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9.0
Hand auf's Herz: Ray Wilson war zu gut für Genesis; zumindest für die End-90er-Version der Band. Sein Vermächtnis wird nichtsdestotrotz immer wieder auf "Calling All Stations" eingeschränkt und wenngleich es sich dabei um ein unterbewertetes Album handelt (man mag sogar von einem der besten Pop-Alben der 90er sprechen), verdient sein Schaffen als Solokünstler und/oder Sänger bei Stiltskin weit größere Aufmerksamkeit. Dass dieses Vermächtnis auch 2016 erweitert wird, sollte nicht nur Fans aufhorchen lassen, sondern auch den einen oder anderen Light-Proggie oder Rocker ohne Scheuklappen.
2011 wurde mit "Propaganda Man" ein Ohrenschmaus veröffentlicht, der dann wiederum im Schatten der vorzüglichen Live-Veröffentlichungen Wilsons stand. Was er aus den Songs seiner Ex-Band macht, sollte einen Peter Gabriel genauso vor Scham flüchten lassen, wie einen Phil Collins. Letztlich geht es aber darum, was der Mann selbst zu schreiben imstande ist. Um es vorweg zu nehmen: "Song For A Friend" ist das erste Album, in dem es nicht eine einzige elektrische Gitarre zu hören gibt; nichtmal irgendwelche Sampler. Die orchestrale Begleitung, die den Schotten seit Jahren auf Touren begleitet, ist ebenfalls kaum bis gar nicht zu hören. Minimalismus pur! Damit sind sowohl Vorzüge, als auch Nachteile des Albums direkt benannt. Es eignet sich perfekt für ruhige Sommerabende und wird im Herbst genauso gut wirken. Die einzigartige Stimme Ray Wilsons steht im Mittelpunkt und bildet die Brücke zwischen kommerziellem und rockigem Sänger. Die Kompositionen unterschieden sich dabei nicht fundamental von einander; die Akustik-Gitarren bewegen sich stets zwischen leicht hoffnungsvoll ("Backseat Driving"), bis tieftraurig ("Over My Dead Body"). Die große Kunst, die der Mann beherrscht, ist das erzählen von Geschichten in Songs; man betrachte vorangegangenes Liedgut wie "Tale From A Small Town" und "Fame", doch auf "Song For A Friend" steht dieses Element im Zentrum des Songwritings. Ob nun der fesselnde Opener "Old Book On The Shelf", der schlicht und einfach schöne Titeltrack, oder aber der potentielle Radiohit "Tried And Failed"; alles hat seine ganz eigene Klasse, wenn man die Lyrics als integralen Bestandteil des Gehörten mitnimmt. Solche Musik hört man einfach nicht nebenbei. Klares Highlight des Albums ist "High Hopes" mit seinem Gänsehaut-Refrain; eine Achterbahn der Gefühle, die einen als Schlusspunkt des Albums einer Stille überlässt, die knapp unter der Lautstärke des Gehörtem liegt und einen realisieren lässt, was für eine akustische Schönheit einen eben zum Tanz gebeten hat. Die Single des Albums, "Not Long Til Springtime", ist das fröhlichste Stück des Albums und wurde auch mit einem sehr schönen Art-Video ausgestattet. Ein gelungenes Paket also; rechnet man die exquisite Produktion und die mehr als befriedigende Albumausstattung dazu. "Song For A Friend" ist also das erwartete Highlight, das Fans von späteren Genesis genauso hören sollten, wie alle Freunde ruhigerer Töne und großer Sänger. Eigentlich alle Leute, bei denen der Geduldsfaden nicht reißt, wenn nach 5 Minuten keine E-Gitarre zu hören ist. Ray Wilson wird den kommerziellen Durchbruch wohl nie mehr schaffen und eher weiter durch Osteuropa und kleinere Hallen touren müssen, doch sein Lebenswerk ist und bleibt beeindruckend. Trackliste
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Reviews
07.06.2014: Genesis Vs Stiltskin: 20 Years and More (Review)01.11.2011: Genesis vs. Stiltskin (Review) |
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