Meine Güte, muss das sein, sich einen derart überstrapazierten Titel aus den Hirnwindungen zu saugen? Und ob.
October File aus dem vereinigten Königreich wollen jeglichen Kommerzversuch und alles, was nach Beschönigung riecht, im Keim ersticken. Im Gegenteil sogar, es muss weh tun, heftig sogar. Hoffnung auf bessere Zeiten? Sieht eigentlich recht beschissen aus - exakt diese Aura versuchen die Herrschaften im Dunstkreis von
Amebix,
Godflesh,
Killing Joke auf untrügliche Weise auf ihrem vierten Longplayer zu transportieren. Versuchen wäre unzureichend. Es gelingt ihnen in bestechender Form.
Killing Joke ist genau jene Institution, die einem als erst während dieser vorzüglichen Runterzieher-Scheibe im Oberstübchen begegnet. Doch während die Legende um Jaz Coleman (er hatte das zweite Album
"Holy Armour From The Jaws Of God" gesanglich mitveredelt) zwischenzeitlich kurze Lichteinfälle in ihre Kompositionen lässt, betonieren Sänger Ben Hollyer und seine Sidekicks alle Möglichkeiten von Zweckoptimismus mit Aussichtslosigkeit, Zynismus, und Depression gnadenlos zu. Mit Ausnahme von
"Upon Reflection", einer fast als zart zu bezeichnenden Seelen-Erleichterung, hat man genug zu tun, den klumpigen Audiokoloss zu schlucken und zu verdauen - doch andererseits reizt diese intensive Entdeckungsreise, welche man begreifen und sogar genießen will. Ein bißchen Masochismus hat noch nie geschadet. Nicht zuletzt weil diese Wucht in Form von enorm treibenden Rythmen, präzisen Beats und süffigen Gitarrenfluten in seinen monströsen Bann zieht. Da pfeifen wir doch mal auf den monoton geratenen Gesangsbeitrag, der die beklemmende Grundstimmung lediglich untermauert.
Gesondert einen Track zu erwähnen ist auf
"The Application Of Loneliness, Ignorance, Misery, Love and Despair - An Introspective of the Human Condition" (
Nile bekommen ernsthafte Konkurrenz!) müßig. Wer allerdings die frühen
Black Sabbath liebt, sollte sich elf minütige
"The Water" zu Gemüte führen, wer den modernen Groove vorzieht, möge sich
"Elation" und
"All Rise, All Fall" reinkippen - und derjenige, der dann immer noch meint, das sei lediglich lächerliches Warmduscher-Programm, muss mit dem zähflüssig-doomigen
"To Be Watches Upon" in den Ring steigen. Audiosklaven, die sich in solch tristen Gefilden irgendwo zwischen Hardcore, Industrial, Postpunk, und Sludge pudelwohl fühlen, sollten sich das bisher meist ausgereifte und am stärksten produzierte Werk von
October File keinesfalls entgegen lassen, was mich zu einer Warnung veranlasst: Teletubbie-Rocker - unbedingt Hände weg ....!!!