Das Jahr 2016 neigt sich dem Ende und Weihnachten steht vor der Tür. Kein Wunder also, dass es Lebenszeichen von Mumien wie den
Rolling Stones und den
Metallicatz gibt. Doch da deren aktuelle Releases wahrlich nicht das Gelbe vom Ei sind, schaut man sich bei den großen Plattenvertrieben nach Substituten aus der Vergangenheit um. Was wäre da naheliegender, als eine schöne große Box zu
Bob Dylan, der bekanntlich einen finanziellen Aufschub ohnegleichen bekommen haben dürfte, seit klar wurde, dass er für den diesjährigen Literaturnobelpreis auserkoren wurde.
Ob dieser berechtigt ist oder nicht (Spoiler: ist er nicht), spielt dabei keine Rolle, denn letztlich ist es
ein erster großer Orden für die Popkultur und nicht zuletzt auch für den Rock und Heavy Metal, denn schließlich hängt Eines mit dem Anderen zusammen. Die Mitte der 60er markierte dabei einen tiefen Einschnitt, denn Dylan wechselte vom Folk hin zu rockigen und bluesigen Elementen und hatte dabei in den Augen der Musikwissenschaft seine kreativste Phase, wenngleich manch einer die Mitt-70er-Alben und die 80er-Glaubens-Trilogie besser finden mag.
"The 1966 Live Recordings" dürften den heiligen Gral für Anhänger der allgemein anerkannten Kreativ-Hochpase des mittlerweile 75-Jährigen darstellen, denn hier wird auf sage und schreibe 36 CDs(!) jedes einzelne(!) Konzert der Tour abgehandelt und wer den Exzentriker aus Minnesota kennt, weiß schon, dass die Setlisten sich nicht zu sehr überschneiden. Viele Konzerte sind einzeln schon auf den unzähligen Bootleg-Scharen (auch auf der Official Bootleg-Reihe) erschienen, aber diesen Overload konnte dann doch wiederum keiner erahnen.
Die große Box wird abgerundet durch ein dickes Büchlein mit vielen, vielen Aufnahmen der Tour, einer umfangreichen Background-Story und jede CD kommt in einer eigenen, schönen Hülle daher. Wer noch nicht genug hat, bekommt
"The Royal Albert Hall 1966" als Vinylveröffentlichung hinterher. Die Darkscene-Leserschaft mag sich verwundert die Augen reiben, inwieweit
Dylan für die Szene essentiell ist, doch es sei angemerkt, dass "Ballad Of A Thin Man", "Just Like A Woman", "Sad Eyed Lady Of The Lowlands" und die unvermeidlichen "Like A Rolling Stone"
ein festes Fundament sind, auf dem die Rockgeschichte steht und die auch heute nichts von ihrer Genialität verloren haben.
Die Aufnahmen sind von unterschiedlicher Qualität; mal sind es offizielle, dann wiederum Soundboard-Tapes oder Recordings von arkanerer Pracht, aber allesamt sehr hörbar und ein spannendes Zeitdokument zum 50. Tour-Geburtstag. Wie es sich gehört, wurde nur minimal auf einzelnen CDs der Flüssigkeit halber editiert, sodass auch kleine Fehler, Aussetzer und Nuscheleien nicht verborgen bleiben und es ist dem Charme der
"The 1966 Live Recordings" nur zuträglich.
Die knapp 140 Euro sind aus jeder Perspektive eine sinnvolle Investition; auch über die Bescherung hinaus, da es für den bisher nur wenig tangierten Einsteiger eine 100%ige Abdeckung all dessen ist, was man von
Bob Dylan wirklich braucht, den Hardcore-Fan rundum bedient und für die Normalverbraucher unter der Anhängerschaft eine von 3-4 Touraufnahmen ist, die wirklich einer Erwähnung wert sind.
Insofern darf bei den
"The 1966 Live Recordings" uneingeschränkt zugegriffen werden!