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Rammstein sind eine der ganz wenigen Bands, die von sich behaupten kann, selbst Mitte der 90er noch was wirklich Neues an den Start gebracht zu haben. Die unverkennbar unterkühlte Mischung aus bretthart monotonem Riffing, ungeheuer fetten Grooves, stimmigen Keyboards und dem höchst germanischen Gesang, der mit Wortspielen und Tabus die packend industriell düstere Aura bestimmt, war zu Ihrer Zeit absolut herausragend und höchstens von den Vorbildern Oomph! oder Laibach ansatzweise in solch dichter Form rübergebracht.
Einst als Nebenprojekt aus der Taufe gehoben kristallisierte sich Ende 93 erstmals eine konkrete Band aus dem Osten der Republik heraus. 1994 betritt die Formation – nach Veröffentlichung eines Dokumentarfilmes – bereits erstmals ein professionelles Studio um mit Clawfinger Producer Jacob Hellner ihr bahnbrechend unkommerzielles Debüt "Herzeleid" einzukrachen und die Eroberung zu starten. Ich kann mich lebhaft daran erinnern, wie mir Kumpane Lem E. im Plattenladen meines Vertrauens (remember Rocktiger Innsbruck - R.I.P.) zum ersten mal diesen brandneuen Insidertipp aus Deutschland einbretterte. "Wollt ihr das Bett in Flammen sehen" plättete mich in wenigen Sekunden, ließ mich das widerlich verpackte Kleinod verhaften um es am noch am selben der „Reichenauer Headbanger Batallion“ einzudrücken und diese fast völlig mit dem Rammstein Virus zu infizieren. Das wie gesagt grausige – weil zwischen fehlgepolt und etwas sehr arisch gelagerte – Coverartwork zu "Herzeleid" zählt, ebenso wie der beschissene Original-Videoclip zu "Du riechst so gut", zu den wenigen Ausrutschern, die man dieser Maschinerie bis einschließlich ihrem dritten Album "Mutter" vorwerfen kann. Alles andere was Rammstein sonst in der Zeit von 1994 bis 2001 inszenierten oder vorführten war schlicht große Kunst und konnte weder von Vorwürfen Richtung rechte Ecke (die sich spätestens bei "Links 2 3 4" von selbst erledigten), noch Beschimpfungen des Sexismus nie beeinträchtigt werden. Vor allem die ersten drei Werke, die live Shows und Promofotos der ersten Jahre Rammstein bieten eine völlig durchgestylte und bis ins letzte Detail durchdachte Metal Maschinerie. Das Produkt und Gesamtkunstwerk Rammstein spielt mit Tabus, geht gern an die Grenzen des Geschmacks, ohne sie jedoch gänzlich zu überschreiten und nie ohne den gewissen Sarkasmus oder Sozialkritik zu verlieren. Die perfekt inszenierte und von Flammen und anderen pyrotechnischen Gimmicks der kreativsten Sorte untermauerten live Shows, in denen die Band vor allem in ihren Anfangsjahren nahezu nie ein Wort ans Publikum richtet und ausschließlich ihre sterile Klasse ausspielt, sind zurecht bald in aller Munde und tragen das ihre dazu bei Rammstein immer populärer zu machen. Wahrscheinlich lag es am Beitrag zum David Lynch Kultfilm "Lost Highway", kurz vor Veröffentlichung der zweiten Albums, sowie der grandiosen "Sehsucht" Vorabsingle "Engel" (inkl. tollem von "From Dusk Till Dawn" inspiriertem Clip), der Band den letzten gehörigen Schub in Richtung großen Durchbruch zu geben und sie fortan zu einem der international erfolgreichsten Acts mit deutschsprachigem Gesang zu küren. Rammstein waren bis einschließlich "Mutter" die unkommerziellste, kommerziell erfolgreiche Band überhaupt, das im Mai 97 erschienen "Sehnsucht" wurde ebenso wie "Mutter" und fortan auch das hier besprochene Debüt zum Millionenseller und die anfangs vielerorts so verhaßte und stets polarisierende Band aus Berlin wurde im Nu zum Aushängeschild der NDH. Der Rest ist Musikhistorie, aus Sicht des alteingesessenen Fans ab "Reise Reise" zwar durchwachsen und bei "Rosenrot" fast lachhaft harmlos, aber das ist eine andere Geschichte. Bleiben wir beim Auslöser der ganzen Story, reden wir über "Herzeleid": Steril und doch so perfekt und fett produziert stellt sich ein sarkastisch morbides Album vor, das in seiner Kompomiss- und Humorlosigkeit kaum zu toppen scheint. Rammstein musizieren ohne Rücksicht, geschmacklos und kontrovers. So soll ungezügelter Metal Crossover klingen um mit ihm bangen und auch tanzen zu können. Respektlos, bösartig, pervers, politisch sowieso völlig inkorrekt und doch so intelligent provokant gehen die Ostberliner zu Werke. Die Texte von Till Lindemann jonglieren in ihrer unvergleichbaren Art mit Wortspielen, tabuisierter Themen wie Sex, Gewalt, Religion oder Nekrophilie. Ihre derbe und harte Aura wird durch die knallharte Inszenierung der schamlos brachialen Musik perfekt eingefangen um den Sound der Deutschen fortan so einzigartig und unverkennbar zu machen. Bereits der Opener "Wollt ihr das Bett in Flammen sehen" vereint alle Markenzeichen der Band. Trocken und unbarmherzig harte Monsterrifs, gedoppelt vorgetragen um die Wucht zu erhöhen, dezent dienliche Synthie Grooves, bretthartes Drumming und fette Rhythmen, die sich durchwegs dem vorgegebenen Marschtakt unterordnen um seine Vehemenz zu fördern. Darüber thront derb charismatischer Sprechgesang mit brutalen Inhalten. Rammstein bieten auf ihrem bis heute ungeschlagenem Debüt eine Masse an Hits fernab allen Kommerzes, fernab aller „gutbürgerlichen“ Umgangsform. So wird bei, von messerscharfen Gitarrenwänden zugedeckten, Überhits wie "Asche zu Asche" das Thema Religion persifliert, beim "Der Meister" und "Weisses Fleisch" einfach nur die Aggression geschürt, oder bei "Laichzeit" einmal mehr der Sex glorifiziert. Bei Übersongs wie "Heirate Mich" werden Leichen geschändet, beim Tanzbudenfeger "Du riechst so gut" darf der Mann zum Raubtier werden und "Rammstein" ist sowieso der geschmacklose Inbegriff der großen und einzigartigen Kunst der Deutschen. Auch wenn "Herzeleid" mit "Das alte Leid" und dem Titelsong zwei Totalausfälle zu bieten hat ist dieses Album mit all seinen kontrovers, anrüchigen und tabuisierten Themen und der monoton sterilen Kraft seiner Musik einfach nur herausragend, ohne Ende effizient und mit das Wertvollste Stück Musik, das die 90er zu Tage förderten. Ich betone es gern noch mal, Rammstein waren die letzte Band, die im Metal Bereich wirklich etwas neues schaffen konnte, Rammstein sind ein Phänomen, das ohne jeglichen Kommerz, ohne jegliche Massentauglichkeit zum Massenphänomen wurde und mehr als nur eine Brücke für den Metal Sound an sich baute! Dieses Album war, ist und bleibt ebenso einzigartig wie genial und auch wichtig für eine ganze Generation vor und nach ihm! Trackliste
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Reviews
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