metalheads und Kuttenträgern, nimmt die rasant herunter gebretterte Hitparade dankend auf.
Die Gitarren fallen heute im Vergleich zu den hämmernden Drum- und Bassrhythmen zwar leider etwas zu leise aus, an der Treffsicherheit von Hits wie "The Great Pretender", dem sagenhaften Tanzbären "I’m Going In" oder "Monkey Business" ändert das aber redlich wenig. Nach letztgenanntem verlassen Peter und Mannen dann auch erstmals die Bühne…



….die Zugabe folgt wenig überraschend auf den Fuß und startet mit gelassener Akustikatmosphäre. Drei Gitarristen auf der Bierkiste könnte man sagen, als die Jungs gemütlich einen auf Lagerfeuerromantik bringen und einen auf Tarantino Flair machen, um das versiffte Country/Sleaze Zitat "Have A Drink On Me" anzustimmen. Gerade hier wird deutlich, wie sehr sich der Hypocrisy Mastermind gesanglich gebessert hat. Gerade hier wird dann auch wieder mal unfassbar deutlich, dass er a) wie der kleine versoffene Bruder von Johnny Depp aussieht, und b) nach wie vor die geilsten Augenringe seit Derrick herumträgt.
Sehr cool!
Ebenso cool wie der Nachschlag. "Supersonic Bitch" treibt sich tief in die Genickmuskulatur, "Feed The Demons" kommt breitbeinig und das sagenhaft, einfach nur majestätisch stampfende "Same Old Song" ist meiner Ansicht nach ohnehin nicht von dieser Welt. Mehr geht kaum und einen besseren Rausschmeißer als "Shut Your Mouth" gibt’s ohnehin selten.
That’s It! Well done!



Die Show ist vorbei, Pain bedanken sich artig bei der kleinen, aber feinen Crowd, verschenken emsig Flaggen, T-Shirts und sonstige Gimmicks. Die Band verbeugt sich zurückhaltend und freundlich und verläßt die Bühne zu den Klängen von Frank Sinatra’s "My Way" genauso souverän, wie sie sie betreten hat.
Die Show war weit besser, als ich sie mir erhofft hatte.
In dieser Form kann und muss man Pain mittlerweile nicht nur auf Platte mögen. Daran konnten heute nicht mal die leichten Soundprobleme rütteln. Dafür war die gesamte Performance, der coole Peter und vor allem die aufwändig geile Bühne einfach zu überzeugend!
Ich für meinen Teil könnte mir in Zukunft neben den bewährten Hyprocrisy Propellermoshevents, jedenfalls locker zumindest einmal jährlich meine Pain Show abholen, denn in dieser Form und in solchem "Outfit" können Pain ohne Frage auf jeder Bühne und zu jeder Zeit überzeugen!



Setlist Pain:

1. Let Me Out
2. Dancing With the Dead
3. Psalms of Extinction
4. Dirty Woman
5. Zombie Slam
6. End of the Line
7. Suicide Machine
8. Nailed to the Ground
9. It's Only Them
10. The Great Pretender
11. I'm Going In
12. Monkey Business
---
13. Have a Drink on Me
14. Supersonic Bitch
15. Fear The Demon
16. Same Old Song
17. Shut Your Mouth

Fotocredits: Darkscene c/o Thomas Kernbichler





















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