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9.5
An was denkt jeder Rockfan als Erstes, wenn er „Balingen“ hört? Logisch, Bang Your Head-Festival. Aber das ist ab heute Geschichte. Beim Stichwort „Balingen“ kommt ab sofort wie aus der Pistole geschossen „HUMAN ZOO“. Die Truppe aus besagter deutscher Kleinstadt schiebt nur 16 Monate nach dem Release ihres Debüts „Precious Time“ Album Nummer 2 namens „Over The Horizon“ nach und das ist ohne Übertreibung Melodic Rock, wie man ihn besser nicht mehr machen kann. Durch die wiederum hervorragende Produktion von Dennis Ward gelingt es HUMAN ZOO in perfekter Weise, den 80er-Spirit dieser Musikrichtung druckvoll und trotzdem glasklar in ein zeitgemäßes Gewand zu hüllen und den Spagat zwischen Nostalgie und Moderne ohne Verletzungen zu meistern.
Die Band kann einfach alles. Ob rockig schnell, ob groovig treibend, ob schmeichelweich sanft – jedes Terrain wird trittsicher bezwungen. Erstklassiges Songwriting, Wahnsinns-Melodien, Killerchöre und stadiontaugliche Mitsingrefrains sind die Zutaten, aus denen die 6 Meisterköche ein 10-gängiges, unwiderstehliches Hit-Menü (+2 Intros) kreieren, das selbst heikelste Melodic Rock-Gourmets mit der Zunge schnalzen lässt. Während man sich nach einem guten Essen hingegen nur mehr zufrieden das Bäuchlein reiben kann, genügt bei HUMAN ZOO aber schon ein einziger Knopfdruck und der Genuss kann wieder ganz von vorne beginnen. Ich bin mit den Superlativen aber noch lange nicht am Ende. Die Gitarrensoli – einfach traumhaft – Ingolf Engler verkneift sich jede Selbstbeweihräucherung und veredelt mit schönem, melodischem, songdienlichem Spiel die lange Liste der Hits auf diesem Album. Die Stimme – du meine Güte – der Typ heißt nicht etwa Coverdale, Tempest, Bon Jovi oder Steve Lee – nein, der gute Mann heißt so wie du und ich – Thomas Seeburger – hat aber Stimmbänder aus Gold und weiß diese in allen Lagen auch einzusetzen. Grandios. Ich bin sprachlos. Aber das Geilste überhaupt kommt erst… HUMAN ZOO haben einen festen Saxophonisten im Line-Up. Saxophone in der Rockmusik waren immer schon ein Reißer – wer erinnert sich nicht an das fetzige Saxophon-Solo in MÖTLEY´s „Smokin´ In The Boys Room“ oder die Bläsereinsätze bei EXTREME´s „Pornograffitti“-Platte. Aber keine Angst – Herr Matakovic trötet mit seinem Instrument nicht alles zu, sondern bekommt durch das schon erwähnte Top-Songwriting immer wieder genügend Platz, sich wohltuend mal weniger (als Begleitung im Hintergrund) oder mal mehr (mit gefühlvollen Soli) in Szene zu setzen. Anspieltipps: alle – bis auf 2 Ausnahmen befinden sich lückenlos Superhits auf dem Album. „Want It“ und „Hit The Rock“ sind einfach nur „normale“ Hits. Stilistisch, wie bereits erwähnt im Melodic Rock daheim, vereint HUMAN ZOO das Beste aus Bands wie TREAT mit einem Riffing, das mitunter stark an PINK CREAM 69 erinnert. Zudem klingt der Leadgesang des Öfteren passagenweise genau wie Andi Deris in der guten alten Zeit, als er noch keine HELLOWEEN-Klassiker verhunzte. Fazit: Wer Melodic Rock mag und hier noch was zu jammern hat, dem ist nicht mehr zu helfen. So ein Hammeralbum mit einer solchen Hitdichte hätte ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Ende der 80er mit einem USA-Major-Deal im Rücken hätte man mit Songs wie „Cryin´“, „Over The Horizon“ oder „Communicate“ Millionen Alben verkauft. Dazu wird´s heute zwar leider nicht mehr kommen, aber eine dermaßen geniale Platte hinzukriegen, muss man erst mal schaffen und dafür kann man den Jungs nur gratulieren. Für mich ist „Over The Horizon“ ex aequo mit dem „Metal Will Stand Tall“-Album der POODLES die CD des Jahres im Melodic Bereich. Warum dann nicht die Höchstnote? Weiß ich eigentlich selbst nicht – vielleicht ´ne Abdrückhemmung… PFLICHTKAUF ohne Wenn und Aber!!! Trackliste
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