Die Welt ist ein Dorf, spätestens seitdem es soziale Netzwerke gibt. Ratzfatz lernt man nette Leute und tolle Musiker kennen, die wiederum mit anderen netten Leuten, welche ebenfalls tolle Musiker sind, vernetzt sind. In diesem Fall handelt es sich um Andreas Lohse, den Hardcore Proggern durch seine Vokalakrobatik bei
Thought Sphere und
Forces At Work bekannt. Bei letzterer Combo war wiederum ein gewisser Adrian Weiss involviert, der heutzutage bei Gloryful aktiv ist und als Solokünstler sein Unwesen treibt. Wie gesagt, kleine Welt...nun aber zu
Moment Of Detonation, dem aktuellen Projekt von Andi Lohse: Von einer Band kann keine Rede sein, da man nur zu zweit ist. Thorsten Bartel hat
"Re-Blank The Canvas" sowohl mitgeschrieben und -produziert, als auch alle Saiteninstrumente eingespielt. Bei vier Tracks ist mein lieber Legacy-Kollege Andreas Schiffmann am Bass zu hören. Einen Drummer gibt es keinen, dafür einen gut programmierten Drumcomputer. Dass dies durchaus funktionieren kann, hat zuletzt
Kenn Nardi (
Anacrusis) auf seinem Soloalbum bewiesen. Das Album beginnt mit dem Intro 'March Of The M.O.D.'. Ein Schelm, der dabei an 'March Of The S.O.D.', den Opener des Kultalbums
"Speak English Or Die" denkt und sicher nur ein Zufall, dass
Moment Of Detonation die gleichen Initialen wie der
S.O.D.-Nachfolger
Method Of Destruction hat. Jedenfalls tönt Herr Lohse wesentlich vielseitiger als Mister Milano. Er durchlebt Stücke wie 'Husk' oder 'Order Restored' förmlich, shoutet, screamt, growlt und singt wie ein Besessener. Zunächst hat man tatsächlich den Eindruck, es mit mehreren Sängern zu tun zu haben. Auch instrumental geht es bei
MOD nicht ganz stressfrei zu. Das hektisches Riffing und die Blastbeats im Rausschmeißer 'By The Embers` Glow' sind ein gutes Beispiel dafür. Gleichzeitig lockern überraschende Breaks und schöne Gitarrenmelodien das Ganze wieder angenehm auf. Man versucht als Schreiber ja immer Referenzen anzugeben, damit sich die Leser ein besseres Bild vom Sound machen können, was in diesem Fall jedoch ausgesprochen schwer fällt.
Ein
Mix aus Thrash, Metalcore, Modern Metal und Djent, mit Anklängen an Prong, The ARRS, System Of A Down und Between The Buried And Me weist wirklich nur grob in die richtige Richtung. Thorsten und Andreas spielen gern mit Effekten, was sie in 'Recollections Of A Misanthropic Diarist' auf die Spitze treiben, indem sie Andis Vocals komplett durch Sprachsamples ersetzen. Als Anspieltipps empfehle ich 'Pausing For Emphasis', das gleich zu Anfang die Marschrichtung vorgibt und 'The Importance Of Honesty', für das ein völlig krasser Videoclip existiert, den Splatterfan Lohse durch seine Connections in dieses Filmgenre realisieren konnte.
Vor 20 oder 30 Jahren wäre das Teil bei MTV und VIVA sicher rauf und runter gelaufen...NOT!
Zusammenfassend kann man Moment Of Detonation einen hohen Originalitätsfaktor attestieren, was gerade in diesen Zeiten metallischer Stagnation nicht genug gepriesen werden kann. Gleichzeitig bedarf es eines guten Nervenkostüms und eines gerüttelt Maß an Toleranz, was dem gemeinen Metalhead in der Regel abgeht, um "Re-Blank The Canvas" unbeschadet genießen zu können. Denn schon das Cover weist auf "thinking man's music" hin, you know who you are...