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HR Giger - Dompteur der Dämonen
HR Giger - Dompteur der Dämonen  
Darkscene hat für euch die Ausstellung des Schweizer Ausnahme-Künstlers HR Giger im KUNST HAUS WIEN besucht. Eine seltene Gelegenheit, eine Auswahl seiner bekanntesten Werke im Original zu bewundern ...
Richman
Richman
(4 Specials)
Am 8. März veranstaltete das KUNST HAUS WIEN eine Presseführung zum Auftakt der Ausstellung HR Giger – Träume und Visionen (noch bis 26. Juni 2011). Mehr als hundert Medienvertreter rangelten sich während der Pressekonferenz um den besten Platz in der Nähe des Künstlers. Andächtig lauschte man den Ausführungen des Meisters, der von Kindheitserinnerungen und seiner neuerlichen Zusammenarbeit mit Regisseur Ridley Scott erzählte. Im Anschluß an das Pressegespräch führten Giger Sammler Marco Witzig und Ausstellungskurator Andreas Hirsch durch die Ausstellung, die, soviel darf verraten werden, sicher jeden Fan des Schweizer Künstlers vollauf begeistern dürfte ...



Es ist nur schwer abzuschätzen, welchen Stellenwert und Einfluß HR Giger auf die Popkultur im allgemeinen, und Heavy Metal im speziellen gehabt hat. Man erinnere sich nur an Plattencover wie Celtic Frosts "To Mega Therion", Danzigs "Danzig III: How The Gods Kill" oder das im Jahr 2010 erschienene "Eparistera Daimones" von Triptykon (Anmkg: Thomas Gabriel Fischer, alias T.G. Warrior von Celtic Frost, jetzt Triptykon, ist ja einer von Gigers Mitarbeitern). Einige seiner Arbeiten fanden Eingang in die Liste der 100 besten Plattencover des Rolling Stone Magazins.



Ganze Heerscharen von Musikern und Künstlern sind von HR Giger beeinflusst worden. Man denke dabei nur an Artists wie zum Beispiel Joachim Lütke, der ja auch in Wien wohnt (Artwork für Arch Enemy, Dimmu Borgir, Kreator, Marilyn Manson, und Meshuggah). Die Geschichte des Heavy Metal wäre ohne das Schweizer Ausnahmetalent nur schwer denkbar. Musikern wird Giger auch durch die Lackierung einer Sonderedition der Ibanez Iceman E-Gitarre ein Begriff sein, an deren Lackierung er maßgeblich beteiligt war, und auf der er erneut das Thema der Biomechanik verwirklicht hat.

Folgerichtig hat das Kunsthaus Gigers Arbeiten für die Musik gleich einen ganzen Bereich gewidmet. So ist zum Beispiel das Originalbild des Posters zu "Frankenchrist" von den Dead Kennedys zu sehen. Das Werk, mit dem harmlosen Titel "Landschaft XX", hatte 1985 intensive Kontroversen ausgelöst. Erst ein Gerichtsverfahren bescheinigte Giger, dass sein Werk nicht pornografisch sei. Neben anderen Werken auch zu sehen sind Entwürfe für das Cover für Debbie Harrys "Koo Koo". Diese, und andere Geschichten erfährt der Besucher so beim Rundgang durch die Ausstellung, die gekonnt vom KUNST HAUS WIEN in Szene gesetzt wurde. Beleuchtung und Atmosphäre sind stimmig. Der Besucher taucht so mühelos in die Abgründe gigerscher Bildsprache ein.



Neben seinen surrealistischen Traumlandschaften wurde Giger ja vor allem durch sein Design für Ridley Scotts Film "Alien" bekannt. Für seine Mitarbeit an diesem Film erhielt HR Giger 1980 einen Oscar in der Kategorie "Best Achievement for Visual Effects". So präsentiert die Ausstellung auch die von Giger geschaffene Titelfigur "Alien" in ihrer Herleitung aus den Bildzyklen des "Necronomicon".

