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9.0
Porcupine Tree bei Roadrunner Records? Ja, exakt diese Botschaft kam mehr als überraschend vor einigen Monaten daher geschippert. Demnach dürften sich der 2002er Kracher "In Absentia" und das fast gleich starke Nachfolgewerk "Deadwing" ziemlich gut verkauft haben. Längst schon haben die Engländer um Mastermind Wilson einen unverkennbar individuellen Stil entwickelt, längst schon zehren weit jüngere Kapellen ob solcher Inspirationsquellen. Und da war ja noch dieser beeindruckende München Gig im vergangenen September, den man vor einer so gut wie ausverkauften (!) Muffathalle runterzockte – bemerkenswert: der Opener dazumal war ausgerechnet das brandneue, monströs arrangierte, siebzehnminütige Epos "Anaestetize". Ein Akt der Unberechenbarkeit und Bedingungslosigkeit. Diese Charakteristika treffen nun – ohne jeden Zweifel – ebenso für "Fear Of A Blank Point" zu. Ein Album das an emotionale Grenzen kratzt, ja jene mitunter zu überschreiten scheint.
"X-Box is a god to me / a finger on the switch, my mother is a bitch / my father gave up ever tryin' to talk me"... Die Ohnmacht einer ohne Perspektive dahin siechenden Jugend, all die heran gezüchteten Abhängigkeiten und Ängste selbiger verarbeitet Wilson in den sechs Songs wie kein Zweiter. Melancholie, Isolation, Entfremdung in einem konzeptionellen Zyklus, einem abgestumpften Hilfeschrei gleichend. Dabei spürt man keinen erhobenen Zeigefinger eines Moralapostels noch irgendwelche versuchten Interpretationen, beschränkt sich der wieder gegebene Inhalt des End- Dreißigers weit mehr auf bloße Beobachtungen im sozialen Umfeld des Alltags. Somit fungiert eine perfekte Basis für Authentizität bzw. Glaubwürdigkeit. Demnach offenbart sich dem Konsumenten alles, nur kein Light- Produkt. Musikalisch greifen Porcupine Tree zumeist auf alt Bewährtes zurück, und dennoch hat man das Gefühl, dass alle Charakteristika noch nie so eng gebündelt und gleichzeitig derart ausladend waren als auf "Fear Of Blank Planet": das Teil ist neben sperrigen Soundlandschaften, welche dann und wann in experimentellere Gefilde gipfeln, durchzogen von wunderschönen, herzergreifenden Melodien, was soll viel heißt, dass unmittelbare Eingängigkeit und fordernde, vertrackte Instrumentalpassagen – insbesondere beim besagten "Anaestetize" oder "Way Out Of Here" – nicht ausschließen müssen. Überhaupt mutiert ersterer zu einer unvergleichlichen Traumreise, die an Dramatik und innerer Zerrissenheit fast nimmer überbietbar scheint, Rush's Gitarrist Alex Leifson steuerte hier übrigens ein grandioses Solo bei. Schwer rhythmisch und wie bis dato noch nie Gitarren orientierte Klangbrocken, durchwoben von dezenten Electronic Samples und ebenso akzentuierten Streichern aber genauso wieder kehrende Industrial- Elemente bilden gewissermaßen das Sahnehäubchen jenes 50 minütigen Brockens, der zum Nebenbei hören absolut ungeeignet ist. Ambientartige Ruhepolphasen dienen lediglich zum Rückzugsgefecht und bieten dem Hörer dadurch wenigstens Möglichkeiten, die letzten Worte Wilson's bzw. wüstere Passagen verdauen zu können. Resümee: Porcupine Tree lassen anno 2007 einen gänzlich unkommerziellen Longplayer auf die Menschheit los. Schärfer und kompromissloser denn je, schaffen es die Briten aber dennoch, hierbei beängstigende Tiefenwirkung zu erzeugen, nicht zuletzt deshalb, weil ein nicht enden wollender, innerer Widerhall im Kontext sehr durchdachter, zum genaueren Studieren animierender Lyrics steht und dem Album dadurch etwas Besonderes verleiht. Es bringt wenig, solch ein brachiales Opus auf herkömmliche Art näher zu bringen wollen oder zwanghaft Anspieltipps preis zu geben. Nennt es, wie ihr wollt: (Art-) Rock, Psychodelic, Progressiv, Ambient, etc. ... Dieser betörende Trip repräsentiert vom ersten Ton des Titeltracks bis zum Ausklang von “Sleep Togehter“ zwar sämtliche Porcupine Tree typischen Trademarks, ist es aber vor allen Dingen jene Bahn brechende Intensität, die man eben selbst erlebt haben muss! Trackliste
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Reviews
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