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8.5
Ruppig und schwer verdaulich kommt sie am Beginn daher, die neueste Opfergabe aus dem Hause PAIN OF SALVATION, seit dem (bereits erstaunlich reifen) Debüt 'Entropia' eine der intensivsten Metal- und gleichzeitig Nicht-Metalbands unserer Tage. Denn der eröffnende Titeltrack suhlt sich geradezu in endlosen, schwer groovenden Riff-Wiederholungen, für nahezu zwei Minuten hält man denselben Grundton, doch es wären nicht P.O.S., wenn nicht die vielschichtigen melodischen Auflösungen den Song doch noch definieren dürften. Auch 'Spitfall' macht es einem nicht leicht, serviert einem hier Gesangswunder Daniel Gildenlöw doch seinen bekannten Sprechgesang über die gesamten Strophen, hart an der Grenze des Erträglichen. Doch der hochklassige, auf seine Weise verflixt ohrwurmartige Chorus macht alles wieder gut, und spätestens jetzt ist man wieder angekommen in der unverwechselbaren Klanggalaxie der Schweden! Und wer sich in diesem Song noch - wie Johan Hallgren - traut, ABBA-artige Gitarrensounds einzuflechten, der hat sowieso einen fixen Stein mehr im Brett!
Und genauso überraschend wie sie begann, geht die Reise auf 'Scarsick' weiter. Vernahm man vor einiger Zeit gerüchteweise, daß es eine Fortsetzung des 'The Perfect Element'-Albums geben sollte und erwartete sich fortan diese als nächste Veröffentlichung, so wirkt die vorliegende Scheibe wie eine tonal umgesetzte herausgestreckte Zunge und/oder lange Nase. Eingebettet in einen sehr direkten, erdigen Sound stellt sich ein wahres Panoptikum an ganz eigener Prog-Songwritingkunst dar, welches auch irgendwie ungezwungen und befreit klingt, vielleicht auch ob des enormen literarischen, emotionalen und musikalischen Gewichts des direkten Vorgängers 'Be'. Natürlich kann sich die Band selbst nicht verleugnen und präsentiert zB mit 'Kingdom Of Loss' einen ruhigeren, emotionalen Song, der auch auf früheren Outputs dazugepaßt hätte. Aber gerade so was wie 'America', ausgestattet mit einem zynischen Text, welches flott daherkommt und zeitweise sogar locker-funkig tönt, hätte ich nicht erwartet. Nicht zuletzt die Tatsache, daß hier auch noch ein Banjo mitspielt zeigt, daß man bei dieser Band mit allem rechnen muß! Dies bestätigt sich spätestens bei 'Mrs. Modern Mother Mary', wo das relativ harte Riffing stark an die Rhythmusarbeit von MESHUGGAH (oder teilweise auch TOOL) erinnert und gleichberechtigt Kirchenorgel- und Fender-Rhodes-Sounds auftauchen! Wer jetzt noch nicht begriffen hat, was diese Truppe alles darf und kann, erlangt schließlich bei 'Disco Queen' Weisheit: hier wird eine abgedrehte Mixtur aus einer Seventies-Disco-Nummer und dem bandeigenen Pathos zelebriert, und bewußtseinserweiterte Beegees trällern dazu im Background während ein schwedischer Tom Morello seine schrillen Leadsounds drüberstreut! Woran 99,5% aller anderen Bands scheitern würden, funktioniert hier wunderprächtig, alles hat Hand und Fuß und vor allem Seele. Seele, die insbesondere das über neunminütige Schlußopus 'Enter Rain' mit seinen ausufernden Gitarrensoli und Gesangsparts stellvertretend für die ganze Scheibe repräsentiert. Also erneut ein wertvolles Album, schier berstend vor Kreativität, wohltuend organisch tönend und nicht nur Prog-Freaks ans Herz zu legen (mich wundert sowieso, warum nicht längst schon die Alternativ-Front P.O.S. entdeckt hat). Ebenso ein Album, das in der Bandhistorie für sich allein steht und als solches größten Respekt verdient. Den Umstand berücksichtigend, daß ein 'normales' Bewertungsschema bei so einer Ausnahmeband eigentlich nicht mehr ausreicht, ist die Benotung so auch im Kontext des Backkatalogs und rein subjektiv zu sehen - ganz große Aufwühler vom Schlage eines 'Undertow' oder 'In The Flesh' fehlen hier leider. Also unbedingt selbst reinhören (bedeutet bei dieser Scheibe mindestens fünf Durchläufe ohne Nebenbeschäftigung)!! Tracklist: 01. Scarsick 02. Spitfall 03. Cribcaged 04. America 05. Disco Queen 06. Kingdom Of Loss 07. Mrs. Modern Mother Mary 08. Idiocracy 09. Flame To The Moth 10. Enter Rain www.painofsalvation.com Mehr von Pain Of Salvation
Reviews
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