Wenn es überhaupt zwei mickrige Gründe gibt, das siebte Werk der Bollnäs Metaller nicht so gern rotieren zu lassen bzw. ein anderes jenem vorzuziehen, wäre es lediglich der klinische, sprich getriggerte Drumsound, der mich persönlich jemals kaum gestört hat und das Nichtvorhandensein eines Ohrwurms der Marke
"The Boon He Gives" (1999) oder
"Creatures Of The Hierarchy" (1996). Gestört, oder sagen wir mal getrübt war in jener Epoche auch die Vermarktung unter dem kupierten Banner
Lefay. Man kennt die mühselige Geschichte ja, als die alte (und neue) Plattenfirma Blackmark es mit allen rechtlichen Mitteln ablehnte, die knapp vor dem Durchbruch stehende Truppe unter dem allseits etablierten Aufhänger
Morgana Lefay nach dem Wechsel zu Noise Records weiter firmieren zu lassen. Diese Zwangsbeglückung folgte eigentlich schon 1999, als die sympathischen Schweden das ebenso empfehlenswerte
"The Seventh Seal" Album veröffentlichten.
Als bessere Blaupause früherer
Metallica Scheiben (eine Classic Serie sollte in Bälde starten!) und mustergültiger Repräsentant des europäischen, Klischee armen Heavy/Power Metal gehobener Qualitätsklasse haben die vom Pech ausreichend verfolgten Skandinavier um Fronter Charles Rytkönen und Axtschwinger Tony Eriksson eigentlich schon zuvor hochwertige Alben wie
"Knowing Just As I" oder
"Sanctified" ins Rennen geschickt, denen jedoch der ganz große Wurf eben im Jahr 2000 via
"---...--" (S.O.S.) folgen sollte. Damals würde nicht nur die Sonnenfinsternis ein Zeitalter für ein neues Bewusstsein einläuten - nein, als sich das klassische Heavy Metal Genre vom schwachen Kurs der lauen, mittleren Neunziger, wo Darkwave, Grunge, Nu Metal und Alternativ Rock deutlich die Oberhand übernahmen, langsam aber sicher erholte, hatten viele, dem traditionellen, einst so verschworenen Metal plötzlich wieder die geistreiche Idee, sich voller Stolz als treu gebliebene Heavy Metal Fans zu outen, um im selben Atemzug besagte, stilistisch neu orientierte Gruppen zu verschmähen, die sie kurz zuvor noch so Wert zu schätzen wussten ...
Morgana Lefay bzw.
Lefay dazumal waren und sind nicht nur als gewöhnliche Metal Kapelle abzustempeln. Der Hang zum Speed Metal einerseits, die dem angebiederten Schema F kaum zuzuordnenten Arrangements sowie Charles' charismatisch-kraftvoller, Dreck beladener Gesang andererseits machten schon früh deutlich, dass
Morgana Lefay es in einem kaum überschaubaren Genre schufen, eine individuelle Duftmarke zu kreieren, für die sie von tausenden Fans abgöttisch geliebt wurden und werden. Natürlich, auf
"S.O.S." sind manche
Metallica Referenzen zu deren „Black Album“ speziell in der Gitarrensektion entlarvbar, jedoch in einem Ausmaß, was keinerlei Diskussion wert wäre. Und abgesehen davon besitzt das gesamte Liedgut dezent progressive, stets songdienliche Hooklines, die man sich in den Neunzigern von den Herren Hetfield, Ulrich und Co. so sehr gewünscht hätte.
Der von einem Morsecode eingeläutete Titelsong, das deutlich vertracktere
"Cimmerian Dream", die gedrosselt-eingängigen
"Sleepwalker" &
"What Dreams Forbode" sowie das thrashige
"The Quest For Reality" sind zudem erfüllt von berstender Dramatik – ja, ein ständiges Pendeln zwischen den Polen Macht und Ohnmacht scheint in den meisten Kompositionen mitzuschwingen, was
"S.O.S." nochmals intensiver macht, als es ohnehin schon ist. Das balladesk beginnende und gegen Ende immer heftiger werdende
"When Gargoyles Fly" markiert diesbezüglich sicherlich den Höhepunkt auf
"S.O.S.". Dahinter liegt wohl das eigentliche Geheimnis dieser Truppe. Jene stets drückenden, unheimlichen und zugleich jäh verlockenden, Melancholie durchtränkten Stimmungen sind es, die
Morgana Lefay ähnlich den Landsleuten von
Evergrey zu dieser, leider nur Insidern bekannten Beliebtheit verhalfen. Im Vergleich zu den anderen Outputs der Diskographie von 1990 - 2007 präsentiert sich vorliegendes 2000er Edelstück als das meist kompakte und eingängigste, zudem alle typischen
ML Trademarks nahtlos ineinander greifen. Ob es jemals wieder neuen Stoff von diesen ewigen Underdogs oder den ebenfalls aus Bollnäs kommenden
Tad Morose geben wird, steht allerdings in den Sternen …