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10.0
"Um Gottes Willen. Stopp. Pause. Was war das denn? So, weiter. Nein, Moment, Luft holen. Es drückt schwer am Brustkorb. Ein bisschen, als wäre man an die Wand genagelt. Die Arme zu bewegen, wird zur Herkulesaufgabe; als wäre der Luftwiderstand nicht Hindernis genug. War es hier eigentlich immer schon so heiß? Der Schweiß rinnt in Strömen. Ist es die Angst, die Anstrengung, die Hitze? Ich weiß es nicht, aber eines ist sicher: es ist schlicht keine Kraft mehr da, ihn abzuwischen. Denn alles konzentriert sich jetzt darauf, dieses Lied zu Ende zu hören."
Das ist eine Momentaufnahme aus der Gedankenwelt des Rezensenten, nachdem er den Opener von Cage's neuem Album, "Ancient Evil", hörte. Nur 5 Minuten dauert der Opener und Titeltrack an, doch schon nach der Hälfte ist die Apokalypse eingebrochen; ohne einen Zwischenstopp kommt man da nicht durch. So urgewaltigen, schnellen, wilden und durchaus brutalen Heavy Metal gibt es bekannterweise nur von dieser Band, aber mit dem siebten Album der Bandgeschichte krönt man sich noch einmal zu Höherem. Vergesst "Painkiller"! À propos: Der Gesang gewordene-Russlandfeldzug, Sean "Hell Destroyer" Peck, gibt, wohl passend zu seiner Horrorstory, die das ganze Album durchzieht und es damit zum zweiten Konzeptalbum der Diskographie macht, nicht mehr nur den Rob Halford-Verschnitt (Ha! Als ob dieser auch nur noch ansatzweise eine solche Power erreichen würde!), sondern lässt auch eine gehörige Portion King Diamond raushängen. Ob es wohl mit dem Nebenprojekt Denner/Shermann zu tun hat? Sicher ist Eines: Dafür, dass man ihm nach dem Durchbruchsalbum "Hell Destroyer" nachsagte, nur einen Stil zu beherrschen, hat er schon viel zu viele Seiten seines Stils gezeigt, um das zu bestätigen. Das Artwork von "Ancient Evil" ist leider massiv missraten und ist allenfalls als Versuch, mal eine interessante Farbenlehre an den Mann zu bringen, anzusehen, täuscht dabei aber nur zu leicht über den Inhalt des neuen Cage-Albums hinweg. Man könnte verspielten Kinder-Euro Metal erwarten, der zu Halloween mal seine böse Seite zeigt, aber damit liegt man weit daneben. Das hier ist nichts für Kinder. Nicht einmal für die meisten Erwachsenen. Wer Lieder wie "Bloodsteel", "Planet Crusher" und "Metal Devil" kennt, stelle sie sich auf Albumdistanz vor. Wer mit den Kandidaten nichts anzufangen weiß, sollte diese Lücke dringend schließen! 19 Tracks gibt das Album her, davon sind 6 als Zwischenspiele angelegt, die die Geschichte um verrückte Wissenschaftler, mutierende Frauen, antike Flüche und besorgte Ehemänner-Protagonisten vorantreiben. Filigrane Küche sind die Lyrics nicht, eher rustikale Hausmannskost des wegen mehrfacher Tötung im Gefängnis gesessenen Dorf-Metzgers. Ob sich bei der drückenden Musik überhaupt Zeit findet, sich im Geschriebenen und Gesungenen zu vertiefen? Vergesse man nicht, dass Herr Peck durchaus für einige coole Sprüche zu haben ist! Wie steht es um die Produktion, den laufenden Schwachpunkt der Band? Es ist weder der pappige Mitt-2000er-Power Metal-Sound der Alben 3-5, noch die ziemlich verschwommene Gitarren-Schlagzeug-Symbiose des Vorgängers, aber halt auch nicht komplett zeitgemäß. Im Unterschied zum "Death Dealer"-Soundverbrechen besitzt die Abmischung von "Ancient Evil" dafür ein eigenes Gesicht. Die wichtigsten Waffen von Cage stehen im Vordergrund: Gesang und Gitarre. Standesgemäß für solch unkommerzielle Alben ist der Schlagzeug-Sound recht hintergründig. Und der Inhalt? Da man jedes Stück auswählen könnte, hier eine Stichprobe: "The Procedure" klingt, wie Mercyful Fate mit moderneren Einflüssen klingen würden; "The Appetite" liefern Mauer-brechenden Todesgesang aus der Hölle; "Blinded By Rage" ist hin-und hergerissen zwischen dem schnellen Riff und dem groovenden Schlagzeug, um sich dann zu einem thrashigen Doublebass-Kracher zu entwickeln; "Beholder" ist rifflasig mit dramatischem Mittelteil, etc. Die absoluten Trüffel von "Ancient Evil" finden sich in der zweiten Albumhälfte. "Across The Sea Of Madness" zeigt den Frontmann in verschiedensten lagen (Gott-Scream inklusive!) und steht dem düsteren "Sinister Six" in keiner Weise nach. "Symphony Of Sin" ist womöglich der absolute Höhepunkt; nicht zuletzt wegen des genialen Refrains. Wer danach immer noch stehen kann, bekommt mit "The Antidote" und dem epischen "Tomorrow Never Came+ nochmal die volle Packung. Jetzt mag man sich fragen, ob so viel vom Gleichen wirklich gut ist; auf der "Death Dealer" hat es ja nicht geklappt. Tatsächlich aber ist das Songwriting von "Ancient Evil" aber so drückend, dass einem keine Zeit bleibt, sich die Frage zu stellen. Wer braucht Balladen, wenn er sich mit dicken Stiefeln den Arsch treten lassen kann? Dave Garcia, der Muskelwahnsinn der Band, zeigt, dass er den Konkurrenz-Gitarristen von Pecks Zweitband in Nichts nachsteht (und das sind immerhin Ross Friedmann und Stu Marshall!), während Sean Elg die Schießbude förmlich zerstört. Nach vier Alben voller Highlights, die die Höchstwertung bei griffiger Argumentation sicher auch nicht zu Unrecht tragen würden, so einen Brecher abzuliefern, ist wirklich nicht länger eine Kunst, sondern eine Cage-Machtdemonstration, in der die Aussage, dass es in diesem Jahrzehnt im Bereich des mörderischen Heavy Metal keinen Ansatz an Konkurrenz gibt, nicht nur unscheinbar mitschwingt. "Ancient Evil" ist, wenn man sich für derart direkte Musik ohne ausschweifende Spielereien begeistern kann, schlicht und einfach perfekt. Trackliste
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Reviews
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