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Um es gleich klar zu stellen: Killing Joke sind keine halbherzige Randerscheinung der Rock History, die etwa aus demoskopischen Alibigründen in dieser Rubrik zu Ehren kommt, sondern eine der Dienst ältesten Combos aus einem Genreverbund, welcher aus der auslaufenden '70er Punk Ära, sowie aus der Indipendent Rock und der New Wave Szene empor stieg.
Zugegeben, Killing Joke zählen zu meinen späteren Entdeckungen. Erst Mitte der Neunziger, als sich die Londoner wieder einmal nach einem Split zusammen rauften und dieses fantastsiche Album sowie den Nachfolger "Democrazy" (1996) ausbrüteten, wurde mir allmählich bewusst, wie fruchtbar Killing Joke‘s Beitrag zur musikalischen Landschaft zwischen Punk, Industrial und Metal wirklich war. Nur am Rande: hört euch mal die Single "Eighties" (1984) an und ihr wisst sofort, woher das "Come as you are" Hauptriff tatsächlich stammt. Überhaupt darf man die prägenden, frühen Achtziger nicht so unter den Teppich kehren, denn mit dem gleichnamigen Debüt gelang dem Quartett ein wichtiger Wurf, dessen Fülle schon damals spätere Durchstarter (unter anderem Metallica oder Prong) maßgeblich inspirierte. Nachdem die beiden Intimfeinde Coleman und Bassist Youth das Kriegsbeil nach längerer Auszeit beigelegt hatten und neue Ideen für das zweite Killing Joke Comeback ankarrten, hatten sie vermutlich noch keine Ahnung davon, dass in künstlerischer als auch in Verkaufstechnischer Hinsicht ein Volltreffer bevor steht. Was war im Vorfeld geschehen? Revoluzzer Coleman hatte seit dem Split 1991 die Liebe zu klassischer Musik wieder entdeckt und seine ersten Symphonien komponiert, die sogar in London und Prag von den jeweiligen Orchestern aufgeführt wurden, während Original/und jetzt wieder Bassist Youth bei Godflesh zockte und nebenbei ein Goa Label gegründet hat – es braucht nicht verwundern, dass diese Ereignisse auf "Pandemonium" abfärbten - solch ein opulentes Sortiment an selektierten Gewürzen gibt's nicht oft. Auch erhielten Geordies‘ Gitarren eine satte Frischzellenkur, die mit ihrer schonungslosen Heavyness den Puls gleich auf 200 jagen. Tieftöner Youth hatte hier einen absoluten Mördersound gebastelt. Somit wurde ein wutentbrannter Bastard aus Post Punk, Metal, Industrial, orientalischen Sounds und gelegentlichen Dance Elementen Mitte 1994 geboren. Verziehen waren wohl die kommerziell verseuchten Anläufe der mittleren/späteren Achtziger ("Nighttime", "Brighter Than A Thousand Suns") bei den Fans und die an Gehässigkeit kaum zu überbietenden Intrigen innerhalb der vier Zankhähne: immerhin handelte es sich um das erste Album seit zwölf Jahren, das wieder von der Original Besatzung eingespielt, oder besser: zelebriert wurde. Wer einmal in diese finsteren und von Ohnmacht dominierten Welten von "Pandemonium" tief eingetaucht ist, wird in einen hypnotischen Bann gezogen, in dem das Chaos unentwegt seinen Lauf nimmt. Der charismatische (und seinerzeit nicht stets zurechnungsfähige) Exzentriker Coleman lässt dabei keine Gelegenheit aus, seinen geballten Frust einer halb verrotteten Welt in zynischer Brachialität mitzuteilen. Politische und religiöse Machtsysteme werden am geistigen Seziertisch mit chirurgischer Präzision von Dr. Coleman zerlegt, um deren "Idealismen" zu entblösen. Dem steht das musikalisch dargebotene nichts nach: Glanzmomente sind auf "Pandemonium" nämlich zuhauf vor Ort. Das Titelstück gleich zu Beginn besticht mit seinen mörderischen Grooves und ist für mich so etwas wie der Inbegriff eines hochklassigen, atmosphärischen Songs. Ein Attribut, was ebenso auf die brillante Videoauskoppelung "Millenium" (vor wenigen Jahren von Fear Factory gecovert), "Pleasures Of The Flesh" und ganz speziell auf "Communion" zutrifft - ein Track bestehend aus Trance Elementen und indischen Melodien (Coleman hat halb indisches Blut in seinen Adern!), das ganze wiederum ungemein episch umhüllt. Bei "Labyrinth" hatten Killing Joke zwar forciert Synthesizer eingepflanzt, jedoch handelt es sich um den einzigen Song, der nicht ganz die Intensität und vor allem den unglaublichen Drive der restlichen Tracks erreicht. Das deutliche härtere, zu Nine Inch Nails tendierende "Exorcism" soll laut mehreren Quellen in der Cheops Pyramide eingetrümmert worden sein, was wohl nicht ganz legitim vonstatten ging. "Whiteout" schlägt in die selbe (heftige) Kerbe und lässt darüber hinaus erkennen, dass Killing Joke den entscheidenden Sprung in die deutlich düsteren/kühleren Neunziger ganz souverän meisterten – im selben Jahr veröffentlichten Stabbing Westward übrigens das wenig beachtete Debüt "Ungod" und Nin ihr Referenzwerk "The Down Spiral", welches eine Art Seelenverwandtschaft mit "Pandemonium" zu haben scheint. Dass Killing Joke auch etwas differenzierter zu Werke gehen können, hatten sie eigentlich auch schon in der Vergangenheit bewiesen. Diese Entspanntheit ließ man besonders in "Jana" einfließen. Fans von Ocean Machine werden diese, nennen wir es „besinnliche Eigenschaft“ auf dem Folgewerk "Democracy" von 1996 noch mehr zu schätzen wissen. Trackliste
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Reviews
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