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Cover  
CHRYST - Phantasmachronica (CD)
Label: Omniversal Records
VÖ: 2011
Homepage
Art: Review
Bruder Cle
Bruder Cle
(178 Reviews)
Keine Wertung
Zwei Namen sind mit dem Ursprung der österreichischen Black Metal-Szene für immer verknüpft: Christoph Niederwieser und Korovakill. In der Blütezeit dieser Musikrichtung gab es keine Regeln, keine Grenzen und keine Standards. Somit bot der Black Metal ein großartiges Experimentierfeld für extreme Musik, der wir heute gleich mehrere Subgenres des Heavy Metal verdanken. Korovakill bildeten gleichauf mit Summoning, Dornenreich und Abigor die Speerspitze einer innovativen Szene, die sich fernab skandinavischer Wald-, Berg- und Wikingerklischees um einen eigenen Sound bemühte und so weltweit aus einem Meer von Kopisten herausragte. "A Kiss In The Charning Fields" und "Dead Like An Angel" sind dem Freigeist ihres Protagonisten entsprungene Klangwelten, in denen aus der Idee des Black Metal geborene, reichlich bizarre Tongeschöpfe ihr Unwesen trieben. Avantgardistisch und auf hervorragendem musikalischen Niveau haben sich Korovakill eine eigene Nische geschaffen, die sich nur jenen in seiner ganzen Faszination erschließt, der auch bereit ist, sich mit extremer Musik jenseits der genreüblichen Kompositionsmuster à la Immortal oder Darkthrone zu beschäftigen. Kommerziell blieb dem Betriebswirt und Philosophen, der übrigens auch das mega-kultige Buch "Über die magischen Praktiken des Managements" verfasst hat, der große Erfolg verwehrt. Aber er setzte ein Ausrufezeichen in einer in Konformität und Gleichschaltung erstarrten Szene. Nach jahrelanger Funkstille schien das Kapitel für immer geschlossen, doch dann kam Chryst...

Chryst, die Nachfolgeband von Korovakill, setzt musikalisch den Weg des Bizarren und Nonkonformen fort und öffnet damit gleichzeitig die Türe ins „Inversum“. In diesem „inneren Universum“ trifft man auf alle erdenklichen Emotionen, die uns Christoph Niederwieser in den unterschiedlichsten Instrumenten, Atmosphären, Stimmen und sonstigen Klängen näher bringt. Aber Achtung: er nimmt dabei keine Rücksicht auf Hörgewohnheiten, Schemata oder Klischees. Los geht die Achterbahnfahrt über eine holprige Steigung aus furiosen Metalriffs, bevor sich das Gefährt in einen Abgrund aus furiosen Orgel-, Keyboard-, Gitarren und Stimmklängen stürzt. Ständig wechseln Instrumentierungen, Atmosphären. Sanfte, mit einlullenden Chören und Akkustikgitarren unterlegte Passagen wechseln mit dissonanten, industrial-artigen Soundwänden. Darüber schwebt Christophs Gesang, der von Abbath bis King Diamond nicht nur jede Stimmlage, sondern auch wirklich jede menschliche Gefühlsregung von Trauer bis Euphorie umfasst. Ein unglaublich facettenreiches Instrument. "Phantasmachronica" klingt wie der Soundtrack zu einem LSD-Traum, in dem sich Laibach, Master’s Hammer zu "Slagry"-Zeiten, Emperor und Nine Inch Nails treffen. Und ich bin mir sicher, damit noch nicht mal Hinweise auf die Hälfte der musikalischen Zitate gegeben zu haben. Denn genau so schwierig es wäre, eine solche Erfahrung zu schildern, ist es, den musikalischen Inhalt dieser CD zu beschreiben, da dieser zu weit vom Erfahrungshorizont des Hörers entfernt ist. Wer dachte, mit Dornenreich sei der Gipfel der Avantgarde in diesem Genre erreicht, hat sich getäuscht. Chryst präsentieren Musik wie aus einer anderen Dimension. Klang so das Geigensiel von Erich Zann? Ist das das Getöse, welches das Erscheinen des großen Cthulu begleitete? Was hätte H.P. Lovecraft bloß dazu gesagt?

Seid gewarnt! Dieses „Album“ kann weder mit herkömmlichen Veröffentlichungen verglichen, noch in den üblichen Maßstäben gemessen werden. Wer sich darauf einlässt, muss den vertrauten Pfad verlassen und in die Dunkelheit schreiten. Derart Mutige erwartet nicht verkopfte Progressivität sondern hochemotionale Bauchmusik und ein manchmal dissonantes, aber immer spannendes Hörerlebnis. Und eine Prise kranker Humor. Auch im Artwork gibt es keine Zugeständnisse an irgendwelche Konventionen. Blau und rot statt schwarz, Fotomontage statt Fantasybildern. Ihr wollt Songtitel? Es gibt keine. Danksagungen, Grüße? Fehlanzeige.
Und welche Note vergebe ich? Keine, denn wie gesagt: dieses Album ist zu "multidimensional" für eine einfache, zehnteilige Skala.

Trackliste
  1. No fucking titles! 14 anwählbare "Passagen"…
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