Im Laufe der Jahre folgten Filmprojekte wie "Poltergeist II" und "Alien III", an deren Realisierung Giger maßgeblich beteiligt war. Zu sehen ist in der Ausstellung in diesem Zusammenhang das Bild "Alienmonster". Gespannt darf man über Scotts Einladung zur Mitarbeit an dessen neuem Science-Fiction-Filmprojekt "Prometheues" sein, zu dem Giger während der Pressekonferenz nur kryptische Andeutungen gemacht hat ...

Die Ausstellung verbindet Schlüsselwerke aus allen Schaffensphasen des Künstlers mit noch nie gezeigten Arbeiten und erlaubt so einen Einblick in die Entwicklung seiner unverwechselbaren Ästhetik. Drei Frauenfiguren in HR Gigers Werk - seiner Muse Li Tobler, der Sängerin Debbie Harry und der Gestalt der Sil aus dem Film "Species" - gilt dabei besonderes Augenmerk.



Der Fokus der laufenden Ausstellung gilt sowohl dem Maler, als auch dem plastischen Künstler HR Giger. Schwer zu sagen, was mehr beeindruckt – die Bilder oder seine Skulpturen.

Ein weiteres Augenmerk richtet die Ausstellung auf die Themen Sexualität und Tod, die sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes Werk ziehen. Kaum ein Künstler hat die kollektiven Ängste der Menschheit angesichts von atomarer Bedrohung und Technisierung des Lebens in archetypischere Bilder gefasst. Giger ist ein Magier der Träume, der in Zyklen wie jenen zum "Necronomicon" oder zum "Tarot" auch die verborgensten Schichten des Unterbewussten erkundet und die Abgründe des Alptraumhaften und Dämonischen aufsucht.



Im Original entfalten Gigers Werke eine visionäre Kraft und abgründige Intensität, die ihresgleichen sucht. Als Fan von Gigers Kunst sollte man sich daher die Gelegenheit zu einem Ausstellungsbesuch nicht entgehen lassen ...

Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. Juni 2011. Weiterführende Informationen, sowie Öffnungszeiten und eine Anfahrtsbeschreibung finden sich auf der Website des KUNST HAUS WIEN



==========

Im Folgenden wird euch nun mein Kollege RedStar von seinen Eindrücken beim Besuch dieser tollen Ausstellung berichten:

HR Giger - Träume und Visionen (Kunsthaus Wien, 10. März - 26. Juni 2011)

Der Meister des düsteren Surrealen lud zur Werkschau ins Kunsthaus Wien. Inmitten der verspielten Hundertwasser – Welt hielt der Hohepriester des Horrors Hof, Darkscene ließ sich nicht lange bitten und betrat die geheiligten Hallen, deren tumbe Stille einen sofort umfängt und den Besucher in Kombination mit den Museen-eigenen Gerüchen mit einem Hauch von Ehrfurcht (ähnlich dem Besuch einer Kirche) erstarren lässt.

In dieser perfekt inszenierten und ausgeleuchteten Ausstellung lief man schon beim Betreten dieser optischen Hölle Gefahr, von einem der tiefschwarzen Bildnisse voller monströser Absurditäten, skurriler Fantasywesen und Ausgeburten der Hölle verschlungen zu werden. Der mittlerweile 71jährige, kontroversiell diskutierte Oscarpreisträger Giger ermöglicht einem, sich in den grausigen Tiefen seiner Vorstellungwelt zu verlieren, während der Zuschauer durch die aus Gemälden, Skizzen und Skulpuren zwischen Eros und Thanatos bestehenden Ausstellung wandelt und unweigerlich vor dem vor Opulenz und Riesenhaftigkeit starrenden Prachtstück, dem imposanten „Spell IV“, zum Stehen kommt. Hier ist es vor allem die Dimension, sonst die physische Nähe der Werke, die selbst dem versierten Giger-Kenner einen tieferen Einblick in die Vielschichtigkeit und den Detailreichtum der Bilder ermöglicht und die wuchtige opulente Präsenz des Schaffens des Künstlers eindrucksvoll vor Augen führt.


