Oh ja, da ist uns ja wieder ein echtes Juwel ins Haus geschneit, zumindest wenn man dem an Superlativen nicht armen Bandinfo der Österreicher
Godhatecode Glauben schenkt. Denn da wird dem unvorbereiteten Hörer versprochen, dass wir es hier mit den "neuen
Rammstein des Death Metal" zu tun hätten. Das mag man in der Redaktion und somit mussten sich die anwesenden Redakteure beinahe um die Ehre prügeln, wer denn nun das Review zum aktuellen Produkt aus Wolfgang Rothbauers Death Metal-Massenproduktionsstätte verfassen und sich somit einen weiteren schwermetallenen Orden für die Entdeckung eines neuen hell erstrahlenden Sternes am internationalen Metal-Firmament an die Brust heften durfte.
Alsdann, Laptop an, die mp3s vom Promoportal gekrallt und mit zittrigen Fingern den ersten Song
"Ich bin der Krieg" angeworfen. Und was einem da entgegen schallt, ist in der Tat Death Metal, dazu ultraschnell geknüppelt und mit fiesem Gitarrensound unterlegt. Nur mit den Rammstein-Parallelen tut man sich etwas schwer, aber immerhin sind Godhatecode ja
die "neuen Rammstein", was auch heißen kann, dass sie eigentlich ganz anders als die alten Rammstein sind, denn sonst wären ja die neuen auch die alten.... oder so.
Anyways, hart ist
"Weltenschmerz" auf jeden Fall und wenn man sich mal wieder so richtig
ordentlich akustisch die Birne weichmatschen will, tut die Scheibe ihren Job auch ganz leidlich. Aber auch nicht viel mehr. Denn leider ist
"Weltenschmerz" trotz Dan Swanö-Masterings ein ziemlich matschiger Brei (so wie die Birne eben) aus ohne Unterlass hämmernder Doublebass, undefinierbar sägenden Gitarrenbreitseiten und immens eintönigen Vocals, der stellenweise von langsamen Breaks unterbrochen wird, leider aber nicht oft genug, um wirklichen Wiedererkennungswert zu vermitteln. Wenn da im Bandinfo davon die Rede ist, dass die
"Kraft und Intensität der Musik an ihr Maximum" gebracht wird, darf beim Rezensenten berechtigterweise
Zweifel an der geistigen Gesundheit des Verfassers solch großspuriger Statements aufkommen. Denn von Intensität und Kraft ist dieses
akustische Barbiturat meilenweit entfernt,
monoton gebolzter Hyperspeed-Death Metal-Grind mit Früh-90er-Sunlight-Studio-Rumpelsound ist leider nicht im Ansatz originell – auch noch nicht retro genug für irgendeinen Coolheitsfaktor - , sondern eben
1000fach zuvor gehört und darum so zwingend notwendig
wie ein Wimmerl am Arsch.
Wenn dann das Bandinfo weiter faselt, dass dieses Werk "dramatisch mit stetig grimmigem Beigeschmack und bösartiger Atmosphäre von der ersten bis zur letzten Note" sei, ist endgültig die Grenze zur
Realsatire überschritten: Bei "Dramatik" erwartet man gewöhnlich Spannungsaufbau, Dynamik und Abwechslung, und der Beigeschmack auf
"Weltenschmerz" ist höchstens der von altem, ranzigem Käse und abgestandenem Bier in einem modrigen Proberaum. "Bösartig" ist daran nur, dass man solche
Mogelpackungen unvorbereiteten Headbangern tatsächlich unter dem Banner "neue Rammstein" verkauft – die EU sollte das
Verbot irreführender Werbeslogans am besten auch auf die Musikbranche ausweiten.
Bleiben dann noch als letztes vermeintlich rettendes Element die
deutschen Texte, die laut Bandinfo "die menschliche Bestie" beschreiben, ein durchaus hehres Vorhaben, hinter dem sich am Ende gar Sozialkritik verstecken könnte. Doch weit gefehlt: Die
lyrischen Nullnummern auf
"Weltenschmerz" ergehen sich in zigfach gehörter Phrasendrescherei und Gewaltphantasien auf
Kinderreimniveau (rot – tot, Blut – gut, Herz – Schmerz, etc…). Vokalist Armin Schweigers (man sehnt sich in diesem Falle geradezu danach, dass Nomen auch Omen wäre - doch der Wunsch des genervten Musikkritikers verpufft ungehört...)
derbes Gerülpse, das im Übrigen mit so viel Variation aufzuwarten hat wie ein 48-Stunden-Marathon Dauerwerbesendungen für Fitness-Produkte, erschwert jedoch das Verständnis dieses überaus geistreichen Exempels österreichischer Gegenwartslyrik massiv und man muss sich beim Anhören von
"Weltenschmerz" zum Glück nicht wirklich in das Seelenleben von Hr. Schweiger und Bandmastermind Wolfgang Rothbauer versetzen. Laut Bandinfo steht nämlich hinter all diesen Großtaten eine Vision, nämlich dass "alles was nicht brutal und bösartig ist, nichts in einem Song zu suchen hat"... aha. Mit schlotternden Knien und bis unter den Nabel vollgeschissenen Hosen ob der
grausamen Lebensumstände, unter denen österreichische Jugendliche offensichtlich ihr Dasein fristen müssen, ist der geneigte Rezensent dann, bleich wie die Wand, erleichtert, wenn endlich der letzte Song an einem vorbeigekrochen ist. Dieser nennt sich
"Todessog", kann die Scheibe aber auch nicht aus der Durchschnittlichkeit retten, denn er ist im Übrigen nicht mehr als ein einem 7 Tage alten Kaugummi gleichender
Doom-Langweiler mit Knuspergitarre und billigen Streichorchesterimitat-Samples vom Musik-Flohmarkt.
Nicht wirklich verwundert ist man über die letzte Zeile des Bandinfos, wo postuliert wird, dass das Banddebut
"Aeons" aus dem Jahr 2008 "heute noch ein Insider-Tipp bei den Fans der Szene" sei – ein schöner Euphemismus dafür, dass sich wohl keiner für das Machwerk interessiert hat (außer unserem eigentlich meist geschmackssicheren Redakteur Chris, der dafür gar 7 Punkte spendierte).
Der Professor verleiht
"Weltenschmerz", einer ziemlich durchschnittlichen Death-Grind-Scheibe, immerhin noch
5 Comedy-Awards: 3 für die Musik, 1 für die Lyrics und 1 fürs Bandinfo. Denn auch Spaß muss sein!