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Cover  
Joe Cocker - Mad Dogs And Englishmen (CD)
Label: A&M Records
VÖ: 1970
Art: Review
Thunderstryker
Thunderstryker
(154 Reviews)
10.0
Es ist mir ein großes Anliegen, Joe Cocker die persönliche letzte Ehre in Form eines Reviews zu erweisen, welches auf sein vielleicht bedeutendstes Werk eingeht, das mich im Spirit des bluesgetränkten Rock'n'Roll immer wieder auf's Neue packt. Ich hatte es Mitte des Jahres geschrieben und in jeder Zeile steckte schon damals der Enthusiasmus des Fans; wobei ich nun sagen muss, dass ich es so "neutral" in Anbetracht der Ereignisse nicht mehr hinbekommen würde.
Es ist mir das größte Live-Zeugnis aller Zeiten und doch nur "ein" Höhepunkt in einem so gewaltigen Lebenswerk.

Ruhe in Frieden, Mann mit der großen Stimme.


In der Tat kann man vielfältig darüber spekulieren, welche Liveaufnahme die beste auf dem Markt ist und oftmals ist es nicht nur das Material selbst, das den besonderen Reiz ausmacht, sondern die Geschichte, die es erzählt. Das erlebten wir bei Elvis"68 Comeback"-Livealbum genauso wie bei Judas Priests "Epitaph"-Aufnahmen und Joe Cockers "Mad Dogs And Englishmen" ist, wenn auch nicht nur, in dieser Hinsicht eine ziemliche Schatzkiste. Die gleichnamige Tour war bekanntlich eine der erfolgreichsten des Mannes aus Sheffield, der singen konnte und kann "wie ein Schwarzer vom Mississippi". Mit seinen ersten beiden Alben "With A Little Help From My Friends" und "Joe Cocker!" setzte er uns Meilensteine vor, die ihm eine Hand voll Welthits bescherten, ihn jedoch nicht gleich an die Spitze brachten. Zudem leiteten sie den körperlichen Verfall dieses einmaligen Sängers ein, der mit dieser Tour seinen vorläufigen Höhepunkt finden sollte.

Cocker selbst sprach sich gegen diese Tour aus, da er private Probleme lösen wollte, wurde aber von seinem Manager Dee Anthony unter der Drohung einer Klage gezwungen und scharrte daraufhin mit seinem Freund, Produzenten und grandiosen Musiker Leon Russel binnen weniger Tage eine Truppe von Musikern um sich, mit deren Hilfe knapp 50 Städte in den USA bereist werden sollten. Eine Pflichttour mit routinierten Musikern und wenigen Tagen Übungszeit würde bei vielen Künstlern zum Desaster, tatsächlich aber steht hier großes in’s Haus; zu empfehlen ist auch die Albumversion mit DVD, die den wirklich spannenden Alltag des "extravagantesten Rock’n’Roll-Zirkus aller Zeiten" perfekt einfängt.

Schon die Auswahl der Musiker ist von einer beinahe unerreichten Klasse; neben dem Mann mit der gesegnetsten Stimme des Vereinigten Königreiches (O-Ton Clapton), Cocker selbst, und dem Multi-Instrumentalisten und Naturtalent Leon Russell finden sich etwa Carl Radle (Bassist bei unter Anderem Clapton, Dave Mason und Buddy Guy), Bobby Keys (Saxophon bei den Rolling Stones, Ringo Starr, B.B. King, etc.), Chris Stainton (Piano und Orgel bei The Who, The Grease Band, Eric Clapton), sowie die begnadete Rita Coolidge, Bobby Jones(großartige Gesangsleistung im Medley!) und viele Weitere; fast alles Größen, die sich vorher oder nachher einen Namen machen konnten.



