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1.5
Werfen wir einen Blick auf Bestatterwissen: was ist die Funktion eines Krematoriums? Natürlich die Einäscherung der Verstorbenen, sodass deren Asche in eine Aschkapsel gesteckt werden kann, um in einer Schmuckurne zu einer Baum-oder Seebestattung, oder einer normalen Bestattung auf einem Friedhof überführt zu werden. Die Verstorbenen werden nicht einfach in einen Verbrennungsofen "gestopft", sondern vorher findet eine "zweite Leichenschau" statt, in der ein unabhängiger Arzt nochmals einen natürlichen Tod bescheinigen soll (nach der Einäscherung gibt es schließlich keine Möglichkeit mehr, die Verstorbenen zu inspizieren). Darüber hinaus wird ein einfacher Sarg bereitgestellt, einerseits, um die Würde zu wahren, andererseits, um den Brenn-Prozess zu erleichtern und zu beschleunigen. Der Talar, der den Verstorbenen angezogen wird, ist hier ebenfalls funktional. Von der Einlieferung in das Krematorium bis zur Einäscherung vergeht im Normalfall nicht unbeträchtliche Zeit, da ohne eine Einäscherungsgenehmigung vom Standesamt nichts passieren darf – oft eine nervenaufreibende Zeit für die Hinterbliebenen, die sich in Zeiten der Trauer nach den Mühlen der Bürokratie zu richten haben.
Zeit zum Trauern benötigt man auch bei der Ankündigung eines neuen Crematory-Albums. Der musikalische Output der Band kommt einer Einäscherung des Gehörs schon ziemlich nahe, nur dass dieses keinen Sarg um sich findet, um das Ereignis zu beschleunigen. Man muss immer wieder betonen: zur Frühzeit der Band, als schnulziger Gothic Metal die Clubs (oder in der antiken Übergangs-Sprache der 90er: Diskotheken) heimsuchte, war die Band um 4/4-Takt-Schlagzeug-Bestattergehilfe Jarkus Nüllich eine Nummer. Keine große, aber zumindest kein Name, der für die Suche nach Tiefpunkten stand. Das gruselige "Oblivion" war zweifellos ein Ausrufezeichen in der Szene, das Generationen von Newcomer-Bands vorführte, wie man nicht musizieren sollte. Die Chancen, dass "Unbroken" besser würde, zerschlagen sich schon bei dem Blick auf das Cover. Ein Krematorium soll, und sei es noch im hinterletzten Dorf, Würde ausstrahlen, um einen menschenwürdigen Abschied zu ermöglichen, doch Crematory setzen lieber auf die Optik von Notfall-Lazarett-Einäscherungen; anders ist diese Figur nicht zu erklären. Man wünscht sich auch hier, der Künstler hätte der armen Frau einen Talar übergezogen. Doch damit passt das optische Gewand gut zum Gewand der Produktion, die Assoziationen an schlimmste früh-2000er-Verbrechen weckt. Es stimmt immer wieder traurig, über die Songs der Band reden zu müssen – und keine Trauerhilfe möchte sich meiner annehmen, wenn ich sie über diesen Sachverhalt kontaktiere. Daher muss die emotionale Verarbeitung hier erfolgen: die Band plagiiert ein schlechtes Original, sich selbst. Zähe Stampfhammer-Riffs ("Unbroken") und Neue Deutsche Härte-Sounds ("My Dreams Have Died") werden überrollt von Keyboard-Wahnsinn und einem Gesang, der an zweierlei mangelt – seinem rülpsigen Charakter, der einem klar macht, dass Growling nicht gleich Growling ist und der trotzdem gut verständlichen Uneignung, die englische Sprache akzentfrei zu überliefern. Nach fast drei Dekaden muss es einem Menschen doch gelingen, die Gesangssprache wenigstens halbwegs erlernt zu haben, doch Gerhard Stass ist anderer Meinung. Ein Schamottstein hat durch seine Resistenz gegenüber Feuer die Funktion, dass man am Ende der Einäscherung die Asche des Verstorbenen richtig zuordnen kann und es nicht zu Verwechslungen kommt. Dieser Stein fehlt auf "Unbroken" leider, sodass die Songs komplett austauschbar mit beliebigen anderen akustischen Trauergeleiten der Band werden. Es bleibt wie gehabt: selbst die Nische der Gothic-Experten sollten sich nicht von der Frühvergangenheit der Band täuschen lassen und lieber eine zweite Leichenschau am Album durchführen, bevor man hier auch nur einen Cent investiert. Für alle anderen Leute gilt: Abschied nehmen geht auch würdevoller. Trackliste
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Reviews
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