Auf der Suche nach dem
perfekten Soundtrack für dunkle Winterabende, die ideale Vertonung des anstehenden Totentages und der Seelenmassage für Nächte der Trauer, Nachdenklichkeit und Momente des in sich Versinkens, kann und muss an dieser Stelle endlich mal eine Lanze für eine der unterbewertetsten Bands des fünften Kontinents gebrochen werden.
Virgin Black trauern und beschwören im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Die Australier vertonen religiöse Thematiken, und ebenso wie die Genre Könige
Saviour Machine tun sie dies
mit nötiger Andacht, Erhabenheit und unter die Haut gehender Inbrunst. Anders als die amerikanische Ausnahmeband um Genie Eric Clayton, deren musikalische Grundrezeptur jener der Australier mitunter durchaus nahe steht, wagen
Virgin Black den
musikalischen Spagat zwischen Gothic, Doom und Rock bis hin zu dezent elektronischen Fragmenten und einer erdrückenden Portion Klassik und mächtigen Chören.
Das
Virgin Black Debüt
"Sombre Romantic" ist wie ein Soundtrack. Ebenso wie die Band selbst seit Beginn ihrer Tage als
stimmiges Gesamtkunstwerk agiert, ist auch dieser düster verpackte Silberling ein eben solches. Daran besteht kein Zweifel und das verinnerlichen allein die Klänge der
"Opera De Romace" mit knochentrockener Humorlosigkeit. Man wähnt sich in tiefster Dunkelheit, wenn die gregorianischen Chöre in dieses Album gleiten.
Alleingelassen in einer hoffnungslosen, beklemmenden Umgebung. Die Wolken hängen auf Kniehöre, der Wind ist kalt und in der Ferne sieht man nur ein schwaches Licht. Die Mauern, die einen umgeben sind schier unendlich hoch. Das Gemäuer ist bitterkalt, die Furcht schier unerträglich während die gregorianischen Choräle
"Amengesänge" aus dem Nichts schicken. Erst als die fragile Gitarrenharmonie und flüsternde Gesänge zu hören sind, ist es möglich kurz Luft zu holen und an das Gute zu glauben.
Bizarre Klänge und bedrohlich düstere, von purer Dunkelheit umgebene Doom Riffs machen aber jeden Funken Hoffnung erdrückend zunichte. Das Klangkonglomerat der
"Opera De Romanci/Embrace" lässt keinen Raum für Hoffnung. Bitterkalt, höchst deprimierend und verziert mit orientalisch anmutenden Klaggesängen und Glockenschlägen, übermannt den Hörer
doomig schwarze Lava, gehalten von zarten Gitarrenläufen und dezent progressiven Takten.
Virgin Black beknien ihren ureigenen Totentanz und erst wenn sich zarte Seitentöne in
"Walk Without Us" ausbreiten, um einem elektronisch angehauchten Dark Wave Epos Lauf zu lassen, kann die anfängliche Leblosigkeit unter Krämpfen beiseite geschoben werden. Auch hier sind Hoffnung und Einklang nicht erwünscht. Ab dieser Stelle jedoch fühlt sich selbst die
bittere Theatralik, die wahrlich einzigartige und avantgardistische Atmosphäre von
Virgin Black lebendig genug an, um nicht an ihr zugrunde zu gehen.
Fragile Klavierklänge, depressive Violinen, komplexe Sounds und groteske Texte die Spielraum für Kopflastigkeit geben sind die Parole. Die markante, weinerlich und ungeheuer verzweifelt schallende Stimme von Rowan London geht in ihrer tristen Klangfarbe tief unter die Haut und passt perfekt zu den tränenüberströmten Gitarrenläufen und pechschwarzer Stimmung. So ist es am schwarzmetallischen Anstrich von
"Drink The Midnight Hymn", doomige Soundgerüste mit keifend diabolischem Gesang, orientalischer Rhythmik und den betörenden Vocals zu begatten.
Packend, fesselnd und furchteinflößend. Herausragend einmal mehr die über fetten Metalriffs keifenden, federleichten Gitarrenleads, das morbide Geigenspiel und die theatralisch sakrale Aura.
"Lamenting Kiss" treibt einen nahe an den Abgrund der Selbstjustiz,
"Weep For Me" hält dem Hörer schonungslos den Spiegel vors Gesicht bevor das wehklagende
"Sleep With The Emeperor" zum Abgesang bittet.
Virgin Black verbreiten sterbende Atmosphäre, lassen das Epos in Folge zu einem treibenden Metalsong mit einem monströsen Groove mutieren, wie er auch von einer skandinavischen Black Metal Band sein könnte.
Gekeife, gregorianische Chöre und Klaggesänge gehen einmal mehr gemeinsam auf die Reise ins Nichts, bevor
"A Poets Tears Of Porcelain" diese epochale Messe, diesen
gebetsartigen Abgesang zwischen Schwarz und Weiß, Ruhe finden lässt und einen Hörer gebannt und völlig leer ins Nichts zu schicken droht.
"Sombre Romantic" ist ein schier unendlich großer, am Stück aufzuarbeitender Monolith eines düsteren und unter die Haut gehenden Requiems. Virgin Black zelebrieren auf ihrem unvergleichlichen Debüt einen in schwarze Umhänge gehüllten Abgesang zwischen Klassik, Rock, Gohtic, Metal und Dark Wave. Schwierig, deprimierend, spannend, packend und fesselnd zugleich.
Virgin Black mit anderen Bands zu vergleichen ist schier unmöglich. Zu klassisch, zu opernhaft ergießt sich die musikalische Lava über den Zeugen. Als Anhaltspunkt seien jedoch Fragemente von Saviour Machine, Therion, Elend, frühen Tristania, The Sins Of Thy Beloved, Lacrimosa, Veni Domine und Memento Mori genannt, ohne dafür zu garantieren….