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9.0
Darf man While Heaven Wept eigentlich an normalen Maßstäben messen? Dann hat "Suspended At Aphelion"schon verloren. Aber so voreilig darf man als Rezensent gar nicht sein, wurde doch auch der Vorgänger (zum "Fear Of Infinity" Review) als nur gut eingestuft, während nach und nach klar wird, was für Perlen sich auf jenem Album befanden. Ohnehin ist es eine unmögliche Aufgabe, die Referenz dieser Band darzustellen. Etwa die grandiose Doom-Offenbarung "Sorrow Of The Angels"? Das sehr runde, vor Hits nur so sprießende "Of Empires Forlorn" (zum Review) ? Mit Sicherheit spielt auch die Fates Warning-Verbeugung und Kunstalbum durch und durch "Vast Oceans Lachrymose" (zum Review) mit. Der nächste Schritt ist, man hat sich mittlerweile daran gewöhnt, keinem Genre zuzuteilen, zehrt von seinen Doomwurzeln, schwebt aber in einer Prog-Atmosphäre, die Dream Theater nur selten erreichen. Hier werden die Kritiker bestimmt als Erstes ansetzen. Und die zweite Nahtstelle ist die nunmehr beängstigende Nähe zu semi-Symphonic-Gruppen wie Cradle Of Filth. Für diesen Vergleich in diesem Review werden einige Kollegen sicher meine Kündigung beantragen...(...mutig, in der Tat Herr T.)
Wer aber den vorab veröffentlichten Track "Icarus And I" gehört hat, dürfte nicht schlecht gestaunt haben. Ein bisschen wie neue Candlemass (jedes Riff wird mit gleichem Keyboard unterlegt) wirkte die Chose, aber dann dieses Gekeife...? Auch wenn das Keyboard mal führt, wirkt es eher wie von Vanden Plas, als von While Heaven Wept; man konstruiert schlängelnde Melodien statt der bedachten, langsamen Töne. Kein Wunder daher die Reaktion der Netzgemeinde, die Tom Phillips und seiner Gefolgschaft Verrat an den Wurzeln vorwarf (wie schon seit 2009 der Fall, diesmal nur NOCH ausgiebiger). Nun stand die Frage im Raum, inwieweit so ein Schnipsel Aussagekraft besitzt, zumal die Chose mit dem wunderschönen Albumcover ja als ein einzelnes, ellenlanges Stück zu betrachten ist; gesplittet nur, um im Player nicht immer alles von vorne angehen zu müssen. Vorweg sei gesagt, dass dieses Unterfangen nur bedingt geglückt ist; einheitlich wirkt hier wenig; es gibt kein irgendwo wiederholtes Schema, sondern nur ein paar nicht getrennte Tracks. "Introspectus" nennt sich der Opener naheliegenderweise und besteht aus Streicherklängen und viel Orchester-und Keyboard-Blabla. Mittlerweile keine spannende Angelegenheit mehr und auch While Heaven Wept hieven solche Stücke nicht mehr auf ein Niveau, dass man wirklich voller Adrenalin vor den Boxen sitzt. Viel eher stellt sich das "nun komm schooon"-Gefühl ein. Dann folgen der besagte Icarus und ich; ein gutes Einstiegslied, wenn auch weit entfernt von dem, was man der Band zuordnen würde. Es folgt "Ardor", in dem Rain Irving eine glänzende Gesangsdarbietung liefert, gar mehr als sonst. Gegen Ende wird der ruhig beginnende Track regelrecht wild, die Gesangslinie bleibt aber klar und langgesungen. Klasse, wäre auch auf dem Vorgänger im oberen Drittel anzusiedeln gewesen. Nummer 4, "Heartburst", ist dann ähnlich gestrickt, nur einen ganzen Zacken kitschiger. Ich steh drauf. Wieder eine kleine, wenn auch nicht so massive Steigerung gegen Ende; die Routine im Songwriting ist dann trotz des wandelbaren Gesamtkonzeptes nicht von der Hand zu weisen. "Indifference Turned Paralysis" ist der Alibi-Song für die schneller getrimmte Hörerschaft, aber hier gilt das Gleiche wie für die beiden Opener-Stückchen von "Fear Of Infinity": Gehört und vergessen. Klasse treibender Part nach dem Solo+Drum Fill. Nun gelangt der Hörer zu "The Memory Of Bleeding", das in etwa den Status von "Unplenitude" besitzt; ein grandioses, dafür kurzes Kitschblühmchen. "Souls In Permafrost" erinnert an die A-Seite von Dream Theater's "Six Degrees of inner Turbulence" und geizt nicht mit kleinen Unterschiedlichkeiten, die jedoch nichts mit dem Song an sich zu tun haben, von dem man zu keiner zeit sicher ist, wer ihn eigentlich trägt. Sicher ist die Referenz ein bisschen zu hoch angesiedelt, aber das hauseigene "The Furthest Shore" hätte so etwas sicher als Mittelpart eingenommen. Ähnlich angelegt, aber etwas strukturierter erscheint da das kurze "Searching The Stars". Liegen die Pluspunkte der Band neuerdings bei den kurzen, dafür umso durchdachteren Kompositionen? Richtig gelungen ist das zweiminütige "Reminiscence Of Strangers"; hier schafft man einen Spannungsbogen und neben Irving glänzt auch die Leadgitarre erstmals seit langem wieder ähnlich wie auf dem Debüt. Danach, meine Herren, ja danach heißt es mit "Lifelines Lost" wieder "10er-Niveau". Keyboard, Gesang und Leadgitarre kämpfen um die Pole-Position, befinden sich dabei aber in einer unfassbaren und einzigartigen Harmonie. Den Titel des letzten Stückes hätte man auch erraten können: "Retrospectus". Ganz in "Vast Oceans Lachrymose"-Manier wird das Album mit einem stimmigen Instrumental beendet. Keine ganz hohe Kunst, aber definitiv kein Fehltritt. Das liest sich jetzt bestimmt alles nicht so euphorisch und gemessen an der Diskographie darf es das auch nicht sein; das muss man sich eingestehen. Aber es handelt sich hier auch um weit mehr als die berüchtigten Setlist-Extensions; wir sehen eine Band, die so viele Höhepunkte in unterschiedlichen Richtungen abgegangen hat, dass sie etwas Neues sucht und sie hat Gutes gefunden. Würden Solitude Aeturnus eine Romanze mit mitt-2000er-Threshold eingehen und womöglich ein Keyboard zu viel mitnehmen, käme "Suspended At Aphelion" dabei heraus. Der durch die mittlerweile verkürzte Wartezeit zwischen den Alben befürchtete Schnellschuss ist damit selbstverständlich ausgeblieben; man liegt weit, weit über dem Durchschnitt der Alben, die einem jeden Monat vorgesetzt werden. Die Vokabel, mit der ich dieses Review beschließen möchte: einfach schön. Trackliste
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Reviews
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