In der Originalfassung des Longplayers kommt man auf 76 Minuten Spielzeit bei netto 14 Liedern mit einigen Ansagen dazwischen. Dabei reiht sich ein Klassiker an den nächsten und das Spektakel wird mit "Honky Tonk Women" von den Rolling Stones fulminant eröffnet. Gleich fährt Cocker seine alkoholgetränkten Schreie auf und es wird einem richtig warm ums Herz, wenngleich die Nummer von allen noch am ehesten routiniert wirkt; die Aufwärmung für die großen Geschütze quasi. Über das beschwingte "Sticks & Stones" geht es über zum ersten großen Highlight, dem Klassiker "Cry Me A River". Selten hatte ein Lied mehr Seele und besonders die bluesigen Damen in der Hintergrundunterstützung stechen hier hervor.
"Bird On A Wire" von Leonard Cohen ist eine getragene Bluesnummer, die nun etwas das Tempo herausnimmt und zum nächsten Hit, der ewigen Sommermusik von "Feelin‘ Alright" überleitet. Cockers Stimme sägt, bricht durch die Wand, röchelt, setzt aus; alle Höhen und Tiefen seines bisherigen Lebens sind herauszuhören und es ist kein zu großes Stück vom Kuchen, wenn man sagt, dass kein Sänger mehr Ehrlichkeit transportieren kann. Besonders gegen Ende der Lieder, zeigt sich, was für ein Tier in diesem Mann steckt. Weltklasse!

Um die Hippie-Klientel zu bedienen, werden das verspielte "Let’s Go Get Stoned" und später das lockere "Give Peace A Chance" angeboten und beiden laden durchaus zum Tanzen ein. Das Blue Medley ist dann das Herzstück des Auftritts und hier zeigen besonders auch die Gast-und Unterstützungssänger, was sie drauf haben. Zwischen Blues, Jazz und Country ist hier alles vertreten und hin und wieder ertönen Läufe, die später ein Fundament des Heavy Metal werden sollen; Ursuppe vom Feinsten!

Die beiden Klassiker „"The Letter" und natürlich die "Delta Lady" (interessant, dass Cockers Performance der von Elvis nicht nachsteht) lassen dieses grandiose Album dann ausklingen und man weiß, dass man hier Historisches gehört hat. Wundervoll. Leider war Joe Cocker bereits zum Ende dieser mit größten Tour aller Zeiten sofort pleite und der rapide körperliche Verfall, der erst gegen Ende der 80er langsam eingedämmt wurde, begann. Wenn es ein einziges Livealbum gäbe, das man mit auf eine Insel nehmen sollte, dann ist "Mad Dogs And Englishmen" die beste Wahl.

Er war die größte Stimme unserer Zeit. Danke für viele wundervolle Lieder, die einem immer wieder aus der Seele sprachen. Ich fasse es nicht....Ruhe in Frieden Joe Cocker. Es wird nie mehr einen wie Dich geben.
"You're up where you belong. N'oublions jamais!"


Trackliste
  1. Introduction
  2. Honky Tonk Women (Mick Jagger/Keith Richards)
  3. Introduction
  4. Sticks and Stones (Titus Turner/Henry Glover)
  5. Cry Me a River (Arthur Hamilton)
  6. Bird on the Wire (Leonard Cohen)
  7. Feelin’ Alright (Dave Mason)
  8. Superstar (Leon Russell/Bonnie Bramlett)
  9. Introduction
  10. Let’s Go Get Stoned (Valerie Simpson/Nickolas Ashford/Joseph Armstead)
  1. Blue Medley: (I'll Drown in My Own Tears (Henry Glover) When Something Is Wrong with My Baby (Isaac Hayes/David Porter) I've Been Loving You Too Long (Otis Redding/Jerry Butler))
  2. Introduction
  3. Girl from the North Country (Bob Dylan)
  4. Please Give Peace a Chance (Leon Russell/Bonnie Bramlett)
  5. Introduction
  6. She Came in Thru the Bathroom Window (John Lennon/Paul McCartney)
  7. Space Captain (Matthew Moore)
  8. The Letter (Wayne Carson)
  9. Delta Lady (Leon Russell)
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