(C) 3Sat

Von Frühwerken wie der Gebärmaschine oder dem Schachtzyklus über die musikbezogenen Werke (Dead Kennedys, ELP), Kunstwerke um seine Muse Li (Li II), das Giger-Tarot, Passagen oder Biomechanoiden bis hin zu den Arbeiten für die Filmindustrie (u.a. Species, Dune) präsentierte der schweizer Dompteur der Dämonen seine verstörenden Alpträume und die Ästethik des Grauens. Auch der Film "H.R. Giger Revealed" wurde vorgeführt, ein weiterer Film bot dem Zuschauer Einblicke in die Lufpinsel-Arbeitstechnik des Visionärs der Apokalypse.

Dem Anspruch, dem Publikum eine umfassenden Retrospektive zu präsentieren, wird diese Wanderausstellung gerecht, maßgebliche Schlüsselwerke und wichtige Exponate (darunter vorher noch niemals öffentlich präsentierte) waren ausgestellt. Dass das künstlerische Schaffen Gigers aber bis in die 1950er Jahre zurückreicht, macht die Auswahl zusätzlich schwierig, reichen doch seine Werke von simplen Bleistiftzeichnungen über Installationen (Heimkiller) bis zu Skulpturen wie Stühlen, von jugendlichen Angstbefreiungszeichnungen über hochkomplexe, vielschichtige Airbrushwerke bis zu den Arbeiten für die Filmindustrie.


(C) Kunst Haus Wien GmbH 2011

Aufgefettet wurde die Exhibition mit Exponaten artverwandter Künstler (teils aus Giger´s Besitz) bzw. Kollaborationen mit anderen Künstlern. Wer dabei wen inspiriert hat, bleibt hier allerdings weitgehend unbeantwortet. Da sämtliche Themen- und Arbeitsbereiche abgedeckt bzw. angerissen wurden, lief die Ausstellung für mich Gefahr, zwischen Skizzen und Alienskulpturen etwas zerfahren und zusammengewürfelt zu wirken. Dies wurde jedoch durch die geschmackvolle Werkauswahl und die absolut stimmige Präsentation sowie die thematisch abgetrennte Alien-Sektion wieder wettgemacht. Zusätzlich lässt ein Blick auf die Vielzahl der Eigentümer der Exponate erahnen, welcher Kraftakt allein die Zusammenstellung dieser Ausstellung gewesen sein musste und eine umfassende Werkschau fast nicht möglich ist.

Natürlich hat Kunst auch eine nicht unwesentliche wirtschaftliche Dimension. War der Eintritt (€ 9) noch vergleichsweise human, so schlug das Merchandise mit satten 39 Euro für ein Shirt und 89 Euro für ein Zippo-Feuerzeug zu Buche, für kleinere Skulpturen waren gar mehrere hundert Euro zu bezahlen. Uns hat es jedenfalls Spaß gemacht, einmal über den Musiktellerrand zu sehen und auf diesen Seiten Artverwandtes präsentieren zu können, wer jetzt Gefallen am Künstler gefunden hat, dem seien seine die zahlreichen Buchveröffentlichungen wärmstens ans Herz gelegt. (RedStar)

Bilder: KUNST HAUS WIEN; Photocredits, von oben nach unten:
"Li I", 1974,Foto: Roland Gretler, © HR Giger, 2011
"Alienmonster" (Gigers Alien), 1979 © HR Giger, 2011
"Gebärmaschine", 1967 © HR Giger, 2011
"The Spell IV", 1977; © HR Giger, 2011
"Debbie Harry im Harkonnen-Capo-Stuhl", 1981; Foto: Chris Stein © HR Giger, 2011
"Dune I", 1975, Foto: Roland Gretler © HR Giger, 2011
"Hommage à Böcklin", 1977; Foto: Roland Gretler © HR Giger, 2011
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