MTM Music wirft wieder einmal die Zeitmaschine an und bringt uns mit dem Re-Release von DA VINCI´s Zweitwerk „Back In Business“ auf dem Sublabel MTM CLASSIX komplikationsfrei in das Jahr 1989. Diese Zeitreise führt uns in eine Dekade, in der das prall gefüllte Schminkset für jeden ernst zu nehmenden Musiker ein Heiligtum war, die arschlange Dauerwellen-Matte eine Notwendigkeit war und sogar der Weg zum Briefkasten in vernünftigem Styling absolviert werden MUSSTE. Man hätte ja eventuell von jemandem, der einen kennt, gesehen werden können.

Zurück zum Wesentlichen. DA VINCI verkörpern alles, was eine Melodic Rock-Band in den 80ern mitbringen hat müssen. Nämlich exzellente Melodien und Gesangslinien, treibende Gitarrenriffs, fette Keyboard-Teppiche, drückende Backgrounds und last but not least natürlich einige Killer-Balladen. Aus diesen Ingredienzien zauberten die 5 Norweger ein wirklich starkes Album, das 2006 natürlich nicht mehr zeitgemäß klingt, aber 1989 genau am Puls der Zeit war. Technisch sind die Jungs (wie die meisten Musiker dieser Zeit) über jeden Zweifel erhaben. Hervorzuheben jedoch Sänger Robert Aass, der den 11 Songs mit seiner Mega-Stimme den Stempel aufdrückt und Gitarrero Gunnar Westlie, der mit seinen songdienlichen, melodischen Soli pures Gänsehaut-Feeling verbreitet. Wer unbedingt einen Makel an diesem Werk finden möchte, könnte behaupten, das Album wäre eine Spur ZU clean und von vorne bis hinten ohne Ecken und Kanten. Diese gewisse Räudigkeit, die DA VINCI´s amerikanische Genre-Kollegen aus Hollywood zu dieser Zeit durch die Bank ausgezeichnet hat, fehlt hier leider gänzlich. Dies soll jedoch nur eine Randnotiz sein und nicht die unbestrittene Qualität von „Back In Business“ bezweifeln.

Zu den Songs:

Eingängige Rocker wie „Touchdown“, „Millions Like Us“, „Pink Champagne“ (was für ein sagenhafter Song-Titel!!!) und „Blame It On The Radio“ (der Bonus-Track des Re-Release) wechseln sich ab mit etwas gemächlicheren Ohrwürmern wie z.B. „Call Me A Liar“ und zwei Tränentreibern, wobei „Turn Down The Lights“ absolut in der Balladen-Champions-League mitspielen kann, „Young Hearts“ hingegen bestenfalls in der österreichischen Nieten-Liga mitkickt.
Ein absoluter Ausfall muß leider auch vermeldet werden. „Circus Maximus“ ist auch durch meine rosarote 80er-Plüschbrille gesehen einfach – wie mein zweijähriger Sohn sagen würde – „KACKA“.
Ausgeglichen wird dies jedoch durch den Über-Drüber-Mega-Ultra-Hit des Albums in Form von „9 And 10“. Der Song ist ein dermaßen geiler Party-Rock-Juwel, dass sogar die Sunset Strip-Prominenz etwas neidisch über den Teich äugt. Diese Granate läßt JEDE eingeschlafene M-Preis-Kassiererin innerhalb des ersten Chorus auf ihr Laufband springen, um dort ohne Ende auszuflippen und abzurocken. Der Song reißt in einem Maße mit, dass der DarksceneTom, der Werner und meine Wenigkeit sogar noch unmittelbar vor einer Darmspiegelung die Air-Gitarren stimmen würden und solche unglaublichen Posen im Wartezimmer aufführen würden, dass sie uns in die Psychiatrie überweisen würden...
Ja, ich lüge nicht, so gut ist der Song!!!

Fazit:

Wer die etwas bekanntere Band TREAT mag, wird auch DA VINCI mögen. „Back In Business“ ist ein knapp 47-minütiger Nostalgie-Trip, der trotz seiner Klischee-Beladenheit Charme hat und unendlich gute Laune erzeugt (etwas was ich an der 80er-Rockmusik persönlich am meisten schätze). Poser-Hasser wird dieses Album garantiert nicht umpolen, aber um das Label-Info zu zitieren: „Jeder, der sich auch nur ein Fünkchen für AOR und Melodic Rock interessiert, kann hier definitiv nichts falsch machen!“.
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.